Arbeitszeiten anordnen – erfassen – bewilligen – abrechnen
(Illustration: Jonas Raeber)
Mit einem Zeiterfassungssystem lässt sich die Wochenarbeitszeit automatisch ermitteln. Ohne Zeiterfassungssystem – also mit so genannter Vertrauensarbeitszeit – wäre dies wohl eher schwierig. Niemand kann per Gefühl wissen, wie viele Wochenstunden geleistet wurden. Das Unternehmen muss wissen, welcher Betriebskategorie das Unternehmen und welcher Mitarbeiterkategorie der Mitarbeiter zuzurechnen ist.
Sind die Grenzwerte für die Höchstarbeitszeit bekannt und richtig parametriert, dann ist ein Zeiterfassungssystem in der Lage, die massgebende Höchstarbeitszeit auszuweisen. Dies ist jedoch nur die erste Hürde, die ein modernes Zeiterfassungssystem zu nehmen hat. Ein komfortables Zeiterfassungssystem kann es dem Management eines Unternehmens ermöglichen, aus der Pflicht zur Ausweisung der Höchstarbeitszeit, Überzeit und Überstunden eine Kür in deren Anordnung, Bewilligung und Abrechnung zu machen. Hierzu sollte es so parametrierbar sein, dass Überzeiten nur dann angerechnet werden, wenn sie angeordnet und bewilligt wurden. In einem Arbeitszeitreglement wird festgehalten, wer für die Anordnung und Bewilligung von Überzeit berechtigt ist. Ohne eine solche Regelung läuft ein Unternehmen Gefahr, dass nach Belieben Stunden angehäuft werden.
Sie spüren es: Zeiterfassungssysteme sind Führungsinstrumente, ersetzen aber nicht die Führungskraft und das aktive Führen. Ein modernes Zeiterfassungssystem weist also die Stunden nicht nur aus. Es unterstützt auch den Führungsprozess der Anordnung, Bewilligung und Abrechnung von Überzeiten und Überstunden optimal. Ein Zeiterfassungssystem stellt den Führungskräften elektronische Zähler zur Verfügung, mit denen sie die Zeitkonti ihrer Mitarbeitenden überwachen können. Von Mitarbeitenden wird eine gewisse Bereitschaft für einen flexiblen Arbeitseinsatz erwartet. Dies ist im Hinblick auf eine optimale Produktivität wichtig. Mitarbeitende sollen ihren Arbeitseinsatz also nach Möglichkeit dann leisten, wenn die Arbeit anfällt.
Diese Bereitschaft zur Flexibilität geht in der Praxis dann aber auch einher mit dem Wunsch der Mitarbeitenden, die geleisteten Mehrstunden durch Freizeit kompensieren zu dürfen. Ein Unternehmen kann (je nach konkreter Rechtslage) geltend machen, dass Überzeit gemäss Arbeitsgesetz erst ab einer jährlichen Gesamtmenge von 61 Stunden zwingend ausbezahlt werden muss. Diese Regelung aus dem Zeitalter der Industrialisierung wird heute in der Praxis jedoch eher selten angewendet. Seit den 1990er-Jahren haben wir einen wichtigen Paradigmenwechsel durchlebt, dem der Gesetzgeber mehr und dringendere Beachtung schenken könnte. Im heutigen Zeitalter der Flexibilität ginge es darum, Mitarbeitende und Unternehmen vor zu viel Flexibilität zu schützen. Aus der Zeitforschung gibt es hierzu wichtige Hinweise, wie solche Regelungen in Zukunft aussehen könnten oder müssten, um die Unternehmen funktionsfähig und die Mitarbeitenden gesund zu erhalten.