HR Today Nr. 2/2023: Fokus Forschung

Was Fachkräfte wollen

Arbeitgebende erleben aufgrund der sich drastisch verschärfenden Situation auf dem Arbeitsmarkt immer häufiger einen Arbeitskräftemangel. Doch wie können sich Unternehmen attraktiv aufstellen?

Laut des Fachkräftemangel Index der Universität Zürich und der Adecco-Gruppe Schweiz verschärft sich der Fachkräftemangel in der Schweiz zunehmend. Gleichzeitig zeigen Daten des SECO, dass die Zahl der Stellensuchenden kontinuierlich abnimmt. Grund zur Entspannung ist daher nicht in Sicht – im Gegenteil: Nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklungen ist davon auszugehen, dass die Arbeitskräfteknappheit in den kommenden Jahren massiv zunehmen wird. Die Prognose des Jobvermittlers Dynasjobs für 2025: mehr als 365 000 unbesetzte Stellen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie attraktiver sein müssen, um dringend gesuchte Arbeitskräfte zu gewinnen.

Arbeitgeberattraktivität stärken

Eine aktuelle Studie des Instituts für Führung und Personalmanagements der Universität St. Gallen hat Daten von 13 400 Mitarbeitenden aus 53 deutschen Unternehmen analysiert*, um zu verstehen, was Unternehmen attraktiv macht. Im Fokus stand die Frage, was bestehende Mitarbeitende bindet und wie sie zu Fans eines Unternehmens werden.

Als wichtigster Hebel stellte sich der Wandel der Organisationskultur heraus. So sind bestimmte Führungs- und Kulturfaktoren über die Generationengrenzen hinweg (als New Culture zu­sammengefasst) die stärksten Treiber, die Mit­­arbeitende zu Fans machen. Etwa ein Top Management, das in turbulenten Zeiten als Vorbild agiert, eine Vertrauenskultur, ein inspirierendes und transformationales Führungsklima sowie flexible Arbeitsstrukturen. Gleichzeitig bergen diese Faktoren grosses Potential, weil sie in nur wenigen Unternehmen stark ausgeprägt sind. Nur in 17 der Unternehmen werden Spitzenführungskräfte als Vorbild wahrgenommen, eine ausgeprägte Vertrauenskultur besteht in nur 16 Prozent der Betriebe, während gerade 13 Prozent aller Firmen ein transformationales Führungsklima haben. Bremsfaktoren reduzieren

Ferner identifizierte die Studie, welche Faktoren Arbeitgeber unattraktiv machen. Dazu zählen ein negatives Arbeitsklima, autoritäre und Laissez-faire-Führung und Arbeitskontexte, in denen sich Mitarbeitende isoliert fühlen. In über 50 Prozent der befragten Unternehmen herrschten negative Energiezustände. Laissez-faire-Führung war in 38 Prozent stark ausgeprägt, in 34 Prozent der Betriebe fühlten sich die Mitarbeitenden dagegen isoliert.

Häufig ist die Beschleunigungsfalle die Ursache dieser negativen Energie und einem Mangel an wirksamer Führung. Sie betrifft 75 Prozent aller Unternehmen und beschreibt einen Zustand kollektiver Überhitzung, in dem Mitarbeitende über-, mehrfach- und dauerbelastet sind. Die Beschleunigungsfalle zu überwinden ist daher für viele Firmen ein wichtiger Ansatzpunkt, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern.

Dem Fachkräftemangel begegnen – mutig und evidenzbasiert

Der richtige Umgang mit dem Fachkräftemangel wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil in der neuen Arbeitswelt. Erfolgreich werden jene Unternehmen, die mutig und evidenzbasiert in ihre Arbeitgeberattraktivität investieren. Dazu gehört, die Arbeitgeberattraktivität zu stärken und die Bremsfaktoren abzubauen. Nur so gelingt es, gesuchte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.


* Bruch, H., Lee P., & Meier, S. (2021). Arbeitgeberattraktivität im Wandel – Wie man Mitarbeitende heute zu Fans macht. TOP JOB Trendstudie 2021.

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Prof. Dr. Heike Bruch, Direktorin am Institut für Führung und Personalmanagement (I.FPM) der Universität 
St.Gallen.

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Frederik Hesse

Frederik Hesse ist Postdoktorand und Lehrbeauftragter am Institut für Führung und Personalmanagement, Universität St.Gallen

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