Ergreift eine sanktionierte Firma kein Rechtsmittel während der dafür vorgesehenen Frist, werden die erstinstanzlichen Urteile rechtskräftig. Bei schweren Verstössen durch einen öffentlich bewilligten Betrieb sind zudem die Bewilligungsbehörden (AVG) zu informieren. Diese können allenfalls weitere Sanktionen bis hin zum Bewilligungsentzug anordnen.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle unterziehen sich die sanktionierten Firmen spätestens nach dem Rekursverfahren den Sanktionen.
Der zivilrechtliche Weg
Weigert sich eine sanktionierte Firma, muss die paritätische Kommission das Urteil auf dem zivilrechtlichen Weg einfordern. Das bedeutet im konkreten Fall, dass ein Rechtsvorschlag der sanktionierten Partei nur auf dem Weg einer zivilrechtlichen Überprüfung des Bestehens der Forderung beseitigt werden kann. Das kann ein Verfahren gegen einen Schikanekläger (vgl. Bundesgerichtsentscheid 137 III 556)1 enorm und auch über die Geltungsdauer eines Gesamtarbeitsvertrags hinaus verlängern. Trotzdem ist es wichtig, diesen Aufwand auf sich zu nehmen. Die Sozialpartner zeigen damit, dass sie für die Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrags einstehen.
Wenn der Staat im Rahmen des Vollzugs von Gesamtarbeitsverträgen einen Teil seines Machtmonopols an die Sozialpartner abgetreten hat, wäre es nur folgerichtig, wenn das Urteil einer paritätischen Kommission als Rechtsöffnungstitel anerkannt würde. Das wäre auch aus prozessökonomischen Gründen wünschbar.
Der Vollzug im Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih
Die Sozialpartner des Gesamtarbeitsvertrags Personalverleih haben die Komplexität der mit dem Vollzug verbundenen Aufgaben unterschätzt. Erkannten sie diesen einmal, haben sie aber konsequent gehandelt und dafür gesorgt, dass der Vertrag von Romanshorn bis Genf und von Basel bis Chiasso einheitlich durchgesetzt wird. Es ist ein Verdienst der Geschäftsstelle Vollzug und den Vollzugsorganen in der Romandie, dem Tessin und der Deutschschweiz, dass in den letzten 2,5 Jahren eine beachtliche Anzahl von Kontrollen durchgeführt und Verfahren abgeschlossen werden konnten. Den Kontrollbericht finden Sie im Jahresbericht, unter www.tempservice.ch.
Was ist ein GAV?
Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco definiert den Gesamtarbeitsvertrag wie folgt:
Der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ist ein Vertrag zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmerverbänden zur Regelung der Arbeitsbedingungen und des Verhältnisses zwischen den GAV-Parteien. Er ist in den Artikeln 356 bis 358 des Obligationen-rechtes geregelt.
Auf der Arbeitgeberseite kann ein Arbeitgeber oder können mehrere Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände, auf der Arbeitnehmerseite immer nur ein Arbeitnehmerverband (Gewerkschaft) oder mehrere Arbeitnehmerverbände stehen.
Der klassische Inhalt eines GAV besteht aus Bestimmungen über den Abschluss, Inhalt und Beendigung des Einzelarbeitsvertrags (normative Bestimmungen), Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich (schuldrechtliche Bestimmungen) und Bestimmungen über Kontrolle und Durchsetzung des GAV.
Die normativen Bestimmungen eines GAV werden mit seinem Inkrafttreten Teil des Einzelarbeitsvertrags. Sie haben direkte Geltung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die selber Mitglied eines vertragsschliessenden Verbandes sind, wenn der Arbeitgeber ebenfalls am GAV beteiligt ist. Die beteiligten Arbeitgeber wenden den GAV in der Regel aber auch für nichtorganisierte Arbeitnehmende an.
Als Gegenstand der normativen Bestimmungen kann man aufzählen:
- Lohn, 13. Monatslohn, Entschädigungen
- Lohnfortzahlung bei Verhinderung wegen Krankheit, Mutterschaft und Militärdienst
- Ferien
- Arbeitszeitvorschriften
- Erweiterung des Kündigungsschutzes
Auf Verlangen aller Vertragsparteien
kann ein GAV allgemeinverbindlich erklärt werden mit der Wirkung, dass der Geltungsbereich auf alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (auch auf die nichtorganisierten) eines Wirtschaftzweigs oder eines Berufs ausgeweitet wird. Ein GAV wird meistens mit einer bestimmten Laufzeit vereinbart. Während der Laufzeit besteht beidseitig Friedenspflicht.* Das bedeutet, dass der Arbeitsfrieden von beiden Vertragsparteien gewahrt wird und jegliche Kampf- massnahmen wie Streiks und Aussperrungen unterlassen werden.
- 1 Art. 20, Absatz 2, Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG)