Die 6 Stufen der Unzufriedenheit
Unzufriedene Mitarbeitende in Unternehmen kosten einen Haufen Geld. Und je grösser das Unternehmen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeitende unzufrieden sind. Doch oft sind die Beschwerden gar nicht konkret, sondern pauschale Aussagen über eine schlechte Unternehmenskultur. Aber über die Arbeit an konkreten Problemen kann sich auch die Kultur im Unternehmen erheblich verbessern.
Wer zu viel zu tun hat, kann auch unzufrieden werden. (Bild: iStockphoto)
In der Schweiz haben die krankheitsbedingten Absenzen von Arbeitnehmenden einen neuen Höchststand erreicht. Die SonntagsZeitung berichtete kürzlich über den Zusammenhang der erhöhten Absenzen mit Stress und Überlastung am Arbeitsort. Was diese Spirale oft hervorruft oder weiter nach oben treibt, ist die mangelnde Identifikation von Mitarbeitenden mit ihrem Betrieb. Stress wird als viel störender empfunden, wenn die Unternehmenskultur brach liegt. So motivierend ein gutes soziales Umfeld im Beruf ist, so demotivierend ist, wenn man mit Unternehmen, Kollegen oder Mitarbeitenden nicht zurechtkommt. Probleme dieser Art sind jedoch schwer zu fassen, weil die Beschwerden oft diffus und nicht direkt greifbar sind.
Lösungsansatz Gemeinsamkeit
Ein Lösungsansatz kann sein, nicht fassbare Probleme mit fassbaren zu lösen. Dafür muss ein Ventil im Unternehmen geschaffen werden, in dem Mitarbeiter die Möglichkeit haben, ihre Beschwerden frei zu formulieren, ohne dafür kritisiert zu werden. Die international erprobte Managementmethode Adizes schlägt hier zum Beispiel einen Rahmen vor, bei dem in festgelegten Zeitabständen solche Möglichkeiten geschaffen werden. Alle Mitarbeiter einer Organisationseinheit können dabei alles sagen, was sie stört, ohne dafür belangt zu werden. Auch Diskussionen finden noch nicht statt, die Punkte werden gesammelt, bewertet und zu einem späteren Zeitpunkt besprochen. Alle Beschwerden werden in sechs Kategorien aufgeteilt.
6 Stufen der Unzufriedenheit
Drei Kategorien befassen sich mit der Unternehmenskultur:
- 1. Kategorie: betrifft Unstimmigkeiten mit dem Unternehmen
- 2. Kategorie: betrifft Probleme mit Vorgesetzten
- 3. Kategorie: betrifft Störungen im Verhältnis unter Team-Mitgliedern und mit Mitarbeitenden
Klassische Beispiele sind «Ich glaube nicht, dass ich morgen meinen Arbeitsplatz noch habe» oder «Mein Chef übergeht mich» oder «Die Kollegen ignorieren mich». Dies sind alles Punkte, die keinen konkreten Bezugspunkt haben und deshalb schwer zu lösen sind.
Die Kategorien 4, 5 und 6 dagegen befassen sich mit praktischen Verbesserungspotentialen:
- 4. Kategorie: betrifft interne Hemmnissen
- 5. Kategorie: betrifft Schwierigkeiten mit Geschäftspartnern
- 6. Kategorie: betrifft persönliche Probleme oder Probleme im persönlichen Umfeld
Beispiele dafür sind «Unser Lager ist nicht aufgeräumt», «Wir liefern dauernd falsche Ware aus» bis zu «Ich schaffe meine Arbeit nicht mehr». Wenn bei einem Treffen der Mitarbeitende alle diese Beschwerden gesammelt und eingestuft sind, werden sie zusammengefasst und von allen in ihrer Wertigkeit gewichtet.
Aufbau eines Verbesserungssystems
Die gesammelten Punkte sind nun die Basis für den Aufbau eines Verbesserungssystems. Ausgewählte Mitarbeitende aus allen Abteilungen arbeiten in regelmässigen Treffs die Punkte ab. Man beginnt mit Kategorie 6, weil hier am schnellsten Verbesserungen wirksam werden und arbeitet sich systematisch vor.
80 Prozent der Lösungen sind dabei mit gesundem Menschenverstand machbar, nur bei wenigen Projekten braucht man externe Spezialisten. Der Lösungsfortschrift wird so dokumentiert, dass alle Mitarbeiter jederzeit sehen können, wie sich das Verbesserungssystem entwickelt. Die Punkte werden solange bearbeitet, bis das nächste Treffen aller Mitarbeiter stattfindet. Dann entsteht durch Aussagen der Mitarbeiter eine neue Liste, die die Grundlage für die zukünftige Arbeit bildet, somit wird die alte nicht mehr benötigt. Ist das Problem aus dem Vorjahr gelöst, wird es nicht wieder auftauchen, ist es nicht, ist der Punkt wieder dabei oder er war nicht wichtig.
Jährlich meckern
Ein solches System schafft ein Ventil für Mitarbeiterbeschwerden. Durch die gemeinsame Arbeit an den «fassbaren» Problemen steigt das Vertrauen in Kollegen, Chefs und das Unternehmen selbst und die Unternehmenskultur verbessert sich. Beschwerden in diesem Zusammenhang werden zurückgehen. Auch permanente Meckerei wird weniger, weil es eine definierte Lösung gibt, um Probleme im Unternehmen zu besprechen. Sicher kostet ein solches System Zeit, aber das wird durch eine zukünftig bessere Zusammenarbeit mehr als wieder hereingeholt. Das Resultat ist Vertrauen in Kollegen und Mitarbeiter, ein besseres Miteinander und mehr Zufriedenheit für den einzelnen Mitarbeiter. Diese Zufriedenheit führt zu mehr Spass an der täglichen Arbeit, weniger Stress und damit verbundene Krankheiten und nicht zu vergessen mehr Effektivität fürs Unternehmen.