Wie wirken HR-Abteilungen von aussen?
HR-Abteilungen sind zentrale Imageträger eines jeden Unternehmens. Sabine Biland-Weckherlin beleuchtet die Aussenwirkung von HR-Abteilungen aus ihrer Perspektive als Personalanbieterin und lässt auch Rückmeldungen von Kandidaten in ihren Bericht einfliessen.
Wie wirkt die HR-Abteilung auf Aussenstehende? Die Aussensicht fördert oftmals Spannendes zutage. (Bild: 123RF)
Mit Verlaub: HR-Abteilungen wirken teilweise wie auf Abwehr bedachte Festungen in einer vermeintlich feindlichen Landschaft von lästigen Personaldienstleistern und hartnäckigen Bewerberinnen und Bewerbern. Auch wenn sich zur Zeit eine Unmenge an Personalagenturen auf die immer kleiner werdenden Kuchenstücke respektive erteilten Aufträge stürzt – und darüber hinaus in gewissen Berufsgattungen ein Arbeitgebermarkt herrscht – so haben HR-Abteilungen nicht in erster Linie einen Verteidigungsauftrag seitens ihres Unternehmens zu erfüllen. Das HR ist immer auch Imageträger und Visitenkarte einer jeden Firma.
Leider sind sich viele Personalabteilungen dieser Funktion respektive ihrer Aussenwirkung zu wenig bewusst. In ihrem ureigensten Interesse wäre es mancherorts ratsam, deren Wahrnehmung seitens Dritter einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
«Wasser predigen und Wein trinken» – das HR sollte mit gutem Beispiel vorangehen
Die Ausgangslage ist meistens dieselbe: HR-Abteilungen stehen infolge Kürzung von Head Counts vielerorts massiv unter Druck. Ich bin dennoch der Ansicht – und positive Erfahrungen mit Kunden bestätigen es –, dass sich deren externe Kommunikation auf diese oder jene Weise steuern lässt. Einige Beobachtungen der negativen Art, die zwischen uns als Personaldienstleistern und Schilderungen von Kandidaten im Bewerbungsprozess deckungsgleich ausfallen: schlechte Erreichbarkeit der Ansprechpartner im HR, Unverbindlichkeit in Bezug auf Rückmeldungen, teilweise enorm verzögerte oder gar ausbleibende Antworten, fehlende Transparenz über den Stand des Bewerbungsprozederes, «Hüst und Hott» in Bezug auf Abläufe oder eine punktuell wenig respektvolle, abfertigende Kommunikation.
Diese Aufzählung ist nicht als Anklage gedacht, sondern vielmehr als konstruktiv gefasstes Echo von aussen. Beobachtungen der positiven Art zeigen, dass es offenbar auch anders geht: Gute HR-Abteilungen bestechen durch Professionalität wie auch Klarheit und Direktheit, indem dieselbe Botschaft auf korrekte, freundliche Weise vermittelt, ein Mail in nützlicher Frist beantwortet, Anrufe retourniert und Interviews kompetent durchgeführt werden. Sind es nicht Attribute wie Zuverlässigkeit, Effizienz, souveränes Auftreten, Sozialkompetenz oder Dienstleistungsmentalität – um nur einige der gängigsten Anforderungen an Kandidaten zu nennen – die sich einem roten Faden gleich durch die allermeisten Personalinserate ziehen? Es ist an den HR-Abteilungen, diese Eigenschaften nicht nur von ihren neuen Mitarbeitenden zu erwarten, sondern selber mit gutem Beispiel voranzugehen und die von ihnen geforderten Attribute auch sichtbar für die dienstleistenden oder stellensuchenden Personen nach aussen vorzuleben.
Zur Zeit herrscht in gewissen Berufen ein Arbeitgebermarkt und diverse HR-Akteure mögen sich am vermeintlich «längeren Hebel» wähnen – doch die Zeiten könnten sich u.U. dahingehend ändern, dass ausgewählte, verlässliche Dienstleistungserbringer wieder an Bedeutung gewinnen und Top-Kandidaten rar werden. In gewissen Berufsgattungen herrscht bekanntlich heute schon ein Fachkräftemangel. Kluge HR-Abteilungen denken daher langfristig – sie wissen, dass eine positive Profilierung erheblich zur Attraktivität des Unternehmens respektive Employer Brandings beiträgt. Auf der Gegenseite verbreiten sich negative Erfahrungen mit der Personalabteilung eines Unternehmens nachhaltiger im Markt, als dass es Firmen mit genialen Marketing- oder kostspieligen PR-Massnahmen wettmachen können.
HR-Abteilungen sollten aus meiner Sicht vermehrt auf Partnerschaft und Qualität statt Quantität setzen. Hiermit meine ich ein selektives Vorgehen in der Zusammenarbeit mit externen Personaldienstleistern. Es wäre wohl effizienter, wirtschaftlicher und für das HR entlastend, wenn Rekrutierungsprozesse auf jene ausgewählten Personalanbieter kanalisiert würden, die nicht nur «Dossiers verkaufen» möchten, sondern sich seriös darum bemühen, die jeweilige Firma, ihre Kultur und das gesuchte Profil zu verstehen. Auch hier ist Langfristigkeit im Sinne von Nachhaltigkeit angesagt.
HR-Abteilungen haben es in der Hand
Es ist zweifellos so, dass sowohl Personaldienstleister wie auch Kandidaten selber in der Verantwortung stehen, wenn es um Fairness und Anstand geht. Leider stellen wir eine tendenziell abnehmende Fairness der Bewerber im Rekrutierungsprozess fest. Bedauerlicherweise verhalten sich gewisse Kandidaten zusehends opportunistisch und nicht immer überall so offen und transparent, wie man sich dies erhoffen würde. So teilen manche Jobkandidaten nicht mit, dass sie noch andere Bewerbungen offen haben. Unsere Branche sollte sich nicht wundern, wenn wir Personalanbieter wegen einiger schwarzer Schafe auf dem Markt pauschal verunglimpft werden. Hier ist unsererseits Verständnis für die Situation der HR-Abteilungen und deren Überflutung durch teilweise aggressive Anbieter erforderlich.
Personalabteilungen wiederum können sich mit der sorgfältigen Beschränkung auf ausgewählte seriöse Partner und der ebenso konsequenten Nicht-Berücksichtigung unliebsamer Anbieter nicht nur wirksam entlasten, sondern auch die Qualität und Effizienz des Rekrutierungsprozesses steigern. Das HR ist gut beraten, im Sinne der Imagepflege vermehrt seine Aussenwirkung zu überprüfen. Denn Personaldienstleister und Bewerber sind gleichzeitig potentielle Kunden, Aktionäre und generell Multiplikatoren, die ihre gemachten positiven oder negativen Erfahrungen mit Repräsentanten des HRs einer Unternehmung nach aussen tragen.
Vermutlich sollte sich auch die oberste Führungsebene der jeweiligen Firmen vermehrt ihrer Rolle bei der Stärkung des HR und seiner profilierten Wahrnehmung bewusst werden. Das HR ist nicht primär nur ein Kostenfaktor, sondern ein zentraler Bestandteil der Gesamtführung einer Firma. Quintessenz meiner Überlegungen: Gefragt sind mehr kompetente und beherzte HR-Verantwortliche ebenso wie seriöse Personaldienstleister und faire Bewerber. HR-Abteilungen sollten sorgfältiger darauf bedacht sein, Brücken zu schlagen und nicht Selbstverteidigungspositionen für ihre Arbeitgeber einzunehmen.