Die berufliche Vorsorge im Bann der Corona-Krise
Die Corona-Krise hat die Weltmärkte erschüttert und auch bei den Pensionskassen eine Sturmwarnung ausgelöst. Um in Krisen gut aufgestellt zu sein, investiert die Stiftung 2. Säule swissstaffing seit ihrer Gründung im Jahr 1985 in diverse Anlageformen und streut so ihre Risiken. Trotz Turbulenzen steht sie heute auf soliden Füssen. Doch wie kann eine Pensionskasse mit der derzeit hohen Unsicherheit in den Märkten umgehen, um auch in Zukunft gesund zu bleiben?
«Wir bauen keine Portfolios, sondern Beziehungen. Wir sprechen uns mit den Partnern ab und fokussieren uns dabei auf die verantwortlichen Portfoliomanager,» erklärt Georg Staub, Präsident der Pensionskasse swissstaffing. (Bild: Shutterstock)
Wie gut eine Pensionskasse aufgestellt ist, lässt sich anhand verschiedener Parameter bestimmen: An vorderster Stelle stehen der Deckungsgrad, die Altersstruktur sowie die Verzinsung der Altersguthaben. Im Sinne einer Risikobeurteilung gilt es für die Stiftungsräte der Pensionskassen, die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen der Corona-Krise abzuschätzen und allfällige Massnahmen in die Wege zu leiten. Auch die Stiftung 2. Säule swissstaffing beobachtet die aktuellen Entwicklungen sehr genau.
Rollende Stresstests helfen bei der Risikoeinschätzung
Die durch Corona verursachten vorübergehenden Börseneinbrüche führten zu Verlusten auf den Aktienquoten der meisten Pensionskassen. Das hatte zur Folge, dass die Deckungsgrade innert kürzester Zeit einen starken Einbruch erlitten. Beim bisherigen Tiefststand der Aktienmärkte im März 2020 lag der geschätzte Deckungsgrad bei der Pensionskasse von swissstaffing bei 127 Prozent. Per Ende August ist er jedoch bereits wieder auf 138 Prozent gestiegen. Das zeigt, dass die Kasse trotz starker Turbulenzen auf den Finanzmärkten auf soliden Füssen steht. Das Alterskapital der aktiven Versicherten konnte zudem während der letzten fünf Jahre mit zwei Prozentpunkten mehr verzinst werden, als der vorgeschriebene Mindestzinssatz vorsieht. So bezahlte die Kasse über die letzten drei Jahre hinweg beispielsweise jährlich drei Prozent anstelle des gesetzlich festgelegten Zinssatzes von einem Prozent.
Diese erfreuliche Ausgangslage ist auch auf die Anlagerendite von jährlich durchschnittlich 6,2 Prozent über die letzten fünf Jahre zurückzuführen. «Hohe Renditen gehen aber auch mit einem höheren Risiko einher. Daher stellt sich in der aktuellen Zeit die Frage, ob die gewählte Anlagestrategie beibehalten werden kann, ohne die Vorsorgeeinrichtung zu gefährden», erklärt Vincent Couson von Nosco Partners AG, Anlageberater der Pensionskasse von swissstaffing. Die Kasse werde deshalb regelmässigen Stresstests unterzogen, bei denen man verschiedene Krisenszenarien simuliert. Beispielsweise eine Wiederholung der Finanzkrise aus den Jahren 2007 bis 2009, das Platzen der Dotcom-Blase aus dem Jahr 2000 oder eine Pandemiesituation. Wobei das hypothetisch einschneidenste Szenario die Wiederholung der Finanzkrise wäre, die den Deckungsgrad auf 105 Prozent senken würde. Gemäss diesen Szenarien könnte die Pensionskasse somit ihre Leistungsverpflichtungen selbst in einer grösseren Krise erfüllen.
Vermögensverwaltung – starke Partnerschaften als Erfolgsfaktor
Der langfristige Erfolg einer Vorsorgeeinrichtung liegt gemäss Georg Staub, Präsident der Pensionskasse swissstaffing, auf der bedingungslosen Auftragsfokussierung: «Was wir verwalten, ist fremdes Geld. Es wird uns anvertraut, damit wir bei höchstmöglicher Sicherheit für unsere aktiven Versicherten, unsere Rentner und die Prämienzahler einen optimalen Vorsorgeschutz bei einem Minimum an nicht mehrwertbildendenden Kosten erzielen.»
Der Stiftungsrat hat auf Antrag der Anlagekommission festgelegt, dass ein Drittel des Vermögens passiv und zwei Drittel aktiv verwaltet werden. Umgesetzt wird die Strategie von 15 Partnerunternehmen. In deren operatives Geschäft mischt sich der Stiftungsrat bewusst nicht ein: «Wir bauen keine Portfolios, sondern Beziehungen. Wir sprechen uns mit den Partnern mehrmals jährlich ab und fokussieren uns dabei auf die verantwortlichen Portfoliomanager», sagt Georg Staub.
Über die Jahre ist ein ausgeklügeltes Cockpit sowie ein gutes Reporting aufgebaut worden, das Transparenz über den Anlageerfolg und die Kosten schafft. Ein Ampelsystem auf Basis von makro- und mikroökonomischen Parametern stellt zudem sicher, dass bei Nichterreichen von definierten Zielvorgaben rechtzeitig gehandelt werden kann. Dieses System ermöglicht langfristige und erfolgreiche Partnerschaften.
Mit erhöhter Aufmerksamkeit und Sachlichkeit durch die Krise
Die gegenwärtige Pandemie verpflichtet die Pensionskassenverantwortlichen zu erhöhter Aufmerksamkeit. Gefragt ist eine nüchterne Sachlichkeit, um die Lage objektiv zu beurteilen. «Hysterie und Spekulation sind in dieser Situation definitiv fehl am Platz», so Georg Staub. Der Stiftungsrat müsse sich auf diejenigen Parameter konzentrieren, die er tatsächlich beeinflussen kann. Exogene Faktoren wie die globale Marktentwicklung, die Verwerfungen auf den Finanzmärkten oder die Beschäftigungs- und Sicherheitslage können nicht direkt beeinflusst werden, würden jedoch in die Analysen und Entscheidungsgrundlagen mit einfliessen.
Der Schlüssel zum Erfolg ist gemäss Staub letztlich eine Strategie, der sich alle Stakeholder verpflichten. «Dazu kommen Teamarbeit, das Milizprinzip, der Einkauf von Kompetenz auch über die Landesgrenze hinaus, ein effizientes tagesaktuelles Controlling sowie der unbedingte Mut zur Konsequenz – gerade in Krisenzeiten.»
Aus der Not entsteht eine innovative Pensionskasse für Personaldienstleister
Ende der 80er-Jahre, nach Auflösung des internationalen Verbots der Temporärarbeit, beginnt die temporäre Arbeitsform zu boomen. Die Versicherungswirtschaft will Arbeitnehmende in der Temporärarbeit jedoch nicht versichern. Das zwingt die Branche, eine eigene Vorsorgeeinrichtung zu gründen. Heute zählt die Stiftung 2. Säule swissstaffing rund 22'500 versicherte Temporärangestellte sowie 600 versicherte Festangestellte und verwaltet ein Vermögen von 700 Millionen Franken. swissstaffing-bvg.ch
Key Figures (per 31.8.2020)
Pensionskasse für Personaldienstleister
- Deckungsgrad: 138 Prozent
- Verzinsung der Altersguthaben: 3 Prozent
- Risiko- und Verwaltungsbeiträge: 2 Prozent
- Administrationskosten pro Versicherten und Jahr: 150 Franken
- Anlagerendite über die letzten 5 Jahre: 35 Prozent