Ostschweizer Personaltag

Von Marken, Megatrends und Machos

Am Ostschweizer Personaltag vom 26. Juni drehte sich alles um die Zukunft des HR. In mehreren Inputvorträgen wurde das Thema von verschiedenen Seiten beleuchtet.

Alles ändert sich immer schneller, wird undurchsichtiger, komplexer, die Ansprüche an Menschen und Unternehmen steigen. In Organisationen gilt es, die verschiedenen Einzelinteressen in Einklang zu bringen, was bedeutet, dass Führungskräfte vermehrt Coaching- und Mentoring-Rollen übernehmen und ihren Führungsstil situativ anpassen müssen – auch wegen der generationenspezifischen Erwartungen, welche Mitarbeiter an die Arbeitsgestaltung stellen. Individualisierung ist denn auch ein grosser Megatrend, wie Daniela Eberhardt, Leiterin IAP Institut für Angewandte Psychologie an der ZHAW, in ihrem Referat ausführt.

Der zweite Megatrend ist die Flexibilisierung: Wir können von überall aus arbeiten, haben aber auch mit grossen Mengen von Daten zu tun. «In den letzten zwei Jahren hat sich die im Netz verfügbare Datenmenge verdoppelt», führt Daniela Eberhardt aus. Der daraus resultierende Umgang mit Mehrdeutigkeit müsse gelernt werden. Zudem sei es Aufgabe der Führungskräfte, Orientierung zu vermitteln. Aufgabe der Führungskräfte wie auch des HR ist es zudem, den steigenden Anteil älterer Mitarbeiter zu integrieren – womit die Professorin beim dritten Trend, der Demographie, angekommen ist. Denn gerade ältere Mitarbeiter sind wichtige Fachkräfte.

Aufmerksamkeit erreichen

Um grosse Mengen ging es auch beim Vortrag von Marcus Fischer, Experte für Employer Branding und Rekrutierung. «Wir leben in einer Welt von Marken», sagt Fischer. Allein in Europa gebe es 65’000 Marken, wir sehen täglich 5000 davon. «Wie soll man da die Zielgruppe erreichen?», fragt Fischer. Und beantwortet dies gleich selbst: «Mit Social Media.» Die sozialen Netzwerke ermöglichen es, zu den Leuten zu gehen, und gerade im Employer Branding spielen sie eine grosse Rolle, weil dort Produkte, Dienstleistungen, aber auch Firmen von Kollegen und Freunden empfohlen werden und man schnell Ratschläge einholen kann.

Doch es genüge nicht, nur online mit den Menschen in einen Dialog zu treten, auch offline müsse man mit den Menschen sprechen: Etwa mit dem Personaldienstleister, der für das Unternehmen Mitarbeiter rekrutiert. Diese gilt es, über das Unternehmen zu informieren, so dass sie einen guten und positiven Eindruck erhalten, sagt Fischer.

Im Employer Branding seien vor allem drei Punkte wichtig: Authentisch, mobil und bewegt sowie bewegend zu sein: Bewegt soll heissen, auf Bilder und Videos zu setzen, und bewegend im Sinn von Emotionen auslösend. «Denn Emotionen sind das, was den Unterschied zwischen Audi und BMW ausmacht», sagt Fischer.

Clown als Überraschungsgast

Für positive Emotionen am Ostschweizer Personaltag sorgte insbesondere auch der als Überraschungsgast angekündigte Peter Löhmann, Clown, Zauberer, Referent und Businesskünstler, der mit träfen Sprüchen und undurchschaubaren Tricks für Lacher und Unterhaltung sorgte.

Ernster ging es nach der Kaffeepause weiter. Der Bündner Autor und Publizist Iso Camartin referierte zum Thema «Die Richtige? Der Falsche? – Gibt es Kriterien für die Beurteilung potenzieller Kollegen?». Er stellte dabei den ethischen Aspekt in den Vordergrund: «Entscheidend ist, ob ich jemanden falsch einschätze oder missverstehe. Ich kann nur herausfinden, wer jemand ist und was er will, wenn ich mit ihm rede und einen Dialog führe.» Auch begreife sich der Mensch nur selbst, wenn er im Gespräch mit anderen ist. Aufgabe der Personaler sei es, das Potenzial zu entdecken und erkennen zu können, wohin sich jemand entwickeln kann.

Das Kümmer-Syndrom der Frauen

Einen feurigen, auch etwas provokanten und angriffigen Vortrag hielt zum Abschluss Bascha Mika, Chefredaktorin der Frankfurter Rundschau, die zum Titel «Männer, Machos, Machtrituale. Können Frauen die Arbeitswelt verändern?» referierte. Frauen und Beruf sei ein schwieriges Feld, leitete die Publizistin ein. So gebe es etwa in Deutschland 320 Tages- und Wochenzeitungen, doch nur bei zwei Prozent dieser Titel habe eine Frau die Chefposition inne. «Es hat sich vieles gebessert für Frauen, aber in Sachen Emanzipation sind wir immer noch ein finsteres Entwicklungsgebiet», so Mika. Es sei allerdings zu einfach, die Frauen einfach als Opfer und die Männer als Täter zu sehen. «Denn die Frauen machen das ja mit», betonte Bascha Mika.

Es würden Frauen viele strukturelle Hindernisse in den Weg gelegt. Eine junge Frau etwa bekommt einen Job nicht, weil sie ja noch jung ist und bald Kinder kriegen könnte. Hat sie dann Kinder, ist die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Problem. Gerade wenn es darum gehe, die Karriereleiter hochzusteigen, seien Kinder ein Hemmschuh. Ein weiteres Hindernis sei die Präsenzkultur. Zudem würden sich viele Arbeitgeber weigern, das Potenzial von Wiedereinsteigerinnen zu erkennen. Auch ein Problem: Alles, was mit Kindern zu tun hat, wird als «Frauending» gesehen, auch im Privaten. Frauen würden sich aber auch selber ein Bein stellen: «Frauen leiden am Kümmer-Syndrom», nennt das Bascha Mika: Sie kümmern sich um den Haushalt, um die Kinder – sogar dann, wenn sie gleich viel arbeiten wie der Mann oder sogar mehr verdienen als er. Den Grund dafür sieht Bascha Mika darin, dass Frauen die Prioritäten der Männer wichtiger nehmen als ihre eigenen.

Allerdings stellt sie langsam eine Besserung fest: Immer mehr Männer wollen mehr Zeit mit der Familie verbringen, kümmern sich vermehrt um den Haushalt und fragen nach familienfreundlichen Massnahmen. Und dazu kann auch HR etwas beitragen, findet Bascha Mika.

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