Recruiting

Weg vom Durchschnitt, hin zum «Employer of Choice»

Oft werden Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting in einem Atemzug genannt. Eine sinnvolle Abgrenzung schafft jedoch Vorteile für alle Seiten.

Wir alle sind uns bewusst, dass die sich abzeichnenden demografischen Veränderungen und der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden zu einem verschärften Wett­bewerb zwischen den Unternehmen führen werden. Während früher die Unternehmen die ­Bewerber ausgewählt haben, so wählen die sogenannten High Potentials heute ­zu­neh-mend die Unternehmen aus. Die Unternehmen sind somit gefordert, sich auf dem Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu «verkaufen» – die Bedeutung einer attraktiven Arbeitgebermarke hat massiv zugenommen. Unternehmen, die sich erfolgreich als Arbeitgeber mit einem klaren Profil auf den relevanten Märkten positionieren und von den potenziellen Mitarbeitenden auch als attraktives Unternehmen wahr­genommen werden, haben einen klaren Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern.

Employer Branding heisst die magische Formel und gehört zu den viel zitierten Schlagwörtern in Zeiten des «War for Top Talents». Erfolge auf dem Markt werden nur diejenigen Unternehmen erzielen, welche die Fähigkeit besitzen, die technologischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Herausforderungen rechtzeitig zu erkennen und zu bewältigen. Umso wichtiger wird es für die Unternehmen, eine Strategie zu entwickeln, wie sich eine attraktive Arbeitgebermarke aufbauen lässt, um nicht als durchschnittlicher Arbeitgeber, sondern intern wie extern als «Employer of Choice» wahrgenommen zu werden.

Durch Einzigartigkeit auffallen

Die DEBA (Deutsche Employer Branding Akademie) definierte 2006 die heute wohl am häufigsten referenzierte Definition von Employer Branding. Sie findet Eingang in Fachliteratur, wissenschaftliche Arbeiten und die betriebliche Praxis von Unternehmen: «Employer Branding ist die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber».

Eine erfolgreiche Arbeitgebermarke hilft den Unternehmen dabei, ihre aktuellen und zukünftigen Mitarbeitenden gezielt ansprechen zu können. Stand früher noch die Optimierung des Selektionsprozesses im Vordergrund, müssen sich die Unternehmen heute damit auseinandersetzen, nach welchen Kriterien die Be­werber geeignete Arbeitgeber aus einer Vielzahl von Angeboten selektieren. Umso wichtiger ist eine Arbeitgebermarke, die ihre Einzigartigkeit ausdrückt. Man spricht hier von einer «Unique Applying Proposition» (UAP), einem Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich die Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber positionieren, von der Konkurrenz sichtbar abheben und sich somit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Kern des Employer Branding ist immer eine die Unternehmensmarke spezifizierende oder adaptierende Arbeitgebermarkenstrategie. Entwicklung, Umsetzung und Messung dieser Strategie zielen unmittelbar ab auf die Verbesserung der Reputation (Unternehmensmarke/-image) sowie die nachhaltige Optimierung von Mitarbeitergewinnung (Recruiting), Mitarbeiterbindung (Retention), Leistung und Ergebnis (Performance) und Unternehmenskultur, wie Abbildung 1 zeigt.

Eine profilstarke Arbeitgebermarke und eine klare Differenzierung sorgen zudem dafür, dass weit weniger, dafür aber mehr geeignete Bewerbungen eingehen. Dies dann jeweils von Personen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihrer Wertvorstellungen auch zum Unternehmen passen, da im Vorfeld bereits aussortiert werden kann. Die Arbeitgebermarke wirkt wie ein Filter – es müssen weniger Bewerbungen gesichtet und bearbeitet werden, was wiederum zur Senkung der Personalrekrutierungskosten führt. Dies bedeutet jedoch nicht nur eine erhöhte Recruiting-Effizienz, sondern auch eine bessere unternehmenskulturelle Bewerberpassung (professional and cultural fit). Zudem sorgt eine attraktive und bekannte Arbeitgebermarke für eine grössere Anzahl an Initiativbewerbungen, was sich wiederum positiv auf die Planungssicherheit auswirkt. Vakante Stellen können somit schneller besetzt und Rekrutierungskosten gesenkt werden.

Employer Branding entfaltet jedoch unabhängig von Personalbeschaffungszyklen seine positiven Effekte in vielen Unternehmensbereichen. Employer Branding hat für alle Unternehmensbereiche wichtige Auswirkungen und ist nicht lediglich ein Instrument der Mitarbeitergewinnung – alle Unternehmensbereiche müssen gesamtstrategisch an einer starken Arbeitgebermarke arbeiten.

Mitarbeitende stolz machen

Eine attraktive Arbeitgebermarke unterstützt im Weiteren die Bindung der aktuellen Mitarbeitenden an das Unternehmen – die Mitarbeitenden sind stolz, für ein angesehenes Unternehmen arbeiten zu dürfen, und identifizieren sich stärker mit der Marke. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die (emotionale) Mitarbeiterbindung und Loyalität aus. Die Mitarbeitenden sind motivierter und leisten qualitativ bessere Arbeit. Sie bleiben dem Unternehmen mit ihrem Wissen erhalten – die Fluktuation nimmt ab. Das Unternehmen spart somit Kosten für Neueinstellungen und aufwändige Einarbeitungen von neuen Mitarbeitenden, weil gute Leistungsträger im Unternehmen verbleiben. Zudem können positive Erzählungen von Mitarbeitenden zu Weiterempfehlungen an Dritte führen, was sich wiederum positiv auf Rekrutierungsdauer und -kosten auswirkt.

Employer Branding als Basis

Zusammengefasst kann Employer Bran­ding als Ausgangspunkt für ein strategisch ausgerichtetes Personalmarketing betrachtet werden und beginnt somit weit vor dem eigentlichen Personalmarketing. Mehr noch: Die Arbeitgebermarke beeinflusst massgeblich sämtliche Personalmarketingmassnahmen und -instrumente – alle Mass­nahmen sind einheitlich auf eine übergreifende (Positionierungs-)Strategie ausgerichtet. Beim Personalmarketing geht es darum, die Arbeitgebermarke operativ umzusetzen und die in der Employer Brand definierten Arbeitgeberstärken in den Personalmarketinginstrumenten zu operationalisieren. Dies mit dem Ziel, passende Bewerber zu erreichen, für das Unternehmen zu interessieren, zu begeistern und zu gewinnen (Recruiting) sowie nachhaltig zu binden (Retention).

Somit findet letztlich ein Zusammenspiel statt von Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting – eine sinnvolle ­Abgrenzung liegt wohl eher in der Un­terscheidung der Perspektive: Jedes Unternehmen verfügt über eine Unter­nehmens- oder Produktmarke und Unternehmenskultur, aus der Unternehmensmarke ist die Arbeitgebermarke (Employer Brand) abzuleiten. Und die Arbeitgebermarke operativ umgesetzt steht für Personal­marketing, was wiederum im Recruiting ­inklusive Be­werbermanagement  (Arbeits­marktkommu­nikation) mündet. Für die potenzielle ­Bewerberzielgruppe hingegen stellt sich die Frage, ob ein grundsätzliches Interesse besteht, für ein bestimmtes Unternehmen zu arbeiten, und welcher Nutzen daraus resultiert. Eine gewisse Affi­nität zu Unternehmen/Produkt/Dienstleistung sowie eine positive Wahrnehmung des Unternehmens als Arbeitgeber (Image) spielen eine tragende Rolle, ob sich ein ­potenzieller Kandidat bewirbt oder nicht (Abbildung 2).

Fazit: Wenn Employer Branding wirkt und Personalmarketing die Aufgaben richtig gemacht hat, hat Recruiting es bedeutend einfacher. Denn je besser die Selbstauswahl – also die Auswahlentscheidung im Kopf des potenziellen Kandidaten, ob er sich bewerben soll oder nicht –, umso erfolgreicher wird auch die Auswahlentscheidung des Unternehmens ausfallen.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Susanne Hafner ist seit über 20 Jahren im HR tätig. Als Geschäftsführerin und Inhaberin der HR ad in­terim GmbH berät und unterstützt sie Unternehmen interimistisch im operativen, strate­gischen und projekt­spezifischen HR.

Weitere Artikel von Susanne Hafner