Buchtipp

«Das ideale Büro bietet grossen Handlungsspielraum»

Wie können Arbeitswelten gestaltet werden? In der neuen Publikation «Human Office. Arbeitswelten im Diskurs» stellt das Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur der Hochschule Luzern seine Erkenntnisse aus Forschungsprojekten zur Arbeitswelt vor. Co-Autorin Sibylla Amstutz erläutert, wie die Zukunft der Arbeit aussieht.

Frau Amstutz, Ihr Buch trägt den Titel «Human Office». Was ist mit diesem Begriff gemeint?

Sibylla Amstutz: Mit Human Office ist das System – bestehend aus Mensch, Unternehmen, Gebäude und Prozesse – gemeint, welches so ausgelegt ist, dass es den Mitarbeitenden Kontext und Identifikation vermittelt und mit seinen Strukturen einen Beitrag für einen nachhaltigen Umgang mit Mensch und Raum leistet.

Wie sieht das ideale Büro aus?

Das ideale Büro bietet einen grossen Handlungsspielraum auch im Hinblick auf die Art, wie die Aufgaben erledigt werden und Aneignungsmöglichkeiten. Es hat eine vielfältige Arbeitsumgebung, welche die spezifischen Tätigkeiten der Teams sowie Austausch und Begegnung unterstützt. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden Teil des Ganzen sind und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden.

Zur Person

Prof. Sibylla Amstutz ist Architektin. Sie arbeitet seit 2007 am Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur der Hochschule Luzern – Technik & Architektur, wo sie den Fokus Human Building leitet. In ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit beschäftigt sie sich mit dem Thema Arbeitsräume, Interaktion Mensch und gebaute Umwelt und bedürfnisgerechtes Planen und Bauen.

Amstutz, Sibylla; Schwehr, Peter: Human Office – Arbeitswelten im Diskurs. vdf Hochschulverlag AG 2014.

Welche Bedürfnisse sind das?

Zum einen sind das Bedürfnisse nach Privacy (Privatsphäre) und Kontrolle. Zum anderen müssen auch Stressfaktoren, wie Lärm, reduziert werden.

Was braucht es im Büro, um die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu gewährleisten?

Störfaktoren wie Lärm, Unterbrechungen und Ablenkungen müssen möglichst ausgeschaltet werden. Im idealen Büro sind Handlungsspielräume gewährleistet, Teamgeist und gezielt geförderte Zusammenarbeit werden unterstützt, Coaching und Unterstützung bei der Arbeit werden zur Verfügung gestellt.

Kann man jemals allen Mitarbeitern gerecht werden, was die Einrichtung des Büros betrifft?

Vermutlich kann man das nicht. Aber man kann Strukturen schaffen, die vielfältig sind und dadurch unterschiedlichen Voraussetzungen eher gerecht werden.

Was müssen Unternehmen tun, damit sich die Arbeitnehmer mit der Firma identifizieren?

Unternehmen sollen Kreativität der Mitarbeitenden und Motivation fördern und unterstützen. Dies lässt sich am besten mit einem partnerschaftlichen, jedoch leistungsorientierten Führungsstil erzielen.

Plädieren Sie eher für Grossraum- oder Einzelbüros?

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten gerne in einem Einzelbüro arbeiten, weil sie da weniger gestört werden. Die Angst vor grossraumähnlichen Strukturen ist zum Teil tief verwurzelt und teilweise auch begründet. Aus Sicht der Zusammenarbeit und Kommunikation unter den Mitarbeitenden bieten jedoch offene Bürostrukturen Vorteile. So findet spontane Kommunikation deutlich häufiger in solchen Büros statt als in Zellenbüros. Diese Art der Kommunikation dient dem Wissensaustausch und kann Innovation im Unternehmen fördern. Es braucht aber auch in offenen Bürostrukturen Orte, wo sich die Mitarbeitenden zum Arbeiten zurückziehen können.

Was sind die grössten Fehler von heutigen Büros?

Die grössten Fehler sind, wenn Unternehmen nur auf die Flächenkosten schauen und nicht auf die Bedürfnisse und Anforderungen, welche sich aus der Arbeit ergeben. So schneiden zum Beispiel Grossraumbüros, die keine alternativen Arbeits- oder Rückzugsorte anbieten, hinsichtlich Arbeitsleistung schlechter ab, als Grossraumbüros, in denen sich die Mitarbeitenden für konzentrierte Arbeit alleine oder im Team zurückziehen können.

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