Warum es sich lohnt das eigene Rollenbild vom Mutter sein zu überprüfen
Unser Weltbild ist immer geprägt von unserem Umfeld und den Erfahrungen und Schlussfolgerungen, die wir daraus gezogen haben – das gilt für praktisch alle Lebensbereiche und eben auch fürs Mutter sein.
Sommerserie 2021 «Vereinbarkeit neu gedacht». (Bild: iStock/HR Today)
Haben wir beispielsweise als Kind die Erfahrung gemacht,
- dass die eigene Mutter immer Zuhause war, wenn wir aus der Schule kamen,
- dass ein warmes Mitttagessen auf dem Tisch stand,
- dass sie immer da war, wenn wir uns mal ein Knie aufschürften oder bei den Hausaufgaben Hilfe benötigten
und wir all das als positiv empfunden haben, dann ist das für uns der Inbegriff einer guten Mutter.
Meistens ist uns das nicht einmal bewusst. Spannend wird es erst, wenn wir Jahrzehnte später selbst Mutter werden und beispielsweise anders als unsere Mutter entscheiden, nach dem Mutterschaftsurlaub in den Job zurück zu kehren – beispielsweise, weil wir unseren Job mögen und gerne machen. Denn wenn das Rollenbild einer Mutter nicht in Einklang ist mit den eigenen Vorstellungen vom Leben, führt das zwangsläufig zu einem Dilemma für die betroffene Person. Mit der Konsequenz,
- dass wir uns hin und her gerissen fühlen zwischen Job und Familie und das Gefühl haben weder dem einem noch dem anderen gerecht zu werden,
- dass wir uns als «schlechte Mutter» fühlen oder ständig vom schlechten Gewissen geplagt werden, wenn wir nicht dem Anspruch des Rollenbildes gerecht werden oder
- dass wir das Gefühl haben, dass wir uns für den Job oder die Familie entscheiden müssen, damit der Wahnsinn endlich aufhört.
Was kannst du als Mutter tun?
Die gute Nachricht ist, dass es aus meiner Sicht kein «entweder – oder» sei muss, sondern ein «und» sein kann. Was es dafür braucht ist
- die Bereitschaft ehrlich hinzuschauen und dir klar werden, was du im Job wirklich möchtest und wer und wie du als Mutter sein willst. Wichtig: Es gibt kein richtig oder falsch.
- das Verständnis, dass du deinen Eltern nicht in den Rücken fällst, weil du entscheidest gewisse Dinge anders zu machen sie und dass die eigenen Eltern in der Regel sowieso nur wollen, dass die Kinder glücklich sind.
- die Ansicht, dass jeder die Wahl hat frei zu entscheiden, wie man sein Leben gestaltet und dazu gehört auch die Wahl wie und wer man als Mutter und eben auch welche Rolle man im Job einnehmen möchte.
Wichtig dabei ist, dass es immer nur um eine Momentaufnahme handelt. Wir dürfen dieses Bild immer wieder anpassen, denn schliesslich verändern sich auch unsere Bedürfnisse und die unserer Familie.
Was kann HR, bzw. können Führungsverantwortliche tun?
Rollenbilder zu haben betreffen indes nicht nur die Eltern, jeder hat – basierend auf den eigenen Erfahrungen – sein eigenes Weltbild. Das bedeutet auch, dass wir permanent Annahmen treffen oder von gewissen Ansichten ausgehen, welche schlussendlich die Grundlage für unsere Entscheidungen und Handlungen werden.
Im Kontext der Vereinbarkeit kann dies beispielsweise dazu führen, dass wir als Führungsperson annehmen, dass die Frau nach ihrem Mutterschaftsurlaub weniger belastbar und eher an routinierten, planbaren Aufgaben interessiert ist. Die grossen Projekte gehen dann an die Kolleginnen und Kollegen.
Es kann sein, dass dies der Wiedereinsteigerin in die Karten spielt. Genauso gut kann es aber sein, dass die Frau das Gefühl hat, sie werde nicht mehr als vollwertige Mitarbeiterin gesehen, Angst hat runtergestuft zu werden und die Entscheidung ihrer Vorgesetzten als klares Signal deutet, dass sie einen neuen Job suchen muss, wenn sie ihre beruflichen Ambitionen erreichen möchte. Das Verrückte an diesem Beispiel ist, dass die Führungsperson unbewusst davon ausgeht, dass sie ihre Entscheidung im Sinne der Mitarbeiterin getroffen hat, ihre Annahme (basierend auf dem eigenen Weltbild) jedoch überhaupt nicht mit den Vorstellungen der Mitarbeiterin übereinstimmt.
HR-Verantwortliche oder Führungskräfte sollten also
- erst ihre eigenen Bias prüfen: Welche Ansichten habe ich zum Thema Mutter, Familie, Vereinbarkeit etc.? Wo bin ich allenfalls voreingenommen?
- Dann offen das Gespräch mit der Mitarbeiterin suchen, um zu verstehen was ihre Vorstellung oder Karriereambitionen sind.
Das Schöne daran ist nicht nur, dass Führungspersonen so die Möglichkeit haben ihre Mitarbeitenden noch einmal anders kennenzulernen, sondern dass sie auch die eine oder andere (positive) Überraschung erleben, weil sie bereit waren zuzuhören.
Anm. d. Red.: Der nächste Beitrag erscheint am 15. Juli 2021.