«BGM kostet in erster Linie Bereitschaft und Zeit, nicht Geld»
Gesunde und motivierte Mitarbeitende sind der Schlüssel für nachhaltigen Unternehmenserfolg. Was betriebliches Gesundheitsmanagement dazu beiträgt und wie es auch kleinere Unternehmen implementieren können.
«Mitarbeitende, die im Job genau das tun, was sie gut und gerne machen, leistungsbereit sind und auch einmal einen Extraeffort leisten, sind für Unternehmen Gold wert», sagt BGM-Beraterin und Arbeitspsychologin Corinne Baumgartner von Conaptis. Zufriedene und zahlende Kunden, die ein Unternehmen zum Überleben braucht, liessen sich mit einer solchen Belegschaft deutlich einfacher erreichen. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) könne dabei helfen, ist Baumgartner überzeugt. Denn BGM trägt dazu bei, gesundheitsrelevante Faktoren im Betrieb systematisch zu optimieren, und arbeitet darauf hin, arbeitsbedingten Krankheiten und Unfällen vorzubeugen, die persönliche Gesundheit und Motivation zu stärken und die Leistungsfähigkeit zu fördern.
Individueller Einstieg
Für eine nachhaltige Umsetzung von BGM ist es oft erfolgsversprechend, auf verschiedenen Interventionsebenen aktiv zu werden (vgl. Tabelle 1): erstens gesunde Rahmenbedingungen anstreben (Organisation entwickeln), zweitens die Führung wie auch die Mitarbeitenden befähigen (Personal- und Führungsentwicklung) und die dritte Ebene betrifft das individuelle Gesundheitsverhalten. Der Einstieg könne auf unterschiedliche Weisen gelingen. «Als Anfangsschritt empfehlen wir allerdings, sich klar darüber zu werden, was mit dem geplanten BGM verbessert werden soll», betont Baumgartner. Ist die angestrebte Wirkung definiert, können Unternehmen konkrete Schritte planen (vgl. Tabelle 2 mit Beispielen für Einstiegsmöglichkeiten).
Um BGM nachhaltig zu betreiben, sei es zudem hilfreich, ein paar zentrale Punkte zu regeln, «insbesondere wer verantwortlich ist für die Umsetzung, Koordination und Steuerung des BGM sowie die Zusammenarbeit mit verschiedenen Schlüsselfunktionen wie beispielsweise Arbeitssicherheit oder Case Management», führt Baumgartner aus. «All diese Überlegungen inklusive der angestrebten BGM-Ziele und deren Evaluation sollten in ein übersichtliches Konzept einfliessen. Dieses gibt den Schlüsselpersonen im Betrieb Struktur und Richtung vor und dient dazu, das BGM-System von oberster Stelle absegnen zu lassen.»
Hoher Return on Investment
«Themen wie Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit gehören mittlerweile bei vielen Unternehmen fix zur Betriebs- respektive Führungskultur», ist Baumgartner überzeugt. Wird diesen Bereichen weniger Beachtung geschenkt, mache sich das in der Regel durch hohe Absenzzahlen, Langzeitausfälle oder unerwünschte Abgänge bemerkbar. «BGM ist eine Investition, deren hoher Return on Investment mehrfach nachgewiesen ist.» Wichtig sei, BGM als Teil der Unternehmenskultur zu sehen und nicht als «Selbstbedienungskiosk» mit immer neuen, kostspieligen Angeboten. Bei BGM gehe es um das Wie und nicht um «immer mehr». So sollte man lieber das Thema «Belastungen und Überlastung» auf dem Radar haben, als Überlegungen zu immer neuen Entspannungsangeboten oder Fitessvergünstigungen anzustellen. «Die Gesundheitsperspektive in den Führungsalltag und in die betrieblichen Prozesse zu integrieren, kostet in erster Linie Bereitschaft und Zeit, nicht Geld», ist Baumgartner überzeugt.
Bonuspunkt: Arbeitgeberattraktivität
BGM entfaltet seine volle Wirkung nur dann, wenn es integrierter Bestandteil der Organisation, des Betriebsalltags und der Kultur wird. Ob das der Fall sei und BGM funktioniere, zeige sich auch in Ausnahmesituationen: «Gerade in Corona-Zeiten konnten Betriebe mit einem gut funktionierenden BGM den Mitarbeitenden schnell die nötige Unterstützung bieten», sagt Baumgartner. Beispielsweise in Form von existierenden Anlaufstellen, enger Führung trotz physischer Distanz, regelmässigem Teamaustausch, Tipps zu Homeoffice oder zu psychischer Gesundheit. «Viele Betriebe berichteten mir, dass BGM gerade in den letzten zwölf Monaten an Bedeutung gewonnen hat.»
Betriebe, bei denen die Gesundheitsperspektive vollständig integriert ist, würden zudem als gute Arbeitgeber wahrgenommen, ist die BGM-Beraterin überzeugt. HR-Leute bestätigen ihr immer wieder, dass BGM sowohl für die Mitarbeiterbindung im Unternehmen wie auch für die Rekrutierung wichtig sei. Für Baumgartner wenig erstaunlich, denn «Employer of choice» zu sein, zähle zu den Hauptzielen im BGM. «Bedürfnisse und Erwartungen von (potenziellen) Mitarbeitenden werden so ins Zentrum gestellt, wodurch neben Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit auch die Arbeitgeberattraktivität steigt.» BGM helfe somit, auf veränderte Anforderungen zu reagieren, zukunftsfähig zu bleiben und dadurch nicht zuletzt auch für junge Generationen attraktiv zu sein. «Die Arbeitgeberreputation kann durch die Auszeichnung mit dem Label «Friendly Work Space» zusätzlich gezielt gefördert werden, was insbesondere der Rekrutierung passender Mitarbeitenden zugutekommt.»
Checkliste: In fünf Schritten zum betrieblichen Gesundheitsmanagement
- Wissen, wo der Schuh drückt und was dank BGM verbessert werden soll.
- Verantwortlichkeiten und Aufgaben klären.
- Gezielte Schritte und Massnahmen planen und dabei die Rahmenbedingungen als Interventionsebene genauso berücksichtigen wie die Personal- und Führungsentwicklung und das individuelle Gesundheitsverhalten.
- Die Frage «Wie in den Alltag integrieren?» als Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg betrachten, statt immer mehr Angebote schaffen.
- Wirkung und Qualität regelmässig beurteilen.