HR Today Nr. 11&12/2022: Fokus Forschung - Zivildienst

Auslaufmodell Milizsystem?

Inwiefern das erwerbsbedingte gleichzeitige Leben an mehreren Orten ein Hemmfaktor für zivilgesellschaftliches Engagement darstellt, untersuchte eine deutsche Forschungsgruppe.

Nebst der Arbeit einem politischen Milizamt nachzugehen, gehört für manche Arbeitnehmende in der Schweiz immer noch zum Alltag. Gemäss Daten des Bundesamts für Statistik interessierten sich 2016 aber nur noch 38'000 Personen in der Schweiz dafür. 1997 waren es noch rund 107 000 Personen. Kein Wunder, bekunden immer mehr Gemeinden Mühe, Bürgerinnen und Bürger für ein Milizamt zu begeistern. In Zeiten der zunehmenden Globalisierung dürfte ausserdem das Arbeiten ausserhalb des Wohnorts zunehmen.

Doch welchen Effekt hat eine hohe erwerbs­bedingte Multilokalität aufgrund der Arbeit auf das zivilgesellschaftliche freiwillige Engagement? Dieser Frage ist eine Forschungsgruppe des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung aus Wiesbaden in Deutschland nachgegangen. Anhand quantitativer Längsschnittdaten des sozioökonomischen Panels deutscher Privathaushalte sowie qualitativer Daten aus leitfadengestützten Interviews mit Personen, die infolge ihrer Arbeit nicht zuhause übernachten können, analysierten die Forschenden den Effekt der erwerbsbedingten Multilokalität auf das zivilgesellschaftliche Engagement. Die quantitativen Daten zeigen einen deutlich negativen Effekt der Multilokalität auf das zivilgesellschaftliche Engagement: Mit dem Beginn der Multilokalität eines Arbeitnehmenden ist eine Reduktion des zivilgesellschaftlichen Engagements zu erkennen. Weiter lässt sich aus den Interviews folgern, dass die regelmässigen An- und Abwesenheiten am Herkunfts- und Zielort als auch die zusätzliche Belastung in Form reduzierter zeitlicher und psychischer Ressourcen zur Erklärung eines negativen Zusammenhangs herangezogen werden können.

Trotz negativem Effekt der Multilokalität auf das zivile Engagement gibt es insbesondere von Grossunternehmen bedeutende Ansätze, das zivilgesellschaftliche Engagement der Mitarbeitenden zu fördern. So erfreuen sich unternehmerische Volunteering-Einsätze seit Jahren einer grossen Beliebtheit. Doch auch der Ruf nach gesellschaftlicher Verantwortung scheint bei Schweizer Grossunternehmen, welche die Milizarbeit der Arbeitnehmenden fördern, Früchte zu tragen. Unlängst lancierten mehrere SMI-kotierte Unternehmen diverse Fördermassnahmen für Milizpolitikerinnen und -politiker. Der erste Stein ist gelegt – weitere dürften folgen und das Bewusstsein für die Bedeutung von Milizämtern steigen.

Quelle: Rüger, H., Greinke, L., & Skora, T. (2022). Reduziert erwerbsbedingte Multilokalität das zivilgesellschaftliche Engagement? Ergebnisse für Deutschland anhand von quantitativen und qualitativen Daten. Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning, 80(4), 479-496.

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Wunsch nach Agilität

Die Forschenden Schellinger und Bänziger (2022) setzen sich anhand qualitativer Interviews mit dem Wunsch von Unternehmen nach Agilität auseinander. Das Ergebnis der empirischen Untersuchung verdeutlicht, dass gewisse Grundhaltungen und Umsetzungsgrade bezüglich Agilität sich hinsichtlich Unternehmensgrösse aber auch Branche weiterhin deutlich unterscheiden und legt nahe, dass die «Agilisierung» noch immer in den Kinderschuhen steckt. Das gilt auch bezüglich HRM im Kontext der zunehmenden Agilität von Unternehmen.

Schellinger, J., Bänziger, J. (2022). Agiles Human Resource Management. In: Schellinger, J., Tokarski, K.O., Kissling-Näf, I. (eds) Resilienz durch Organisationsentwicklung. Springer Gabler, Wiesbaden.

Stellenwert von Teilzeitarbeit

Eine neue Studie von Ganzfried Couderc und Mäder (2022) zeigt den hohen Stellenwert von Teilzeitarbeit in der Schweiz. 37 Prozent der Erwerbsbevölkerung arbeitet weniger als 90 Prozent. Die Studie verdeutlicht die vielen Chancen, die Teilzeitarbeit für Unternehmen bieten. So können beispielsweise Fachkräfte einfacher rekrutiert werden. Zudem ermöglichen flexible Arbeitsmodelle eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und können somit eine Win-win-Situation für Arbeitgebende und Arbeitnehmende sein.

Ganzfried Couderc, Miriam; Mäder, Gwendolin (2022). Teilzeitarbeit in der Schweiz: steigende Bedeutung, Herausforderungen und Chancen. Eine Spurensuche in der Literatur und bei ausgewählten Unternehmen. Zürich/Bern: Schweizerische Bundesbahnen, SBB.

Digitale Transformation als Schlüssel

Der Wunsch nach erhöhter Digitalisierung von Betrieben dürfte auch nach der Pandemie weiter wachsen. Die Publikation von Brenner und Brenner (2022) zeigt anhand Interviews mit diversen CIOs (Chief Information Officer), dass die Kompetenz der CIOs auch künftig und insbesondere im Zuge der verstärkten digitalen Transformation von Unternehmen eine entscheidende Schlüsselfunktion für Unternehmen darstellen wird.

Brenner, W., Brenner, B. Digitalisierung: Welche Rolle spielen CIOs heute und in Zukunft? HMD 59, 741–761 (2022).

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Claudio Zihlmann ist Doktorand am Center für Human Resource Management und Leiter MAS in Effective Leadership Universität Luzern.

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