Checkliste

5 wichtige Punkte für eine erfolgreiche Fusion

Bei Unternehmensfusionen prallen stets zwei Kulturen aufeinander. Diese lassen sich schwerer harmonisieren als Prozesse und Strukturen. Zudem übersehen die Verantwortlichen oft: Auch in der Struktur einer Organisation spiegelt sich deren Kultur wider.

Wenn zwei Unternehmen fusionieren, geschieht dies oft durch den Wunsch, mit Kostensenkungen höhere Erträge zu erzielen. Entsprechend zwiespältig sind die Gefühle der Top-Entscheider, wenn sie vor die Mitarbeitenden treten, um die Fusion zu verkünden – denn nicht selten geht mit ihr ein Stellenabbau einher.

Entsprechend viel Wert legt das Management darauf zu unterstreichen:

  • «Die Fusion ist nötig»,
  • «Wir können die Veränderung meistern» und
  • «Wir werden aus ihr – aufgrund der gebündelten Kräfte – gestärkt hervorgehen und so auch die verbleibenden Stellen sichern.»

Umso ernüchternder ist oft der graue Alltag nach dem Verkünden der Fusion. Denn häufig unterschätzen die Verantwortlichen die Tücken des damit verbundenen Integrationsprozesses – speziell auf der kulturellen Ebene. Denn die Kultur einer Organisation lässt sich anders als deren Strukturen und Prozesse nur begrenzt erfassen. Deshalb nachfolgend fünf wichtige Punkte, die Sie bei einer Fusion beachten sollten.

1. Unsicherheiten und Ängste ernst nehmen

Fusionen lösen wie alle grossen Veränderungen bei den Mitarbeitenden stets Unsicherheiten und Ängste aus – unter anderem, weil es bei ihnen neben Gewinnern auch Verlierer gibt. Oder zumindest Personen und Bereiche, die sich als solche empfinden. Diese meist diffusen Ängste müssen aufgefangen werden. Sonst verdichten sie sich zu Widerständen.

Folgende Ängste können unter anderem zu Widerständen führen:

  • Angst vor einem Arbeitsplatzverlust,
  • Angst vor neuen Aufgaben,
  • Angst vor dem Verlust wichtiger persönlicher Beziehungen (zum Beispiel aufgrund einer Versetzung),
  • Angst vor einem Verlust an Einfluss, Sozial-Prestige und
  • Angst vor geringeren Entwicklungs-/Karriere-Chancen.

Diese Ängste werden umso grösser, je länger die Mitarbeitenden nicht wissen, was auf sie zukommt. Deshalb sollten die Verantwortlichen diese Fragen so schnell wie möglich beantworten. Sonst brodelt die Gerüchteküche, und der Veränderungsprozess rückt für die Mitarbeitenden in ein negatives Licht.

2. Ausreichend informieren und intensiv kommunizieren

Studien zeigen, dass Fusionen oft aus folgenden Gründen scheitern oder nicht die damit verbundenen Ziele erreichen:

  • Die Mitarbeitenden werden zu spät integriert. Und:
  • Die Mitarbeitenden werden fehlerhaft und ungenügend informiert.

Eine Ursache hierfür ist, dass viele Top-Executives überzeugt sind: «Wir sollten die Mitarbeitenden erst informieren, wenn alles ‹in trockenen Tüchern› ist und ein für allemal feststeht – sonst erzeugen wir Unsicherheit.»

In Fusionsprozessen haben viele Entscheidungen jedoch einen vorläufigen Charakter – unter anderem, weil nicht alle Einflussfaktoren und Wechselwirkungen präzis erfasst werden können. Zudem betritt die Organisation mit der Fusion oft Neuland. Deshalb führt die Angst davor, falsch zu informieren, nicht selten dazu, dass die Betroffenen fast keine offizielle Information erhalten. Dieses Informationsvakuum nährt Gerüchte, die wiederum Ängste schüren.

Deshalb sollte im Vorfeld jeder Fusion ein Kommunikationskonzept erstellt werden – mit folgenden Zielen:

  1. Verständnis für die Notwendigkeit der Fusion schaffen,
  2. Vertrauen für die damit verbundenen Entscheidungen aufbauen,
  3. Akzeptanz bei den Mitarbeitenden (und Geschäftspartner*innen) erzeugen,
  4. Motivation für die einzelnen Schritte erzeugen und
  5. eine Basis für die Identifikation mit der neuen Organisation schaffen.

3. Kulturelle Unterschiede wahr- und ernst nehmen

Jedes Unternehmen hat seine eigene Geschichte und Kultur. Fusionieren zwei Organisationen, entbrennt meist ein Kampf um das neue Leitbild. Bei einer fehlenden Steuerung gewinnt meist die besser positionierte Organisation, selbst wenn eine «Hochzeit unter Gleichen» verkündet wird. Dies verstärkt die Ressentiments der Mitarbeitenden der «unterlegenen» Organisation.

Daher empfiehlt es sich, bei Fusionen eine Analyse durchzuführen, welche Elemente in den Kulturen beider Organisationen die Zielerreichung fördern und deshalb in die neue, gemeinsame Kultur einfliessen sollten.

4. Trauer akzeptieren und respektieren

Gerade in Unternehmen mit einer langen Historie sind die Mitarbeitenden oft stolz auf «ihr Unternehmen». Bei einer Fusion bricht nicht selten ein Teil dieser Identität weg. Vielen altgedienten Mitarbeitenden fällt es schwer, sich von den bisherigen Ritualen und Gepflogenheiten zu verabschieden. Sie trauern.

Im Privatleben gehen wir davon aus: Ein «Abschiednehmen» erfordert Zeit und dieser Prozess kann kaum forciert werden. Im beruflichen Kontext existiert hierfür oft kein Verständnis. Ein vorübergehend lethargisches und manchmal sogar aggressives Verhalten wird häufig nicht als Ausdruck von Trauer interpretiert und respektiert.

Grafik 1 zeigt, wie der Prozess des Sich-Lösens verläuft und dass Menschen meist erst wieder eine neue Bindung eingehen können, wenn die alte «verdaut» ist. Das gilt es beim Planen von Integrationsprozessen zu bedenken.

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Quelle: Dr. Kraus & Partner

5. Vorhandene Energien kanalisieren

Bei Fusionen leben die Mitarbeitenden bis zum Übergang in die neue Struktur oft in einem Schwebezustand:

  • Wie geht es weiter?
  • Was wird aus mir?
  • Gibt es meinen Job nachher noch?

Solche Fragen bewegen sie. In dieser Situation zeigen Mitarbeitende oft folgende Verhaltensmuster:

  • Winterschlaf: Sie machen Dienst nach Vorschrift, folgen nur noch bedingt den Anweisungen ihrer Vorgesetzten usw.
  • Operative Hektik: Sie verfallen in Aktionismus und wollen überall mitmischen, um in einem guten Licht zu erscheinen. Nicht die Qualität der Arbeit, die «Show nach oben» zählt.

Deshalb ist es wichtig, dass die Unternehmensführenden den Führungskräften und Mitarbeitenden in der Übergangszeit Orientierung bieten, damit diese wissen, wie sie sich verhalten sollen. Sonst verpufft viel Energie wirkungslos.

Das Management ist gefordert

Generell gilt: Eine gelungene Integration gibt es nicht zum Nulltarif. In den Monaten und Jahren nach dem Verkünden einer Fusion müssen die Verantwortlichen im Unternehmen viel Energie in das Gestalten dieses Prozesses investieren. Zudem sollte er professionell gesteuert werden – auch um sicher zu stellen, dass bei den (Folge-)Entscheidungen stets die drei Aspekte «Strategie», «Struktur» und «Kultur» beachtet werden (siehe Grafik 2).

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Quelle: Dr. Kraus & Partner

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Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Er ist unter anderem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

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