Checkliste

10 Tipps zur Strategieentwicklung in Krisen- und Marktumbruchzeiten

Führungskräfte, die Strategien für die Zeit nach der Corona-Pandemie entwickeln, stecken häufig in einer Zwickmühle. Sie können über die Rahmenbedingungen nach der Krise nur spekulieren, müssen aber nicht nur ihren Mitarbeitenden mitteilen, wie es weitergeht.

In der aktuellen Krisensituation können sich Führungskräfte bei ihren strategischen Entscheidungen auf fast keine validen Daten stützen. Hinzu kommt, dass ihre verunsicherten Mitarbeitenden gerade jetzt von ihnen Halt und Orientierung erwarten.

Zehn Tipps, wie Führungskräfte bei der Strategieentwicklung in einer diffusen Entscheidungssituation wie der aktuellen als Unternehmens- und Menschenführer agieren sollten:

Tipp 1: Sich die eigene Funktion bewusst machen

In der aktuellen Situation müssen Führungskräfte die Weichen in ihren Organisationen in Richtung Erfolg stellen. Gleichzeitig müssen sie als Leader verunsicherten Mitarbeitenden Halt und Orientierung bieten. Das beinhaltet ihnen zu sagen: «So geht es (vorläufig) weiter …» und die Zuversicht ausstrahlen «Wir schaffen es, wenn …».

Tipp 2: Szenarien und einen Fahrplan entwickeln, wie es weitergehen könnte

Führungskräfte sollten sich vor einem offiziellen Strategiemeeting bewusst machen, wie sich der Markt des Unternehmens mittel- und langfristig entwickeln könnte – im besten oder schlechtesten Fall. Ausserdem, welche Chancen und Risiken sowie Herausforderungen und Aufgaben hieraus erwachsen. Sonst entsteht bei den Mitarbeitenden schnell der vertrauensmindernde Eindruck: Unsere Führung hat keinen Plan.

Tipp 3: Strategieworkshops eventuell durch neutrale Experten moderieren lassen

In einem von rascher Veränderung geprägten Umfeld können Entscheidungen, bei denen viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind, meist nicht im Konsens getroffen werden. Deshalb sind Konflikte vorprogrammiert. Entsprechend gross ist die Gefahr, sich in endlosen «Was-wäre-wenn-Diskussionen» zu verlieren. Als Führungskraft gilt es deshalb zu überlegen, ob eine neutrale Person den Strategieentwicklungsprozess oder       -workshop moderieren sollte. Speziell dann, wenn auch harte Entscheidungen auf der Agenda stehen.

Tipp 4: In Meetings den Teilnehmenden die Komplexität der Entscheidungssituation bewusst machen

Es ist wichtig, vor einem Strategieworkshop im Unternehmen den Teilnehmenden an einigen Beispielen zu verdeutlichen,

  • wie komplex die aktuelle Entscheidungssituation ist und
  • dass man sich bei der Strategieentwicklung weitgehend auf Annahmen stützen muss.

Der Worst Case sollte möglichst plastisch geschildert werden. Nicht, um die Teilnehmenden zu erschrecken, sondern vielmehr um ihnen aufzeigen, wie gross momentan der «Möglichkeitsraum» ist. Es ist zudem wichtig zu vermitteln, dass die beschlossene Strategie aufgrund der Ist-Situation nur eine vorläufige sein kann, die regelmässig überprüft und gegebenenfalls modifiziert wird.

Tipp 5: Realistische Szenarien vorstellen und debattieren lassen

Als Leader der Organisation sollte man ausschliesslich realistischste Szenarien vorstellen und den Handlungsbedarf skizzieren, der daraus resultiert. Diese Szenarien danach zur Diskussion stellen und den  Mitstreitenden die Möglichkeit geben, Alternativszenarien und -strategien zu entwerfen.

Tipp 6: Sich auf ein, zwei realistische Szenarien verständigen und diese ausarbeiten

Danach ist es wichtig, sich auf die realistischsten Szenarien zu verständigen. Hierfür sollte eine möglichst objektive Entscheidungsbasis geschaffen werden – beispielsweise indem man die Frage stellt:

  • Was spricht für oder gegen die Szenarien?
  • Auf welchen Annahmen und Voraussetzungen basiert der potenzielle Erfolg der verschiedenen strategischen Optionen und Handlungsoptionen?
  • Welche Investitionen erfordern deren Realisierung?

Wichtig: Auch die scheinbar objektivste Entscheidungsbasis beruht auf Annahmen. Die realistischsten Szenarien sollten danach ausgearbeitet und daraus mögliche Massnahmenpläne abgeleitet werden.

Tipp 7: Im Entscheidungsprozess die Leader-Rolle aktiv wahrnehmen

Da in einem diffusen Umfeld strategische Entscheidungen oft nicht im Konsens getroffen werden können, muss im Bedarfsfall irgendwann eine Person sagen «So machen wir es…», beziehungsweise «In diese Richtung marschieren wir, selbst wenn damit die Risiken A, B und C verbunden sind». Das ist nicht nur die Aufgabe als Unternehmensführer, vielmehr erwarten die Mitarbeitenden von ihren Chefs auch, dass sie in Krisen- und Konfliktsituationen das Ruder in die Hand nehmen und den Kurs vorgeben.

Tipp 8: Strategische Entscheidungen in Ruhe treffen

Führungskräfte sollten sich nicht selbst unter einen zu hohen Entscheidungsdruck setzen. Sondern sich gegen  Ende eines Strategiemeetings bei den Teilnehmenden für die Unterstützung bedanken und sagen: «Ich teile Ihnen bis Mitte nächster Woche meine Entscheidung mit.» Wenn es um strategischen Entscheidungen für die Zeit nach der Krise geht, ist in der Regel keine sofortige Entscheidung nötig. Anders war das unmittelbar nach dem Lockdown als es die Liquidität des Unternehmens zu sichern galt.

In dieser Akutsituation musste vieles über Nacht entschieden werden. Bei mittel- und langfristigen strategischen Entscheidungen ist es jedoch meist zielführender, mit der endgültigen Entscheidung einige Tage zu warten. Ein Vertagen eröffnet die Chance, nochmals mit Personen, die eine andere Sicht auf den Entscheidungsgegenstand haben, zu diskutieren und so kollektive «blinde Flecken» im Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess zu entdecken.

Tipp 9: Vor der vorläufig endgültigen Entscheidung nochmals das Bauchgefühl hinterfragen

Ein Vertagen der Entscheidung ermöglicht auch, nochmals zu reflektieren, warum man gewisse Entscheidungen präferiert. Das ist gerade in Marktumbruchsituationen wichtig. Fragen Sie sich zum Beispiel: Welche Motive, Hoffnungen veranlassen mich zu zur Präferenz? Welche Glaubensätze stecken dahinter, die eventuell keine Relevanz mehr haben? Mit etwas zeitlichem Abstand wird einem vieles klar. Deshalb können Entscheidungen mit etwas zeitlichem Abstand eher im Konsens getroffen werden – was für deren Tragfähigkeit und Umsetzung wichtig ist.

Tipp 10: Die Beschlüsse regelmässig überprüfen

Abschliessend sollte Termine vereinbart werden, in denen gemeinsam überprüft wird, inwieweit

  • die Annahmen richtig waren und
  • die initiierten Massnahmen zielführend sind.

Das erleichtert es auch den Mitstreitern, andere Lösungen präferierten, sich mit den Entscheidungen zu arrangieren, weil sie wissen: Wenn diese sich als falsch erweisen, werden sie entweder über Bord geworfen oder neu justiert.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Er ist unter anderem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

Weitere Artikel von Georg Kraus

Das könnte Sie auch interessieren