ChatGPT & Co.

Wie kommt generative KI im HR zum Einsatz?

Generative KI revolutioniert nicht nur die Wirtschaft, sondern auch das Kundenerlebnis. Von der Textgenerierung bis zum Mitarbeitercoaching – innovative Technologien verleihen Unternehmen milliardenschwere Impulse. Vorteile und mögliche Anwendungen im Personalwesen.

Selbst in diesem frühen Stadium der Technologie sagen Experten wie McKinsey, dass die generative Künstliche Intelligenz die Weltwirtschaft jährlich um bis zu 4,4 Billionen Dollar ankurbeln könnte; Goldman Sachs meint, dass sie das globale BIP um 7 Billionen Dollar steigern und das Produktivitätswachstum «über einen Zeitraum von 10 Jahren um 1,5 Prozentpunkte» erhöhen könnte. Es genügt zu sagen, dass in dieser aufstrebenden neuen Wirtschaftsmacht eine Menge Potenzial verborgen ist.

Die Vorteile von generativer KI und Anwendungsfälle

Textbasierte KI-Systeme wie ChatGPT und Bild-Generatoren wie Midjourney sind zwei der bekanntesten Beispiele für generative künstliche Intelligenz (KI). Wie der Name schon verrät, generiert diese Technologie Inhalte – von E-Mails, Bildern und Filmskripten bis hin zu Musikstücken und kompletten Videos mit Ton. Diese erzeugt die generative KI vollkommen «neu», indem sie mithilfe von Deep Learning und neuronalen Netzen riesige Mengen an ähnlichen Inhalten analysiert und diese als Basis für ihre neue Kreationen nutzt.

Herkömmliche KI-Systeme analysieren die Daten, um Muster zu erkennen und auf der Grundlage dieser Daten Entscheidungen, Empfehlungen oder Vorhersagen zu treffen. Diese KI ist darauf trainiert, bestimmte Regeln zu befolgen und eine bestimmte Aufgabe auf intelligente Weise auszuführen. Generative KI hingegen erkennt nicht nur Muster in den Daten, sondern lernt kontinuierlich aus den Daten. So kann sie auf eine Vielzahl von Anfragen und Themen reagieren, sich an neue Situationen und Fragen anpassen und komplett neue Inhalte erstellen. Für Unternehmen jeglicher Grösse ergeben sich daraus eine Vielzahl an Möglichkeiten: etwa lassen sich virtuelle Konversationen natürlicher gestalten, aufschlussreichere Live-Interaktionen schaffen und die bestehende Kommunikationsinfrastruktur verbessern, ohne immense technische Anforderungen erfüllen zu müssen.

Generative KI-Lösungen lassen sich über cloudbasierte Integrationsplattformen (AI iPaaS) in das Unternehmen integrieren und können so bestehende Tools und Prozesse mit neuem Wissen und Lernfähigkeiten ergänzen. So können Unternehmen beispielsweise automatisierte Workflows und Chatbots aufsetzen, ohne auch nur eine einzige Codezeile zu schreiben. Da die generative KI-Technologie in der Regel in der öffentlichen Cloud gehostet wird, können kleinere Unternehmen auswählen und nutzen, was sie wollen, ohne sich zu sehr zu verpflichten oder zu viel in Lösungen vor Ort zu investieren. Hier weitere Möglichkeiten von generativer KI:

1. Textinhalte generieren

Das kreative Potenzial von generativer KI ist eines seiner stärksten Attribute. Sie kann Schlüsselwörter effektiv in einen Text einbinden und mühelos verschiedene Perspektiven erforschen. So kann sie Gespräche mit mehreren Charakteren simulieren oder sogar verschiedene Erzählstile annehmen.

Besonders häufig wird die generative KI deshalb eingesetzt, um Texte zu schreiben oder zu bearbeiten. Da sie aus dem Kontext und dem Verlauf einer Unterhaltung lernt, lassen sich etwa FAQs für die Unternehmenswebsite erstellen. Die KI durchforstet dafür sämtliche Kundeninteraktionen und sieht, welche Fragen oft gestellt werden oder auf welche Probleme die Kunden häufig stossen. Auf dieser Grundlage kann die KI hilfreiche Tipps oder Hinweise formulieren.

Auch ganze Newsletter, Blogbeiträge, Updates in den sozialen Medien und weitere Inhalte, für die ein Unternehmen vielleicht keine Ressourcen übrighat, können von der generativen KI übernommen werden. Etwa kann das Marketingteam einen Blogbeitrag zu einem Sachverhalt kreieren lassen, mit dem es sich selbst nicht so gut auskennt. Die Mitarbeitenden müssen die generative KI nur mit Anweisungen füttern, etwa wie der Text klingen soll, an welche Zielgruppe er gerichtet ist und welche Inhalte darin vorkommen sollen. Die generative KI stellt den Blogbeitrag dann entsprechen der Vorgaben zusammen.

2. Personalisierung und Segmentierung

Mit generativer KI lassen sich Produktempfehlungen, Ad-Targeting und personalisierte Nachrichten in grossem Umfang erstellen. Sie ist in der Lage, den Kontext zu verstehen und kann etwa auf die Browserverläufe, Kaufhistorien und abgebrochenen Warenkörbe von Kunden zurückgreifen. Sie kann den Kunden zum Beispiel auf der Grundlage ihrer früheren Einkäufe oder ähnlicher Artikel, die sie angesehen haben, relevante Produkte oder Dienstleistungen vorschlagen. Dies hilft den Menschen, für sie interessante neue Produkte zu entdecken. Ein weiteres Beispiel: Ein Online-Reisebüro kann massgeschneiderte Reisepläne erstellen, die auf dem Budget, den Präferenzen und dem Reiseziel des Kunden basieren. Die Kunden erhalten ein auf ihre Vorstellungen massgeschneidertes Angebot und können gleichzeitig neue Reiseziele entdecken, die sie selber vielleicht nie in Erwägung gezogen hätten. Durch die Fähigkeit, den unmittelbaren Kontext zu verstehen, ist die generative KI in der Lage – ähnlich wie ein echter Mensch –, Anspielungen und Hinweise, die zu einem früheren Zeitpunkt in einem Gespräch gemacht wurden, aufzugreifen. Auch personalisierte Inhalte für ganze Branchen oder Zielgruppensegmente kann die generative KI erstellen: Ein Unternehmen, das beispielsweise drei verschiedene Branchen bedient, könnte die generative KI mit den Geschäftsergebnissen und spezifischen Informationen über jeder dieser Branchen füttern, damit sie einen massgeschnittenen Blogbeitrag auf diese verschiedenen Branchen vorformuliert.

3. Kundenbetreuung

Für die Betreuung der Kunden ist die generative KI ein echter Gewinn. Besonders in Verbindung mit dialogorientierter KI (auch Conversational AI genannt). Diese setzt auf automatische Spracherkennung und das Verständnis natürlicher Sprache. Sie analysiert menschliche Kommunikation und geschriebenen Text in verschiedenen Sprachen, interpretiert die Bedeutung und den Kontext und reagiert auf eine Weise, die einen menschlichen Dialog nachahmt. Conversational AI arbeitet „aufgabenorientiert“ und liefert direkte Antworten auf Fragen, die manuell eingegeben werden. Dank ihr kann sich ein Kunde mit einem Chatbot unterhalten, als würde er mit einem echten Menschen sprechen. Zusammen mit der generativen KI lassen sich natürlichere Konversationsabläufe in einem grösseren Umfang erstellen. So können Chatbots in einem Contact Center so trainiert werden, dass sie die von einem Unternehmen gewünschte Stimmung und den allgemeinen Tonfall während eines Kundengesprächs wiedergeben. Sie «klingen» für die Menschen wie ein normaler Mitarbeiter oder eine normale Mitarbeiterin aus dem Kundenservice. Die generative KI kann dabei nuancierte Details und Feinheiten in den Gesprächen erfassen und auf «emotionale» Weise reagieren. Merkt sie zum Beispiel, dass ihr Gesprächspartner traurig ist, kann sie ihm auf beruhigende Weise Zuspruch geben («Das tut mir wirklich leid. Ich hoffe, das bessert sich bald. Kann ich dir sonst irgendwie weiterhelfen?»)

In Verbindung mit einer kompletten KI-Plattform können Unternehmen sicherstellen, dass die Konversationen «on-script» bleiben – das heisst, sie schweifen nicht von den vorgegeben Gesprächsthemen ab. Zudem schwächt es die Tendenz von Bots ab zu «halluzinieren» und Fakten frei zu erfinden. Die digitale Infrastruktur analysiert verschiedene Parameter und Wissensdatenbanken, um zu überprüfen, ob ein Modell eine sinnvolle Antwort liefert. Dabei nutzt sie das Kontextverständnis und analysiert die Antworten als Schlüsselelemente einer gesamten Konversation und bietet gleichzeitig Sicherheitsvorkehrungen wie den Rückgriff auf Live-Agenten oder traditionellere KI-Dialogabläufe. So können automatisierte Chat-Konversationen mit menschenähnlichen Antworten verbessert werden, indem die generative KI analysiert, was der Kunde oder die Kundin geschrieben hat und was im vorkonfigurierten Datensatz verfügbar ist. Ein Beispiel: ein Kunde muss das Gespräch mit dem Bot kurz unterbrechen, um seine Haustür zu öffnen. Er schreibt: «Moment, ich bin gleich zurück.» Die generative KI analysiert dies und gibt eine menschenähnliche Rückmeldung («Kein Problem, ich warte auf dich!») anstatt einer unpersönlichen, vorkonfigurierten Antwort.

All dies führt zu einer besseren Effizienz und einer grösseren Zufriedenheit bei der Kundschaft – bei gleichzeitig geringerem Personaleinsatz. Denn die durchschnittliche Bearbeitungszeit und die Kosten für Kundeninteraktionen verringern sich durch intelligente virtuelle Agenten deutlich: Im Durchschnitt liegen die Kosten für einen virtuellen Sprachagenten bei zehn Prozent und für einen virtuellen Textagenten bei nur vier Prozent eines menschlichen Mitarbeiters. Die menschlichen Agenten haben so sogar mehr Kapazitäten frei, um sich um die komplexeren Probleme zu kümmern. Es bedeutet auch weniger Rückrufe oder verärgerte Kunden dank gründlicherer, kontextbezogener Antworten und Self-Service-Inhalte.

4. Coaching der Mitarbeitenden

Generative KI lässt sich auch hervorragend für das Coaching von Mitarbeitenden einsetzen. Zunächst kann die Leistung von beispielsweise den Angestellten im Contact Center analysiert werden: Wie reagieren sie im Gespräch auf Kundinnen und Kunden? Äussern sie sich in bestimmten Situationen unangemessen oder treten andere Kommunikationsprobleme hervor?

Das generative KI-System kann mit den Erkenntnissen gespiesen und dazu angeleitet werden, passende Schulungsprogramme zu entwickeln. Etwa kann sie Übungen erstellen, mit denen die Mitarbeitende ihre emotionale Intelligenz verbessern können, einschliesslich Empathie, Selbstbewusstsein und Emotionsregulation, was zu besseren zwischenmenschlichen Beziehungen und Kommunikationsfähigkeiten führt. Generative KI kann auch realistische Rollenspielszenarien für die Angestellten erstellen, in denen sie ihre Fähigkeiten in einer sicheren und kontrollierten Umgebung üben können, etwa der Umgang mit verärgerter Kundschaft.

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Steven Giuffre

Steven Giuffre ist Senior Manager für Vonage APIs bei Vonage. Er nutzt seine Fachkenntnisse im Bereich Conversational AI und Voice, um personalisierte Kommunikation über verschiedene Kanäle zu ermöglichen. Dadurch können Marken ihren Kunden tiefergehende Gespräche samt umfassendem Kontext bieten. Zuvor war Giuffre unter anderem als Director of Product Management bei Intrado und als Senior Product Marketing Manager bei Mitel tätig.

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