Employer Branding

Zusammenarbeit an der Schnittstelle Kommunikation – HRM – Marketing

Nach innen gerichtete Markenführung funktioniert über integrierte Kommunikation und enge Zusammenarbeit zwischen Marketing, Kommunikation und HRM. Wie diese in der unternehmerischen Praxis aussehen kann, zeigen Stephan Peterhans, HR-Chef PwC Schweiz, und sein Kollege Alexander Fleischer, Marketing- und Kommunikationsleiter bei PwC.

HR Today: Wie war die Ausgangslage vor dem Start Ihrer Zusammenarbeit?

Alexander Fleischer: Wir erkannten, dass unsere Marke nicht konsistent nach aussen kommuniziert wurde. Im Rekrutierungsbereich wurden Kandidaten Botschaften vermittelt, die nicht mit den Botschaften an die Kunden übereinstimmten. Das war einerseits in finanzieller Hinsicht ineffizient, andererseits aber vor allem in der Wahrnehmung. Die Botschaften divergierten.

Stephan Peterhans: Hinzu kommt, dass die Botschaften für die Rekrutierung dem Stil der jüngeren Generation angepasst werden mussten. Für diese Anpassung mussten wir aber nicht den Brand anders positionieren. Es ging vielmehr darum, bei diesen Überlegungen gemeinsam mit den Kollegen vom Marketing und Branding von Anfang an am selben Tisch zu sitzen.

Von welchem Brandauftritt sprechen wir heute?

Fleischer: Visuelle Identität ist nur ein Aspekt. Die wirkliche Identität entsteht aus dem Verhalten der Mitarbeitenden und ihrer Auseinandersetzung mit dem Brand. 2500 Mitarbeitende von uns sind tagtäglich draussen beim Kunden und repräsentieren PwC. Dieser Auftritt muss in Einklang sein mit unseren Marketingaktivitäten. Diese Kombination wiederum hat ein Riesenpotenzial, denn wir haben somit 2500 Multiplikatoren! Damit ist das Branding im Wesentlichen ein People Business. Hauptaufgabe ist, herauszubekommen, wie ich die Leute dazu bringe, den Brand zu verstehen und zu vermitteln – und wie ich vor allem top ausgebildete, hoch intelligente Leute dazu bringe, ohne dass sie sich gebrainwasht fühlen.

Peterhans: Es ist ganz wichtig, dass authentisch auf dem Markt kommuniziert wird. Damit meine ich, dass kein Widerspruch in der Botschaft entsteht zwischen dem Verhalten der eigenen Mitarbeitenden und den Werbesprüchen. Bei einem Widerspruch würden wir sofort an Glaubwürdigkeit verlieren. Schöne Bilder und Farben und ein tolles Format allein überzeugen nicht, sondern müssen der Realität entsprechen.

Inwiefern war Ihr Brand nicht konsistent?

Peterhans: Wir haben einen «code of conduct» mit Verhaltensnormen, wir haben einen Brand im Kundenbereich, wir haben einen Brand im Mitarbeiterbereich. Wenn wir von Identität – auch visueller Identität – sprechen, sind diese Felder zusammenzubringen.

Fleischer: Bevor wir den Employer Brand intensiv gemeinsam bearbeitet haben, hatten wir eine eigene Art Headlines und Bilderwelten in den Kundenbroschüren. Rein visuell sahen die gleich aus wie in den Mitarbeiterbroschüren. Die Aussagen waren jedoch anders formuliert, die Tonalität war unterschiedlich. Bei der jetzigen Kampagne haben wir immer noch Unterschiede in der Wahl der Personen und Themen, aber es ist jetzt das gleiche Konzept in der Aussage mit dem gleichen Stil. Wir arbeiten beispielsweise auch mit dem gleichen Fotografen, um den Stil anzugleichen. Auch den Textstil haben wir angeglichen. Von dieser Konsistenz versprechen wir uns sehr viel. Das heisst nicht, dass sich im Detail die Ziele und Inhalte nicht unterscheiden dürfen. Es geht «nur» um den gleichen Auftritt.

Woher wussten Sie, dass sich Mitarbeitende nicht brandkonform verhalten haben?

Peterhans: Wir führten Feedbackprozesse mit Kunden durch, um zu kontrollieren, ob das Mitarbeiterverhalten mit dem Brand übereinstimmt. Wichtig ist, dass nicht nur  Employer und Kundenbrand funktionieren, sondern vor allem auch interne und externe Kommunikation. Mitarbeitende müssen verstehen, wovon wir eigentlich sprechen.

Fleischer: Wenn Sie Authentizität durch Kongruenz in den Grundaussagen erzeugen, dann verstärkt das die Message enorm. Umgekehrt ist es extrem schädlich, wenn es eben nicht übereinstimmt. Das gilt auf die gleiche Weise für die Wahrnehmung der Kunden.

Peterhans: Der Brand muss die Erwartung erfüllen. Wenn neu eingestellte Mitarbeitende in den ersten Monaten erfahren, dass die Realität in der Firma nicht dem entspricht, was vorher kommuniziert wurde, dann führt das zu Enttäuschungen und Konflikten. Dann riskieren wir den frühzeitigen Abgang von Mitarbeitenden.

In welchen Punkten unterscheidet sich der Brand der PwC von Ihrer Konkurrenz?

Fleischer: Wir müssen uns darauf konzentrieren, WIE wir arbeiten. Denn wir sind in einer extrem regulierten Branche tätig, die vorgibt, nach welchen Regeln wir unsere Arbeit machen müssen. Wenn wir in der Wirtschaftsprüfung etwas anders machen würden, würden wir uns rasch ausserhalb der gesetzlichen Richtlinien bewegen. Wir können uns weniger gut als andere Branchen mit kreativen Businessmodellen differenzieren.

Wir können hingegen auf die konkrete Erfahrung fokussieren, die der Kunde mit unseren Mitarbeitenden macht. Auch unsere Konkurrenz bemüht sich dementsprechend, eine einzigartige Kultur zu bilden.  Der entscheidende Unterschied am Ende ist die Frage: Wem gelingt es, diese schneller, wirkungsvoller und klarer umzusetzen? Es geht weniger darum, radikal anders zu sein, sondern einfach besser und konsequenter.

Wie genau sieht die Arbeitsaufteilung zwischen Ihnen aus?

Peterhans: Wir erkannten, dass wir enger zusammenarbeiten müssen und sollten …
Fleischer: … und idealerweise zusammenarbeiten wollen.
Peterhans: Genau.

Das tönt fast wie eine gegenseitige Liebeserklärung ...

Fleischer: Das ist es in gewisser Weise auch. Es geht nämlich nur mit Vertrauen.
Peterhans: Jetzt im Ernst – die Erkenntnis, dass das Zusammenspannen von Marketing und HRM fruchtbar ist, wird nicht jedem HR-Manager auf den ersten Blick klar sein. Wer in der Ausführung welche Aufgaben übernimmt, ergibt sich von allein. Da gab es keine wochenlangen Diskussionen. Ich selber war übrigens früher auch mal im Kunden-marketing tätig. Die Affinität zum Thema hilft bei solchen Kooperationen.

Wo ziehen Sie die Grenzen Ihrer jeweiligen Verantwortung?

Fleischer: Nehmen wir das Beispiel Auftritt auf Rekrutierungsmessen: Mich geht es nach der Umsetzung des gemeinsam entwickelten Konzepts nicht mehr viel an, was dann im Detailablauf passiert. Das gleiche Prinzip funktioniert umgekehrt. Grundlage für eine so enge Zusammenarbeit ist sicher die offene Kommunikation miteinander, sonst riskieren wir Dopplungen, die höchst ineffizient wären. Es geht wirklich um einen effektiven Win-win-Effekt.

Was wäre ein Beispiel eines solchen Win-win?

Fleischer: Das ganze Employer-Branding-Programm läuft als ein gemeinsames Budget, inklusive Imagekampagne, Rekrutierungskampagne und Messestand auf der Absolventenmesse. Die Geschäftsleitung behandelte das Thema dementsprechend auch in einem Gang, was die Absegnung beschleunigte. Vorher hatte jeder von uns sein eigenes Budget, für das er kämpfen musste. Und weil dieses Projekt so gut funktioniert, haben wir jetzt noch ein anderes Programm lanciert, das Alumniprogramm, ein neuer Business Case aus dem HRM, wo wir im Marketing mitfahren können. Wir entdecken immer mehr Themen, für die wir gemeinsame Projektanträge eingeben. Wir wissen in vielen Fällen gar nicht mehr so genau, wer es generiert hat.

Und wer erntet dann die Lorbeeren?

Fleischer: Bei der Werbekampagne sind wir alle essen gegangen und haben die Ergebnisse gemeinsam gefeiert. Es ist wichtig, dass nicht einer allein als Star dasteht und der andere hat nichts davon.

Peterhans: Aber wichtiger als das Abernten von Lorbeeren ist der Einsatz neuer Technologien zur Ansprache neuer Kunden und Mitarbeitender. Wir investieren in Podcasting und Karrierewebsites mit Videointerviews. In diesem Bereich ergeben sich auch viele Syn
ergien zwischen Kunden und Mitarbeiten
den ...

Fleischer: … und für die interne Lancierung dieser Kampagne haben wir einen Blog eingesetzt, der ursprünglich als Instrument der internen Kommunikation gedacht war. Daraus wurde aber sehr viel mehr. Wir erhielten hunderte interessanter Feedbacks, Anregungen und Ideen zur Firma und auch zum Personalwesen, die wir nie vorgesehen hatten und dann aufnahmen.

Peterhans: Die Feedbacks geben uns auch immer wieder Anhaltspunkte, an welchen Schrauben wir noch drehen könnten und sollten, ob in der Organisationsentwicklung oder in der internen oder externen Kommunikation.

An welcher Schraube wurde denn beispielsweise nachgedreht?

Peterhans: Im Work-Life-Balance-Bereich mussten wir aufgrund der Feedbacks Massnahmen treffen. Wir starteten sehr schnell konkrete Aktionen, wie etwa die Zusammenarbeit mit einem sogenannten «employee assistance programme provider». Unsere Mitarbeitenden können dort Hilfe finden, wenn sie diverse Probleme haben. Das können emotionale Themen genau wie rechtliche Fragestellungen sein, steuertechnische oder Fragen der Kinderbetreuung. Wir können unseren Mitarbeitenden nicht zumuten, sich ausserhalb der Arbeitszeit auch noch um solche Dinge zu kümmern.
Zudem haben wir ein striktes Überstundenkontrollsystem eingeführt.

Gab es auch für den Kundenbereich Ideen von Mitarbeitenden?

Fleischer: Ja, die Ideen waren breit gefächert, von CSR-Themen bis hin zu konkreten Vorschlägen für Wissensmanagement-Programme und für die Umstrukturierung von diversen Datenbanken. Uns erreichten auch Themen in Bereichen, in denen wir längst aktiv sind.

Das zeigte uns, dass wir gewisse Dinge, die wir bereits gestartet hatten, offenbar gar nicht richtig kommunizierten. Gleichzeitig müssen wir auf bestimmte Themen fokussieren und nicht in blinden Aktionismus ausbrechen, weil jedes Projekt gut aufgegleist Zeit braucht. Die Einführung des neuen Rekrutierungsprozesses dauerte beispielsweise zwei Jahre, dafür sitzt er jetzt auch.

Was ist anders oder neu an diesem Rekrutierungsprozess?

Peterhans: Wir erhalten etwa über 11000 Bewerbungen pro Jahr allein hier bei PwC Schweiz und die Herausforderung ist, daraus die 400 passendsten Personen herauszusuchen, die wir pro Jahr einstellen, Tendenz steigend. Zu diesem Zweck haben wir einen mehrstufigen Rekrutierungsprozess, der online startet. Dann absolviert der Kandidat einen Test zu Hause, und wenn das erfolgreich läuft, haben wir ein erstes Treffen im Haus. Im Verlauf des ersten Besuchs gibt es dann ein elektronisches Assessment, mit dem wir den Kandidaten auf verschiedene Kompetenzen prüfen, und erst dann gibt es ein zweites Interview mit den Vorgesetzten.

Das muss ja lange dauern ...

Peterhans: Ich höre von Kandidaten, dass sie bei anderen Firmen teilweise drei Wochen lang keine Reaktion auf ihren Lebenslauf bekommen. Vielleicht kommt es dort dann mal zu einem Interview. Bei uns ist die Zielgrösse 21 Tage für den gesamten Prozess.

Fleischer: Das Interessanteste hast du verschwiegen, Stephan – der Rekrutierungsprozess hört nicht bei der Vertragsunterschrift auf! In der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Start bei uns bekommen die Kandidaten Zugang zu einer Website, wo sie sich zwischenzeitlich mit der Firma auseinandersetzen können. Dann haben sie einen Einführungstag und ab da einen Buddy, der sie ein ganzes Jahr begleitet, um eine optimale Integration sicherzustellen.

Führen Sie Gespräche mit den Kandidaten, die innerhalb eines Jahres abspringen?

Peterhans: Ja, tun wir. Und wir analysieren die Gründe ganz genau. Zudem kann es vorkommen, dass wir die Fehler bei unseren Vorgesetzten identifizieren, wenn beispielsweise die Integration nicht stattfand.

Hat sich Ihre Fluktuationsrate nach der Einführung des Programms verbessert?

Peterhans: Wir haben noch keine Zahlen, die zeigen, ob sich die Fluktuationsrate aufgrund unserer EB-Initiative geändert hat. Frühestens nach zwölf Monaten kann man das sehen, sonst wäre die Zahl nicht seriös.

Wieder zur praktischen Schnittstelle zwischen Kommunikation und HRM: Liegt es nicht auch nahe, intern mit CRM zusammenzuarbeiten?

Fleischer: Wir haben in unserer Stabsorganisation ein sogenanntes «power house», in dem die gesamtstrategischen Unternehmensfunktionen angesiedelt sind. Dazu gehören das Personalwesen, Marketing, Kommunikation, Business Development, Wissensmanagement und IT. Die Stelle eines COO – eines Chief Organization Officer – wurde vor zwei Jahren ganz neu geschaffen und ist dafür zuständig, genau diese strategischen Funktionen zu koordinieren.

Ihre Persönlichkeiten müssen dann auch gerne Informationen austauschen wollen? 

Peterhans: Zu den sogenannten «hard skills» zähle ich auch: Wie kommuniziere ich? Wie baue ich eine Kundenbeziehung auf? Wie verhalte ich mich im Team? Das sind alles businessrelevante Skills, nicht «soft factors». Da geht es um den Unterschied, der die Persönlichkeit ausmacht. In letzter Zeit traten extrem viele neue Gesetze in Kraft, Regulierungen wie kaum 20 Jahre zuvor und auch Eingriffe und Vorschriften, wie und was ein Prüfer machen soll. Heute müssen diese Prüfer den CEOs und den VR-Präsidenten häufig unangenehme Wahrheiten sehr schnell und sehr direkt mitteilen. Um das machen zu können, ohne dass der Kunde den Prüfer raus-
schmeisst und wir ihn als Kunden verlieren, braucht diese Persönlichkeit sehr viele Sozialkompetenzen. Und da geht es nicht um «spürst mi?», sondern  das ist knallhartes Geschäft.

Wie bereiten Sie ganz junge Mitarbeitende auf solch schwierige Gespräche vor?

Fleischer: Wir reden über Themen, die wir früher nicht angesprochen haben. Generation Y erfordert eine Anpassung unsererseits. Studenten wollen das machen, was für sie Sinn ergibt. In Interviewgesprächen diskutieren wir dann auch über solche Sinnfragen. Man könnte sagen, das sei abgehoben philosophisch. Wir sehen es positiv, wenn sich unsere Mitarbeitenden über ihre tägliche Erfahrun-gen Gedanken machen. Wir denken offen, wir reflektieren und projizieren damit eine Offenheit gegenüber Mitarbeitenden, die sich später wiederum gegenüber den Kunden widerspiegelt.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Connie Voigt ist 
Executive Coach bei der Firma «Inside Out» sowie Gründerin der Netzwerkorganisation «Interculturalcenter.com GmbH». Zudem ist sie Dozentin für Organizational Behavior an der Edinburgh Business School, FHNW Basel und FU Berlin.

Weitere Artikel von Connie Voigt