Schummeleien

Wenn Bewerber lügen

Auf eine offene Stelle bewerben sich oft dutzende Kandidatinnen und Kandidaten. Um aus der Masse herauszustechen, greift der eine oder andere Bewerber gelegentlich zu einer Lüge oder Schummelei. Zwei Headhunter erzählen von ihren Erfahrungen.

Die Französischkenntnisse des Herrn Meier sind nicht die besten. Weil gute Sprachkenntnisse für seine Wunschstelle aber erforderlich sind, schönt er kurzerhand seinen Lebenslauf. Frau Müller hat drei Jahre Wirtschaft studiert, das Studium aber nie abgeschlossen. Weil für die interessante ausgeschriebene Stelle ein Uni-Diplom aber Voraussetzung ist, fälscht sie ein Abschluss-Dokument.

Zwei fiktive Beispiele, wie sie in der Realität aber immer wieder vorkommen. Wie verbreitet sind Lügen und Beschönigungen von Bewerbern? Und wie kommt man Lügnern auf die Schliche? Wir haben zwei Headhunter nach ihren Erfahrungen gefragt.

Fehlenden Titel verschwiegen

«Bewerber lügen manchmal, wenn es um Lücken im Lebenslauf geht», sagt Inge Willmann, Direktorin der Humanis AG. Aus einer Arbeitslosigkeit wird dann ein Sabbatical oder Selbständigkeit. «Das sind aber eher Beschönigungen als Lügen», sagt Inge Willmann. Andere schummeln gelegentlich in Bezug auf ihre Führungserfahrung oder verheimlichen, dass der Grund für einen Stellenwechsel die Kündigung seitens des Arbeitgebers war. Eindeutige Lügen hat Inge Willmann aber auch schon erlebt, und zwar bei einem Arzt, der ohne Doktortitel eine Position innehatte, die sehr wohl eine Dissertation voraussetzte. «Dass er den Titel gar nicht besass, hat er verschwiegen.»

Eine ähnliche Erfahrung hat auch Marc Schenk, Inhaber der Schenk+Partner Executive Search, gemacht: «Ein Kandidat gab an, ein bestimmtes Diplom zu besitzen. Bei genauerer Überprüfung stellte sich aber heraus, dass er die Prüfungen nicht bestanden hatte.» Auch beim aktuellen Gehalt würden manche lügen. Sie geben ein zu hohes Gehalt an, weil sie mehr verdienen möchten - oder ein zu niedriges. «Gerade ältere Arbeitnehmer der Generation 50+ geben gerne ein zu tiefes Salär an, weil sie Angst haben, sonst keinen Job zu finden», sagt Schenk.

Das Klischee, dass vor allem Sprachkenntnisse gerne beschönigt werden, kann Inge Willmann nicht bestätigen. «Die Kandidaten sind diesbezüglich eigentlich recht ehrlich», sagt die Humanis-Direktorin. Das gelte ganz generell auch für andere Bereiche, etwa Aufgabengebiete.

Sollte ein Kandidat dennoch schummeln, gibt es verschiedene Möglichkeiten, ihn zu entlarven. Sowohl Inge Willmann als auch Marc Schenk verlangen immer Dokumente, um zu überprüfen, ob ein Abschluss auch wirklich vorhanden ist. Ist ein Diplom aber gefälscht, könne man das fast nicht erkennen, betonen beide. Ansonsten geben Zeugnisse und Referenzen Aufschluss über einen Kandidaten sowie das direkte Gespräch. «Ich verifiziere den Lebenslauf und die Gründe für einen Stellenwechsel genau und frage immer detailliert nach, da klärt sich einiges auf», sagt Willmann.

Nicht alle Angaben sind notwendig

Sind manche Beschönigungen oder Lügen erlaubt? Nach Meinung von Inge Willmann können Bewerberinnen und Bewerber gewisse Dinge verschweigen: «Zivilstand und Kinder sind für den Lebenslauf nicht nötig; diese Angaben kann man bei Bedarf im persönlichen Gespräch herausfinden.»

Für Marc Schenk ist es legitim, wenn Leute in Bezug auf ihre eigene Leistung untertreiben oder den Teamaspekt betonen. «Das kann eine Person auch sympathisch machen.» Auch Untertreibungen beim aktuellen Gehalt sind für Schenk in Ordnung.

Grundsätzlich raten die Headhunter den Kandidaten, bei der Wahrheit zu bleiben. Lügen lohnt sich nicht, ist Inge Willmann überzeugt. Es bringe nichts, sich besser darzustellen, als man ist. «Irgendwann fliegt alles auf.»

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