Wer Karriere im HRM machen will, muss etwas vom Geschäft verstehen
Die Bedeutung des HR reicht heute bis in die einzelnen Geschäftsbereiche. Moderne HR-Organisationen werden durch neue Rollenbilder gekennzeichnet. Immer mehr wird der Personalleiter zum strategischen Partner der Linie. Was auch die Anforderungen an die Ausbildung entscheidend beeinflusst. Viele Unternehmen investieren verstärkt in die Kompetenzentwicklung ihrer HR-Manager.
«Ohne betriebswirtschaftlichen Hintergrund geht nichts», bringt Prof. Jürg Marx von der Fachhochschule Nordwestschweiz die Anforderung an HR-Fachleute auf den Punkt. Seiner Meinung nach müssten zukünftige HR-Manager viel mehr vom Geschäft verstehen, als es heute immer noch gemeinhin der Fall sei.
In den letzten Jahren haben veränderte Prozesse und internationale Ausrichtungen in Unternehmen auch zu einer eingehenden Überprüfung der HR-Organisationen geführt. Marx’ Meinung nach macht man sich im HRM immer noch viel zu viele Gedanken über Kostensparen – anstatt darüber, wie das HRM zur Wertschöpfung des Unternehmens beitragen kann. «Es muss sich noch viel bewegen, bis sich etwas ändert.» Die neuen Anforderungen an HR-Manager, aktiv einen Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens zu leisten, beeinflussen auch die Aus- und Weiterbildungswege, die zur Karriere im HRM führen. Der eidg. Fachausweis sei weiterhin gefragt, «die Ausbildungsschiene der eidgenössischen Prüfung Leiter HR wird jedoch aussterben», sagt Marx. Diese sei nur begrenzt Bolognatauglich. Weiterbildungsmaster lösen die bisherigen Nachdiplomstudiengänge ab, weil sie etwas anspruchsvoller im Niveau sind und international anerkannt.
HRM gilt noch immer nicht als anerkannte Unternehmensfunktion
Obwohl ganz klar immer mehr betriebliche und unternehmerische Erfahrung für eine Karriere im HRM gefordert werde, gelte HR immer noch nicht als allgemein anerkannte Unternehmensfunktion. «Das sieht man schon daran, dass nur die Hälfte der Personalleiter in der Schweiz auch Mitglied der Geschäftsleitung ist.»
Berufseinsteiger kämpften oft mit unternehmensspezifischen Prozessen und seien ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse schnell auf verlorenem Posten. «Viele Studenten sind schnell desillusioniert, vor allem diejenigen, die den Schwerpunkt auf den psychologischen Hintergrund gelegt haben.» Marx verfügt über weitreichende HR-Erfahrung, war unter anderem Konzernpersonalchef des Migros-Genossenschafts-Bundes. Daher weiss er: Personalleiter müssen das Geschäft verstehen, sie müssen die Sprache der anderen unternehmerischen Hauptfunktionen kennen und mitreden können. Ob das nun der Bereich Finance ist, Marketing, Kommunikation oder Produktion. Unternehmerische Praxis sei neben dem betriebswirtschaftlichen Fundament die zweite Säule, auf die sich eine HR-Karriere stützt. Marx leitet den Studiengang MAS SNP, Human Resources Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz mit derzeit vier Klassen und insgesamt 80 Studierenden. Aufnahmebedingung: mindestens zwei Jahre Berufspraxis nach dem Hochschulabschluss oder gleichwertiger Ausbildung. Das sei eine gute Voraussetzung, so Marx, jedoch: «Vorschusslorbeeren gibt es im HRM nicht, HR-Leute müssen sich die Anerkennung im Unternehmen erkämpfen.»
Dr. Marcel Oertig (1) berät Unternehmen in der HR-Strategie und HR-Organisation. Auch er ist der Meinung: «Nur ein HR-Leiter, der die geschäftlichen Zusammenhänge versteht, kann zur richtigen Zeit die richtigen Fragen stellen.» Vor allem komme dies in strategischen Neuorientierungen sowie Restrukturierungsprozessen zum Ausdruck. Die Anforderungen an HR-Management-Funktionen seien in den letzten Jahren enorm gestiegen. In den meisten Unternehmen wisse man um die wichtige Rolle des HRM für die Zukunft. Konsequenterweise sollten daher HR-Leiter auch in der Geschäftsleitung mitreden können und so verstärkt zum strategischen Business Partner avancieren.
Es habe bereits viele Anstrengungen gegeben, das einst etwas verstaubte Image der Personalabteilung loszuwerden. Viele Unternehmen hätten mittlerweile erkannt, dass sie in die Kompetenzentwicklung ihrer HR-Manager und -Mitarbeiter investieren müssen. Das geschieht neben den externen HR-Weiterbildungen vermehrt auch in internen HR-Entwicklungsprogrammen oder in Jobrotation-Modellen. Der Entwicklungsbedarf der HR-Mitarbeitenden seiner Kunden liege häufig im strategischen HR Management, berichtet Oertig. Für ihn stehen dabei zwei Ausbildungsmodule im Vordergrund: 1. Förderung des strategischen Verständnisses, 2. Zusammenarbeit des HR mit der Linie als ebenbürtiger Business Partner.
Weiterbildungsmöglichkeiten für die neuen HR-Rollen fehlen
Der Personaldienstleister HRblue hat in einer aktuellen Studie (2) über die neuen Rollenbilder im HRM unter anderem die Frage untersucht, welche neuen HR-Rollen sich nachhaltig etabliert haben. HRblue befragte 39 internationale Unternehmen ab 15 000 Mitarbeitern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Alle Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre HR-Organisation aus verschiedenen Gründen verändert. Am häufigsten wurden vier neue Rollenbilder genannt. Mit Abstand herauskristallisiert hat sich der «HR Business Partner» mit 77 Prozent. Auf Platz zwei folgt die Rolle «Global Head of HR» mit 54 Prozent. Hierauf folgen mit je 51 Prozent der «Talentmanager» und der «Leiter Shared-Service-Center». In der Schweiz ist der HR Business Partner besonders stark verbreitet, während ein Manager HR Kommunikation seltener vertreten ist als in Deutschland. 90 Prozent der Gesprächspartner bestätigten die These «HR ist spannender, als man denkt». Der Fachbereich solle die eigenen Betätigungsfelder besser bekannt machen. Ein positives Image der Disziplin HR trage dazu bei, hochqualifizierte Mitarbeiter für das HR zu gewinnen, so ein Ergebnis der Studie.
Die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass es an externen Weiterbildungsangeboten für die neuen HR-Rollen fehlt, und über 70 Prozent meinten, Hochschulen und Universitäten sollten ihre Lehrinhalte anpassen, um die neuen Anforderungen besser abzudecken. Hierzu gehörte auch mehr Praxisbezug durch Fallstudien. Einige der Gesprächspartner waren der Meinung, dass die meisten Kompetenzen für das HRM nicht in der Ausbildung erworben werden können, sondern in den Unternehmen aufgebaut werden müssen.
Quellen:
- (1) Er ist Autor des Buches «Neue Geschäftsmodelle für das Personalmanagement: Von der Kostenoptimierung zur nachhaltigen Wertsteigerung», Luchterhand Verlag 2007, sowie Co-Autor der Neuerscheinung «HR Governance: Wirksame Führung und Steuerung des Personalmanagements», Luchterhand Verlag 2010.
- (2) Die Studie «Neue Rollen im Human Resources Management – Karrierewege und Entwicklungsstrategien» ist im Oktober 2009 erschienen und zu beziehen unter www.hrblue.com.