Sich als Sparringpartner betrachten und nicht als Konkurrenten
Simone Schori, Leiterin Personaldienst bei ERZ Entsorgung + Recycling Zürich, setzt auf gegenseitigen Respekt und Kommunikation in ihrem 13-köpfigen HR-Team, in dem das jüngste Mitglied 25 und der älteste Mitarbeitende 61 ist. Die Altersspanne von fast 40 Jahren trage nicht zu Generationenkonflikten bei, sie spüre den Altersunterschied im Team nicht, sagt die 39-jährige Personalleiterin. «Die gegenseitige Hilfsbereitschaft ist sehr gross, wir haben einen guten Austausch und lachen auch viel zusammen. Mir ist ausserdem wichtig, dass wir uns gegenseitig als Sparringpartner betrachten und nicht als Konkurrenten.» Dasselbe Denken will sie im Wissenstransfer vermitteln: Ein vor der Pensionierung stehender Mitarbeitender soll sich nicht unnütz vorkommen gegenüber den jüngeren Mitarbeitenden, sondern nochmals durchstarten können. «Wir haben beispielsweise einen älteren Mitarbeiter vom Tagesgeschäft entbunden und ihm die Leitung eines Bauprojektes übertragen. So steht er seinen Nachfolgern mit seinem Know-how und auch mit seinem Kontaktnetz noch zur Verfügung, kann sich aber gleichzeitig nochmals selber einbringen», erklärt Schori. Mit solchen Aufgabenveränderungen oder -erweiterungen wird erreicht, dass sich die Älteren von den Jüngeren nicht entmachtet und auf das Abstellgleis gedrängt fühlen.
Simone Schori wurde vor eineinhalb Jahren zur Personalleiterin und zum Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung des Unternehmens mit seinen 850 Mitarbeitenden ernannt. Den Respekt der durchweg älteren GL-Mitglieder habe sie sich bereits in früheren Projekten erarbeitet, sagt Schori, da sie bereits seit über zwölf Jahren im Unternehmen in verschiedenen Funktionen tätig war. «Ich wurde im Management Team sofort als vollwertiges und gleichberechtigtes Mitglied aufgenommen und akzeptiert.» Der Altersunterschied in der GL sei nur in einem Punkt spürbar: «Ältere Mitarbeitende sind etwas ruhiger – und sie verzeihen uns Jüngeren, wenn wir in der jugendlichen Euphorie zu schnell vorpreschen.»
Die ruhige, besonnene Art des älteren Vorgesetzten schätzt auch Mario Zanandrea. Der 33-Jährige leitet seit September 2007 das Personalwesen bei der Grosspeter AG, einem in der Automobilbranche tätigen KMU mit rund 250 Mitarbeitenden.
«Die Arbeit mit meinem neuen Chef gestaltet sich äusserst angenehm, seine Gelassenheit und Offenheit sind sehr bereichernd», sagt Zanandrea. Nie habe er von seinem 46-jährigen Chef zu hören bekommen, er habe keine Zeit für ihn, er sei im Stress. «Er hat sowohl für mich wie auch für die anderen Mitarbeitenden immer ein offenes Ohr.» Zudem schätzt der Personalleiter, dass der CEO neue Ideen und Vorschläge kritisch begutachtet, aber nie von vornherein ablehnt, dass er sehr dynamisch und innovativ ist. «Er ist geistig jünger als mein früherer Vorgesetzter in einer anderen Firma, der zwar vom Geburtsdatum her jünger war, aber nicht im Denken.»
Zanandrea glaubt, dass ein «jugendlicher Geist» sowohl von der Persönlichkeit wie auch vom Erfahrungshintergrund abhängt. «Mein früherer Chef war der Enkel des Firmengründers, das Familienunternehmen war sehr prozessorientiert und auch hierarchisch ge-gliedert. Neuerungen anzustossen war dort sehr schwierig», erläutert Zanandrea. Ein anderer ehemaliger weiblicher CEO schien Zanandrea geprägt von der Männerwelt in der Metallindustrie: «Sie führte äusserst direktiv, war nicht sehr persönlich und eher kurz angebunden», sagt Zanandrea über die damals über 50-jährige Chefin. Sein aktueller Chef bei Grosspeter komme aus dem Bereich Marketing und Verkauf und die Zusammenarbeit mit ihm sei aufgrund seiner Aufgeschlossenheit und seiner kommunikativen Art weitaus angenehmer als mit den früheren Vorgesetzten.
Erfahrene CEOs werden als Vorbilder geschätzt
Auch die anderen drei Personalverantwortlichen beschreiben die Zusammenarbeit mit den älteren Vorgesetzten als durchweg positiv. Für Corinne Hansen ist der 59-jährige CEO ein Mentor, von dem sie viel lernen kann. Er sei extrem offen, flexibel, unvoreingenommen und jung im Geist. «Wenn er nicht weisse Haare hätte, würde man ihm sein Alter nicht anmerken. Im Wesen ist er alterslos», sagt Corinne Hansen.
Simone Schori schätzt an ihrem 61-jährigen CEO, dass er ein «unheimlicher Schnelldenker» sei, der Zusammenhänge sofort erfasse und durch seine globale Perspektive Themen aufwerfe, an die sie nicht immer selber denke. «Von seiner Denkweise habe ich schon viel profitiert, ebenso wie von seinem Kontaktnetz, das er mir zugänglich macht», sagt Schori. Die fruchtbare Zusammenarbeit wird durch eine positive altersbedingte Veränderung abgerundet: «Mein Chef ist mit dem Alter ruhiger und geduldiger geworden», sagt die Personalleiterin, die den CEO schon seit über zehn Jahren kennt.
Auch für Stephan Wittmann ist klar: «Am meisten profitiert man von einem erfahrenen Vorgesetzten.» Wobei für ihn weniger das Alter als die Erfahrungen entscheidend sind. Wittmann schätzt erfahrene Vorgesetzte als Sparringpartner, die auch unkonventionelle Ideen auf ihre Machbarkeit hin überprüfen und mit ihm zusammen diskutieren. «Wichtig ist, dass man sich auch bei unterschiedlichen Meinungen auf einem guten Niveau einigen kann. Beim Jüngeren setzt das voraus, dass er nicht um jeden Preis seine Maximallösung durchsetzen will, und beim Älteren, dass er den Jüngeren machen lässt, selbst wenn ihm dessen Ansatz zu weit geht. Eine solche Lösungssuche braucht von beiden Seiten Toleranz und Vertrauen», beschreibt Wittmann eine optimale Zusammenarbeit zwischen den Generationen. «Allerdings», erzählt der heute 42-Jährige, «spüre ich nun selber, wie schwierig dieses Machenlassen ist. Seit jüngere Kollegen mit ihren Ideen an mich herantreten, die mir etwas zu weit gehen, merke ich, dass mir wohl noch die gewisse Altersgelassenheit fehlt.» Doch, sagt Wittmann lachend, er sei im Lernprozess.