HR Today Nr. 3/2021: Serie – Berufliche Vorsorge

Bewältigung der Covid-19-Epidemie: Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge

Die Corona-Krise hat die Schweiz immer noch fest im Griff. Doch welche Massnahmen gelten, um die wirtschaftlichen Folgen in der beruflichen Vorsorge abzufedern, und welche Erleichterungen bringen sie für die Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden?

1. Verwendung der Arbeitgeberbeitragsreserve auch für Arbeitnehmerbeiträge

Der Bundesrat hat gestützt auf das Covid-19-Gesetz die «Covid-19-Verordnung berufliche Vorsorge» erlassen und beschlossen, dass Arbeitgebende für die Bezahlung der Arbeitnehmerbeiträge an die berufliche Vorsorge die von ihnen angehäuften Arbeitgeberbeitragsreserve verwenden dürfen. Diese Regelung ist am 12. November 2020 in Kraft getreten und gilt bis zum 31. Dezember 2021 (1). Die Covid-19-Verordnung ist für Pensionskassen, aber auch für Wohlfahrtsfonds mit Arbeitgeberbeitragsreserven und für Finanzierungsstiftungen relevant. Auf schriftliche Mitteilung des Arbeitgebenden dürfen sie nicht nur Arbeitgeberbeiträge, sondern bis Ende 2021 auch Arbeitnehmerbeiträge aus der Arbeitgeberbeitragsreserve an die Pensionskasse bezahlen.

Diese Vorgehensweise ermöglicht es Unternehmen, die über eine Arbeitgeberbeitragsreserve bei ihrer Pensionskasse oder­ ihrem Wohlfahrtsfonds verfügen, allfällige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Für die Arbeitnehmenden ändert sich dabei nichts. Diese Regelung galt bereits während der ersten Covid-19-Welle, gestützt auf das Notverordnungsrecht des Bundesrates bis Ende September 2020.

2. Leistungen von Wohlfahrtsfonds bei Kurzarbeit als Folge der Corona-Pandemie

Etliche Unternehmen verfügen über eine Finanzierungsstiftung oder einen Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen (2). Diese ­Stiftungen sind Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, erbringen jedoch keine reglementarischen Leistungen. Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen können nebst Leistungen der beruflichen ­Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Tod und Invalidität auch Leistungen in Notlagen wie bei Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit erbringen. Sie haben dabei die Prinzipien der Gleichbehandlung und der Angemessenheit sinngemäss zu beachten. Eine Übernahme von Verpflichtungen des Arbeitgebenden ist verpönt; es darf kein Rückfluss von Stiftungsmitteln an den Arbeitgebenden erfolgen.

Während der Corona-Krise sahen sich viele Unternehmen gezwungen, für ihre Belegschaft Kurzarbeit einzuführen. Bei Kurzarbeit ist der Arbeitgebende nur verpflichtet, die Kurzarbeits­entschädigung der Arbeitslosenversicherung in Höhe von 80 Prozent des Verdienstausfalls vorzuschiessen (3). Der verbleibende Verdienstausfall von 20 Prozent geht grundsätzlich zulasten des betroffenen Arbeitnehmenden. Gerade bei tiefen und mittleren Löhnen kann das für Angestellte und deren Familie aber sehr einschneidend sein (4).

In ihrer Mitteilung M–02/2020 vom 6. Mai 2020 erachtet es die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) mit dem Ziel und Zweck von Wohlfahrtsfonds vereinbar, dass diese gemäss Art. 89a Abs. 7 ZGB Leistungen bei Kurzarbeit als Folge und während der Dauer der Corona-Pandemie übernehmen können (5). Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen und Finanzierungsstiftungen dürfen somit grundsätzlich den 20-prozentigen Verdienstausfall, der bei der Belegschaft durch den Bezug von staatlicher Kurzarbeit entsteht, ganz oder teilweise übernehmen (6). Der volle Verdienstausfall beträgt derzeit maximal 12 350 Franken pro Person und Monat. Die maximale vom Wohlfahrtsfonds zu tragende Differenz beträgt somit 2470 Franken pro Person und Monat. Für arbeitgeberähnliche Angestellte, das heisst Personen mit massgebenden Entscheidbefugnissen und ihre Ehegatten, bestehen allerdings Einschränkungen.

Der Stiftungsrat des Wohlfahrtsfonds entscheidet über Leistungen bei Kurzarbeit als Folge der Corona-Pandemie. Er lässt sich ­hierfür vom Arbeitgebenden den Antrag und die Abrechnung von Kurzarbeitsentschädigung vorlegen. Im Einzelnen wird auf die ­Mitteilungen 02/2020 der OAK BV verwiesen. Hilfreich ist im Weiteren der von PatronFonds entwickelte Leitfaden, der auf Anfrage bezogen werden kann (7). Eine Anfrage von PatronFonds bei der OAK BV ergab, dass Wohlfahrtsfonds von dieser Massnahme der Übernahme des 20-prozentigen Verdienstausfalls bis Ende Dezember 2021 zugunsten der betroffenen Arbeitnehmenden Gebrauch machen dürfen.

Verfügt ein Unternehmen über einen Wohlfahrtsfonds und muss es Kurzarbeit einführen, kann eine solche Leistung des Wohlfahrtsfonds eine grosse Entlastung für die betroffenen Arbeitnehmenden darstellen. Es empfiehlt sich deshalb, dass ein Unternehmen, das Kurzarbeitsentschädigung beansprucht, bei seinem Wohlfahrtsfonds vorstellig wird und dem Stiftungsrat ein Gesuch um Übernahme des 20-prozentigen Verdienstausfalls für die betroffenen Arbeitnehmenden stellt.

Quellen:

  • 1) «Covid-19-Verordnung berufliche Vorsorge», SR 831.471
  • 2) Art. 89a Abs. 7 f. ZGB
  • 3) Art. 34 AVIG, SR 837.0
  • 4) Tieflöhne berechtigen in der Zeit vom 1. Dezember 2020 bis 31. März 2021 zu einer höheren staatlichen Kurzarbeitsentschädigung (Art. 17a Covid-19-Gesetz, revidiert vom Parlament am 18. Dezember 2020, SR 818.102). Die reguläre 80-prozentige Verdienstausfallentschädigung gilt in dieser Zeitperiode erst ab einem monatlichen Einkommen für ein Vollzeitpensum von 4340 Franken. Link zum Covid-19-Gesetz: fedlex.admin.ch/eli/cc/2020/711/de
  • 5) Mitteilung der OAK BV
  • 6) vgl. COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung vom 20. März 2020, SR 837.033, in Verbindung mit dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG, SR 837.0
  • 7) info@patronfonds.ch; Link zu PatronFonds: patronfonds.ch
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Yolanda Müller, Rechtsanwältin, CAS Berufliche Vorsorge (IRP-HSG), Basel, dufour-advokatur.ch

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