HR Today Nr. 9/2022: Fokus Forschung - Unternehmensethik

Amoralisches Management

Moralische Fragen sind oft mühsam, heikel und komplex. Wäre es nicht besser, diese aus Managementaufgaben auszuklammern? Das sagt die Forschung dazu.

Theoretisch gibt es für das Management drei Möglichkeiten, mit Moral umzugehen.

  1. Erstens: Es versucht, bestimmte moralische Werte und Normen umzusetzen. Dann sprechen wir von moralischem Management.
  2. Zweitens: Im Management wird gegen moralische Werte und Normen verstossen, etwa indem Manager lügen, betrügen und einander über den Tisch ziehen. Das nennen wir unmoralisches Management.
  3. Die dritte Variante ist, moralische Werte und Normen auszublenden und Management als rein technisches Handwerk zu verstehen. Das können wir als amoralisches Management bezeichnen.

Konsequenzen fehlender Unternehmensethik

Doch was passiert, wenn Führungspersonen moralische Werte und Normen aus ihrer Aufmerksamkeit, ihrer Agenda und ihrem Programm streichen?

Dieser Frage ging ein Forschungstrio dreier verschiedener US-amerikanischer Universitäten nach. Dazu führte das Team drei Studien durch. Eine erste, um Skalen zur Messung von amoralischem Management zu definieren. In einer zweiten wurden Führungspersonen und ihre Unterstellten befragt und in einer dritten wurde die zeitverschobene Wirkung analysiert. Dabei stachen zwei Erkenntnisse heraus:

  • Je amoralischer eine Führungsperson handelt, desto geringer ist das moralische Engagement ihrer Mitarbeitenden und desto ausgeprägter deren unmoralisches Verhalten.
  • Je moralischer die Führungskultur ist, desto ausgeprägter ist der negative Effekt von amoralischen Führungspersonen auf das moralische Engagement und in der Folge auf das moralische Verhalten der Mitarbeitenden.

Vorbildsfunktion von Führungskräften

Für die Praxis lässt sich folgern:

  • Mitarbeitende orientieren sich in ihrem Verhalten an jenem der Vorgesetzten. Je amoralischer diese sind, desto unmoralischer handeln ihre Unterstellten.
  • Die Vorbildwirkung der Vorgesetzten ist stärker als die Führungskultur, zumindest im Bereich des moralischen Handelns. In Analogie zu Peter Druckers «Culture eats Strategy for Breakfast» kann man formulieren «A Leader eats Culture for Breakfast».
  • Amoralisches Management kostet in Form von Betrug, Diebstahl, Fälschungen, Konflikten und Indiskretionen. Deshalb lohnt es sich, in Massnahmen zu moralischem Management zu investieren.

Moralische Fragen aus dem Management auszuklammern, kann nicht nur teuer werden, letztlich ist es auch illusorisch. Unternehmen sind keine Naturprodukte, sondern wurden von Menschen mit deren Vorstellungen des Guten, Gerechten und Vernünftigen geschaffen. Damit sind moralische Motivationen und das Grundbedürfnis verbunden, in moralisch gutem Licht dazustehen.

Quelle:

Quade, M.J., Bonner, J.M. & Greenbaum, R.L. (2022). Management without morals: Construct development and initial testing of amoral management. Human Relations, 75(2), 273-303.

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Weiteres zum Thema «Ethisch führen und managen»:

 

Vertrauen als Basis

Vertrauen ist zentral für uns Menschen und scheint doch oft zu fehlen. Tendenziell versuchen wir dann, Vertrauen zu meiden oder zu umgehen. Wir wollen die Kontrolle behalten, richten uns im Vertrauten ein und meiden Spontanität und Unvorhersehbares. Doch weshalb fürchten wir uns davor zu vertrauen, wenn wir uns doch zugleich danach sehnen?

Antworten auf diese Frage liefert Martin Hartmann, Philosoph, Publizist und Dekan der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an der ­Universität Luzern. bit.ly/Alle_wollen_Vertrauen

Wissenschaft als Orientierungshilfe

Welche Rolle spielt die Wissenschaft? Im ­seinem Vortrag an der Universität Luzern mit dem Titel «Wissen schaffen durch Wissenschaft – Orientierungshilfe für die globalisierte Gesellschaft» beleuchtet Richard David Precht die Rolle der Wissenschaften.

Er geht der Frage nach, was diese sind, was sie leisten und inwiefern sie immer noch eine Orientierungshilfe sind. Darüber hinaus geht er den Einwänden und der Skepsis nach, welche den Wissenschaften heute entgegenschlagen. bit.ly/Wissen_schaffen_durch_Wissenschaft

Die Rolle von Strategic HRM in Krisenzeiten

Welche Rolle spielt das Strategische HRM im Kontext von disruptiven Umweltentwicklungen? Welche Bedeutung haben Emotionen und die Unterstützung von Beschäftigten? Was heisst Resilienz im Global Talent Management von multinationalen Unternehmen? Welche Rolle hat das Vertrauen in Regierungen?

Die neuste Ausgabe der Zeitschrift «Human Resource Management» widmet sich empirisch ausgewählten Fragen des Strategic HRM im Licht der Covid-19-Erfahrungen. Kim, S., Vaiman, V., & Sanders, K. (2022). Special Issue: Strategic human resource management in the era of environmental disruptions. Human Resource Management, 61(3).

 

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Prof. Dr. Bruno Staffelbach ist Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und Direktor des Centers für HRM an der Universität Luzern.

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