Für HR Today hat Anna Hollmann, Geschäftsführerin von «academics 4 business», vier Erfahrungsbeispiele aus der Unternehmenswelt zusammengetragen, an denen deutlich erkennbar wird, wie und warum der aktuelle Wissensvorsprung der in den Projekten eingesetzten Akademiker den Betrieben konkreten Nutzen bringt. Über Ziele und Tätigkeit dieser Organisation an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Studierenden wurde in HR Today bereits in der Ausgabe 1&2/2007 informiert im Interview mit Beat Curti, dem Gründer von «academics 4 business». Anna Hollman ist zu kontaktieren unter ihrer E-Mail-Adresse: ah@academics4business.ch.
Erfahrungsbeispiel 1: UBS Stiftung für Soziales und Ausbildung
Rainer Kirchhofer, Direktor UBS AG, Geschäftsführer der UBS Stiftung für Soziales und Ausbildung, und Isabelle Ehlers, Studentin der Psychologie an der Universität Zürich, zur gemeinsamen Arbeit in einer Stiftung.
Herr Kirchhofer, warum arbeiten Sie gerne mit Studierenden zusammen?
Rainer Kirchhofer: Ich schätze an Studierenden, dass sie kreativer und offener denken und überall einsetzbar sind. Frau Ehlers kann ein sehr breites Aufgabenfeld selbständig abdecken, andere Mitarbeiter sind oftmals schon sehr stark auf einen Bereich spezialisiert.
Wie ist es zur Zusammenarbeit mit Frau Ehlers gekommen?
R. Kirchhofer: Frau Beerli hat die Kulturstiftung im Januar und ich die Stiftung für Soziales und Ausbildung im Juni 2007 übernommen. Wir befanden uns bei beiden Stiftungen in der Situation, dass wir infolge des Tagesgeschäftes über keine freien Kapazitäten verfügten. Wir brauchten aber jemanden, der uns bei besonderen Projekten unterstützt und den Rücken freihält. Als wir academics 4 business kontaktierten, hatten wir bereits klare Vorstellungen von der Person, die wir suchten: eine Persönlichkeit, die ein Hochschulstudium absolviert, über gesunden Menschenverstand verfügt und Arbeitserfahrung im Bereich Stiftungen vorweisen kann. Aus den Kandidatenvorschlägen haben wir Isabelle Ehlers ausgewählt, da sie neben ihrem Studium schon Praxiserfahrung bei Pro Helvetia sammeln konnte und sie uns durch ihren unternehmerischen und verantwortungsvollen Charakter überzeugen konnte.
Was ist Ihr persönlicher Beitrag zur Unterstützung der Stiftungen?
Isabella Ehlers: Meine erste Kontaktperson war Herr Kirchhofer, der mich in meinen Aufgabenbereich einführte und allen Mitarbeitern vorstellte. Zunächst sollte ich den Aussenauftritt der Stiftungen einer Analyse unterziehen. Nach einer kritischen Prüfung des Internetauftritts sollte dieser benutzerfreundlicher und informativer gestaltet sein. Bei der Entwicklung eines neuen Internetkonzeptes halfen mir meine externe Betrachtungsweise und meine Erfahrung mit dem Medium Internet.
R. Kirchhofer: Da muss ich zustimmen, gewisse Strukturen sind veraltet. Grundsätzlich möchten wir einen professionelleren Auftritt nach aussen und da können wir von Frau Ehlers Erfahrung im inhaltlichen Ausdruck und in der Projektorganisation profitieren. Frau Ehlers leistet auch einen wertvollen Beitrag, wenn wir Anfragen für Finanzierungen ablehnen müssen. Sie managt diesen Bereich mit sehr viel Sensibilität und Fingerspitzengefühl, was für uns von zentraler Bedeutung ist.
I. Ehlers: Bei der Bearbeitung von Gesuchen zur finanziellen Unterstützung muss ich leider auch schriftliche und mündliche Absagen erteilen. In diesem Bereich kann ich meine Erfahrung im Umgang mit Menschen und mein theoretischen Wissen auf dem Gebiet der Empathie und des Coachings einbringen.
R. Kirchhofer: Studierende können in Unternehmen einen wertvollen Beitrag leisten. Die Kapazität dieser Ressource sollte wie in den angelsächsischen Ländern stärker genutzt werden. Das neue Bologna-System führt zu einer stärkeren Verschulung des Studiums, was Praktika erschwert. Ich erachte es als ein Versäumnis, dass bei dieser Reform kein obligatorisches halbjähriges Praktikum mit entsprechenden Credits eingeführt wurde. Der Druck auf die Studierenden, sich möglichst schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren, hat deutlich zugenommen.
Erfahrungsbeispiel 2: AIG Privat Bank
Eduardo Leemann, Verwaltungsratspräsident AIG Privat Bank, Zürich, und Martin Räber, Studierender der ETH Zürich, DMTEC (Departement Management, Technologie und Ökonomie), äussern sich im Interview zu ihren jeweiligen Erfahrungen.
Herr Räber, Sie wurden von Herrn Leemann damit beauftragt, ein Wissensmanagement-Konzept für die AIG Privat Bank zu entwickeln. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Martin Räber: Das Projekt war auf der Homepage von academics 4 business ausgeschrieben. Als Ansatz war die Idee einer Form von Wikipedia vorgegeben. Die Verbindung zu meinem Studium an der ETH Zürich wurde dadurch hergestellt, dass ich zu diesem Projekt meine Masterarbeit im Nachdiplomstudiengang am MTEC der ETH Zürich verfassen konnte. Dadurch wurde eine optimale Kombination von Theorie und Praxis erreicht.
Das Projekt startete mit einer Analysephase, in welcher ich eine interne Befragung durchführte, um herauszufinden, wo die Problemstellungen im Kontext des Wissensmanagements sind. Dabei standen primär der Austausch und die Verteilung von Wissen im Vordergrund und in einem zweiten Schritt sollte ein Ansatz gefunden werden, wie man die Informationsflut, die von den Mitarbeitenden bewältigt werden muss, besser aufarbeiten und kanalisieren kann. Im Verlauf dieses Prozesses wurde relativ schnell deutlich, dass wir es nicht mit einem technischen Problem, sondern mit einem Kommunikationsproblem zu tun hatten. Die interne Kommunikation förderte das Teilen von Wissen nicht optimal, was sich auf den Aufbau von Organisationswissen hemmend auswirkt.
Wie sind Sie nach der Analysephase vorgegangen und welche Rolle spielte dabei Ihr theoretisches Wissen aus dem Studium?
M. Räber: Auf der Grundlage meiner theoretischen Kenntnisse über Teamarbeit und die Motivation, Wissen zu teilen, habe ich den Mitarbeitenden Wege aufgezeigt, wie man die Zusammenarbeit und den internen Aufbau von Wissen optimieren kann. Es ging darum, die Motivation, Wissen zu teilen, zu erhöhen. Dabei konnte ich von meinen Vorlesungen mit arbeitspsychologischem Hintergrund profitieren. Besonders prägend waren für mich in dieser Zeit die Beiträge von Professor Georg von Krogh, Professor Margit Osterloh und Professor Bruno S. Frey.
Eduardo Leemann: Ich habe die Zusammenarbeit als sehr fruchtbar empfunden. Herr Räber hat die zu Beginn definierten Zielsetzungen erfolgreich umgesetzt und ich konnte im theoretischen Bereich viel über intrinsische und extrinsische Motivation lernen. Wir führten spannende Diskussionen darüber, welche theoretischen Modelle sich überhaupt in der Praxis implementieren lassen. Viele idealtypische Modelle lassen sich nicht auf die Praxis übertragen. Für mich persönlich waren diese Gespräche sehr interessant, da mir Herr Räber durch empirische Studien erfolgreiche Umsetzungen von der Theorie in die Praxis aufzeigen konnte.
Waren die Mitarbeitenden Ihnen gegenüber offener und unbefangener, weil Sie jung sind und als Externer wahrgenommen wurden?
M. Räber: Ein zentrales Ergebnis des Projektes war, dass ich gelernt habe, dass die Leute mir gegenüber ehrlicher sind, da ich eine Aussenperspektive mitbringe und nicht in bestehende Verhaltensmuster der Teams involviert bin. Ich habe gespürt, dass ich und meine Arbeit nicht als Bedrohung wahrgenommen werden.
E. Leemann: Ich bin grundsätzlich sehr offen gegenüber Diskussionen und Herr Räber hat neue Ideen entwickelt, um bestehende Strukturen zu verändern. Das ist für mich ein positiver Input, allerdings kann man diese Vorschläge nicht punktuell betrachten, sondern muss sie im Kontext eines global agierenden Unternehmens mit entsprechenden Vorgaben bewerten.
Somit trifft theoretischer Idealismus auf die Erfordernisse der Realität.
E. Leemann: Ja, das kann man so sagen. Bei den Vorschlägen von Herrn Räber fühlte ich mich häufig in meinen eigenen Ideen bestärkt, war mir aber der Beschränkungen aus der Praxis bewusst. Wir haben uns dann darauf geeinigt, in dem Projekt sehr praxisbezogen vorzugehen und uns immer zu fragen, wie man ein Modell praktisch umsetzen kann.
Wie muss man sich die Implementierung des Wissensmanagement-Konzeptes konkret vorstellen?
E. Leemann: Wir verfügten schon bei Projektbeginn über Prozesse im Wissensmanagement. So sollten nach jedem abgeschlossenen Projekt die Lernergebnisse festgehalten werden. In der Praxis fand dies jedoch kaum statt, da die Mitarbeitenden zu wenig motiviert waren oder keine Zeit hatten. Herr Räber hat einen neuen Ansatz entwickelt, der das gemeinsame Lernen der Organisation institutionalisierte. Er entwickelte die Position des «Knowledge Worker», der unter anderem dafür zuständig ist, die Projektleiter in definierten Abständen über die Lernergebnisse innerhalb der Teams zu befragen. Der Knowledge Worker fasst diese Ergebnisse zusammen, erstellt Berichte und präsentiert die wichtigsten Ergebnisse an regelmässigen teamübergreifenden Meetings und Workshops. Mit diesem neuen Posten entsteht den Teams durch das Teilen von Wissen kein zusätzlicher Aufwand. Im Ergebnis hat die Motivation, zu lernen und Gelerntes umzusetzen, signifikant zugenommen. Ein anderer, wichtiger Aspekt ist auch, dass die Häufigkeit von Teammeetings in diesem Klima zugenommen hat. Im Vordergrund steht dabei, die Gelegenheit zu haben, zusammenzukommen und sich auszutauschen.