Agile Führung in drei Schritten
«Agile Führung ist alter Wein in neuen Schläuchen!» Diesen neuen Ansatz von Leadership auf einen Hype zu reduzieren, ist zu kurz gedacht. Im Vergleich zum klassischen Ansatz, kann man damit die jungen Generationen, die sich mehr Einbindung und Mitspracherecht wünschen, wirklich ins Boot holen. Wie agile Führung schrittweise erreicht wird.
Agile Führung: Damit die Zusammenarbeit klappt, muss ein Umdenken stattfinden. (Bild: 123rf)
Anders als in der klassischen Führung hat agile Führung mit Haltung, Werten und systemischem Denken zu tun.
Während sich die klassische – meist hierarchische – Führungskraft als machtvoller Entscheider oder heroischer Einzelkämpfer erlebt, sieht die agile Führungskraft sich als Teil eines Teams. Sie erkennt ihre Aufgabe im Schaffen eines Rahmens, in welchem sehr unterschiedliche Menschen miteinander kooperieren und gemeinsam Ziele erreichen.
1. Einstellung zur eigenen Rolle
Dazu braucht es ein agiles Mindset mit der Bereitschaft zu Selbstreflexion, der Fähigkeit auch andere – vielleicht ungewohnte – Perspektiven einzunehmen und der Offenheit für Neues sowie Transparenz über das eigene Denken und Handeln. Das sind gleichzeitig auch die Voraussetzungen für ein vertrauensvolles und wertschätzendes Miteinander. Und das Miteinander ist einer der relevanten Erfolgsfaktoren von modernen Organisationen.
Um als Führungskraft die eigene Haltung zu reflektieren, helfen folgende Fragen:
- Wie wichtig ist es Ihnen, gebraucht zu werden und wieso?
- Wie leicht fällt es Ihnen, anderen Menschen zu vertrauen?
- Wie einfach ist es, andere Ideen zu akzeptieren?
- Wie sehr freuen Sie sich über den Erfolg anderer?
In vielen Unternehmen verhindert ein starres Mindset die Entwicklung von Menschen, Teams und der ganzen Organisation. Andere Unternehmen haben die Organisation bereits auf agil umgestellt, ohne dabei die Haltung der Führungscrew miteinzubeziehen und jene der Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Das hat zur Folge, dass ein Grossteil der Belegschaft Mühe hat, mit den vielen Veränderungen Schritt zu halten und sich nicht als wertgeschätzter Teil der Organisation fühlt. Das Betriebsklima ist entsprechend schlecht und die besten Mitarbeitenden verlassen dann das Unternehmen.
Einige Unternehmen haben jedoch erkannt, dass die Einstellung der Führungskräfte und Mitarbeitenden wesentlich für den Erfolg ist und deshalb das Thema Mindset bereits in ihre Programme für Führungsentwicklung eingebaut.
Neben der Haltung ist in der neuen Führung die Kooperation ein zentrales Thema.
2. Gemeinsame Werte
Als Grundlage für eine optimale Zusammenarbeit dienen Werte. Werte geben den Menschen Orientierung und ermöglichen es ihnen, ihr Handeln in eine bestimmte Richtung zu lenken. In der agilen Führung geht es also darum, Menschen zusammen zu bringen, die hinter Werten wie Eigenverantwortung, Offenheit, Respekt, Kommunikation oder Mut stehen und auf dieser Grundlage zusammenarbeiten wollen. Dazu müsste man erst wissen, welches die wichtigsten persönlichen Werte sind. Meistens werden Werte erst dann deutlich, wenn sie nicht gelebt werden können. Sich mit den eigenen Werten zu befassen ist jedoch erfolgsrelevant: wirken sie doch meistens unbewusst, beeinflussen aber unser Denken entscheidend und geben unserem Tun die nötige Orientierung.
Einige wenige Fragen genügen, um Klarheit über die eigenen Werte zu gewinnen:
- Was ist Ihnen wichtig im Leben?
- Welche Werte sind Ihnen wichtig im Umgang mit sich selbst?
- Was ist Ihnen wichtig im Umgang mit anderen Menschen (Familie, Freunde, Kollegen, Vorgesetzte)?
- Was ist Ihnen wichtig in der Kommunikation? • Was ist Ihnen wichtig in der Führung?
Wenn sich mehrere Menschen mit unterschiedlichen Stärken auf gemeinsame Werte ausrichten, kommt eine unglaubliche Kraft zusammen.
Aufgabe der Führungskraft ist es, dieser Kraft einen Rahmen zu geben: Ein Spielfeld, in welchem engagierte Mitarbeitenden in selbstorganisierten Teams eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen, fähig sind, sich in einem komplexen Umfeld zu bewegen und dabei die Kundschaft stets im Blick haben. Innerhalb dieser Organisation übernimmt die Führungskraft jeweils unterschiedliche Rollen wie Prozessbegleiter, Moderator, Coach, Experte. Um in diesen Rollen wirkungsvoll zu agieren, hilft es, wenn man systemisch denkt.
3. Systemisch Denken
Neben der Haltung und den Werten unterscheidet sich auch die Art des Denkens vom klassischen Führungsansatz. Während wir in der alten Welt erfolgreich mit dem Ursachen-Wirkung-Prinzip vorangekommen sind, ist heute systemisches Denken die Grundvoraussetzung, um im komplexen Umfeld zu arbeiten. Dazu gehören Aspekte wie
- Lösungsfokus statt Problemorientierung
Die Suche nach der positiven Umdeutung eines Problems, nach Ausnahmen vom Problem, nach dem ersten kleinen Schritt in Richtung Lösung - Ressourcenorientierung statt Defizitdenken
Von der Annahme ausgehen, dass jedes System bereits über alle Fähigkeiten und Kräfte verfügt, um das Problem zu lösen. - Fokus auf Beziehungen
Wertschätzend gegenüber Menschen und ihren bisherigen Lösungsversuchen sein. - Selektive Wahrnehmung vermeiden
Vorurteile kennen und bewusst ohne Bewertung gegenüber Personen, deren Probleme und Lösungsversuche treten. - Funktionales Denken
Gezielt positive Aspekte suchen, die hilfreich für die Lösung sind. - Ambiguitätstoleranz
Verständnis und Toleranz für verschiedenen Herangehensweisen, zum Beispiel bei der Zusammenarbeit zwischen strukturierten und kreativ-chaotischen Menschen. - Zirkulär denken statt Ursache-Wirkungs-Prinzip
Verschiedenen Wirkkräfte und Wechselwirkungen untersuchen, statt nur auf einen Aspekt zu fokussieren. - Perspektive erweitern
Offen für Meinungen und Bedürfnisse anderer und die Vielfalt als Wert.
Es lohnt sich für jede Führungskraft, die eigene Haltung zu hinterfragen, seine Werte zu kennen und eigene Denken zu reflektieren und allenfalls neu auszurichten. Nur so können Sie die jungen Generationen für die Zusammenarbeit gewinnen. Das ist in Zeiten des Fachkräftemangels und in Zukunft erfolgsrelevant.