Es waren einmal Personalinformationssysteme
Die Personalinformationssysteme der 80er-Jahre gehörten zu den ersten kommerziellen Softwarelösungen. Der Grund: Die Personalabteilung war damals – wie auch heute noch – einer der administrationsintensivsten Bereiche jedes Unternehmens. Oft handelte es sich dabei um Software, die die Bewirtschaftung von wichtigen Mitarbeiterdaten wie beispielsweise Name, Adresse, Sozialversicherungsnummer oder Kontodaten möglich machte.
Dann wurden es HR-Tech-Lösungen
Mit der Verbreitung des Internets und dem Voranschreiten der Technologie wurden die HR-Tech-Lösungen rasant mächtiger und komplexer. Alle Personalmanagementprozesse sollen idealerweise digitalisiert werden. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch: Soll das mit einer All-in-one-Lösung oder mit den besten Lösungen pro Bereich und den dafür notwendigen Schnittstellen realisiert werden? Im Kern geht es dabei aber immer (nur) noch um die Optimierung der HR-Prozesse – und damit verbunden eine möglichst schlanke Administration. Weitverbreitete Lösungen aus dieser Ära sind Bewerbermanagementsysteme. Sie sollen der Personalabteilung das Leben einfacher machen, indem sie Aufgaben an die Bewerbenden outsourcen. Im Marketing gibt es dafür die Bezeichnung «Prosuming». Das bedeutet, dass die Konsumentin oder der Konsument einen Teil der Produktion übernimmt. Das ist dort zweckmässig, wo der Kunde diese Arbeitsschritte gerne macht. Im Bewerbungsprozess ist das eher nicht der Fall und in Zeiten des abnehmenden Arbeitsangebots tun Arbeitgebende gut daran, die Bewerbungsprozesse schleunigst menschenfreundlicher zu gestalten. Sonst bleibt der Fachkräftemangel schlicht und einfach hausgemacht.
Und nun heisst es WorkTech
Worin unterscheiden sich HR Tech und WorkTech? Beides sind Technologien, die den Arbeitsprozess optimieren sollen. Während HR Tech vor allem die Personalerinnen und Personaler unterstützt, dient WorkTech der ganzen Belegschaft. WorkTech umfasst also Technologien, die dazu beitragen, die Art und Weise, wie Menschen arbeiten, zu verbessern, ihre Produktivität zu steigern und die Arbeitsbedingungen zu optimieren.
Erst in den letzten Jahren hat sich der Fokus von den (internen) Prozessen auf die Menschen verlagert. Bedingt durch die Verlagerung vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt (oder von der Arbeits- zur Arbeiterlosigkeit) hat sich der Schwerpunkt von der kostenorientierten Abwicklungsoptimierung hin zur Employee Journey verlagert. Vom Leidensdruck getrieben, mussten Arbeitgebende den Fokus von der Effizienz («Doing things right») auf die Effektivität («Doing the right things») verlagern. Corona hat das Ganze beschleunigt und zusätzliche Aspekte in den Vordergrund gerückt – allen voran die Hybrid- oder die Remote-Arbeit. Und erst kürzlich veränderten auch noch ChatGPT und Co. die Arbeitswelt!
WorkTech beleuchtet das WAS, das WER und das WO
Diese neue Arbeitswelt bringt neue Herausforderungen mit sich und konfrontiert Unternehmen mit drei fundamentalen Fragen:
- Was bzw. welche Arbeit kann automatisiert werden?
- Wer kann die Arbeit machen?
- Wo wird die Arbeit erledigt?
Auf den ersten Blick sind die Fragen nicht neu. Berücksichtigt man die Entwicklungen der letzten Jahre, bekommen diese Fragen aber ein deutlich anderes Gewicht. Infolge KI sind plötzlich alle Jobs von der Automatisierung betroffen. Und mit der Verbreitung der Hybrid-/Remote-Arbeit und der Plattformökonomie fallen die Antworten auf die Fragen 2 und 3 unter Umständen ganz anders aus als noch vor Corona.
- WAS Viele Unternehmen verstehen eine Stelle als etwas, das mit einem bestimmten Kandidatenprofil besetzt werden muss. Klüger ist es, sie zerlegen ihre Prozesse in Tätigkeiten und fragen sich für jede Tätigkeit, ob diese automatisiert werden kann. Im letzten Jahrhundert waren es vor allem Blue-Collar-Tätigkeiten, die durch Industrieroboter ersetzt wurden. Zukünftig werden es wohl eher White-Collar-Tätigkeiten sein, die durch intelligente Software ersetzt werden. Dadurch werden Berufe nicht unbedingt wegfallen, aber ziemlich andere Tätigkeiten beinhalten und neue Skills erfordern.
- WER Zunehmend werden Unternehmen, statt Mitarbeitende festanzustellen, auf Freelancer, Gig Worker etc. zugreifen (müssen). Es ist dann ein «Müssen», wenn die Skills auf dem klassischen Arbeitsmarkt schlicht nicht mehr verfügbar sind. Und infolge demografischer Entwicklung wird dies immer öfters der Fall sein. Bereits heute ist die Zahl der selbstständig Erwerbenden oder Ich-AGs erstaunlich hoch – mit einer klar steigenden Tendenz zuungunsten der klassischen Festanstellung.
- WO Die Hybrid- und die Remote-Arbeit haben sich unter anderem als Folge von Corona etabliert. Unternehmen haben Erfahrungen gesammelt, Strategien und Strukturen angepasst und entsprechende Tools implementiert. Homeoffice ist für viele Menschen nicht mehr ein Nice-to-have, sondern Pflicht. Arbeitgebende haben dies verstanden und Vakanzen beinhalten häufig eine Aussage dazu (siehe unter anderem die knapp 9000 offenen Stellen auf www.home-office-stellen.ch). Zudem haben Arbeitgebende entdeckt, dass Plattformarbeit eine (sehr) günstige, rasche und unkomplizierte Form der Auftragserledigung ist. Immer mehr – auch anspruchsvolle – Aufgaben werden irgendwo auf dieser Welt von irgendjemandem sofort und für sehr wenig Geld erledigt.
WorkTech-Agenda
Welche WorkTech-Themen füllen nun als Folge der obgenannten Entwicklungen die Agenden der HR- und Geschäftsleitungen? Es sind dies:
- KI / Maschinelles Lernen
- Datenbasierte Entscheidungen; vor allem Big Data, People Analytics
- Skills Tech; insbesondere Skills-basiertes Talentmanagement sowie Up- und Reskilling
- Schutz, Fairness und Wohlbefinden; insbesondere Datenschutz, Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion sowie Wohlbefinden am Arbeitsplatz
- Kommunikation und Zusammenarbeit