IBM Great Minds Program

«Die Forschung lebt von Studenten»

Vor sechs Jahren hat IBM Research – Zurich das Great Minds Program ins Leben gerufen. Während drei bis sechs Monaten können talentierte Studenten an ausgewählten Standorten von IBM Research ein Forschungspraktikum absolvieren. Von dem Programm profitieren beide Seiten: Die Studenten erhalten Einblick in die Arbeit eines Forschungslabors und arbeiten Seite an Seite mit weltweit anerkannten Experten, und IBM kann junge Talente rekrutieren.

«Telekonferenzraum» steht draussen an der Tür. Drinnen sitzen auf der rechten Seite in mehreren Reihen etwa ein Dutzend Menschen, die interessiert auf den riesigen Bildschirm an der linken Wand schauen. Rechts sitzen die Mitarbeiter des IBM-Forschungslabors in Rüschlikon, auf dem Bildschirm, live zugeschaltet, chinesische Studenten des IBM-Forschungslabors in China.

Erstmals hat sich das Research Lab in China am Great Minds Program beteiligt und sieben Studenten die Chance gegeben, an einem konkreten Projekt von IBM Research mitzuarbeiten. Die jungen Chinesen werden ihr Praktikum bald beenden und erhalten mit der Telekonferenz die Möglichkeit, sich mit den neuen Great Minds-Studenten in Zürich auszutauschen und zu vernetzen. Von Oliver Ottow, HR Manager bei IBM Research in Zürich, erhalten sie letzte Tipps mit auf den Weg: «Vernetzt euch mit anderen Forschungslabors und schaut, welches Labor auf welches Thema spezialisiert ist», rät er. «Seid aktiv und wartet nicht, bis ihr kontaktiert werdet.»

Empfehlungsschreiben notwendig

2008 kamen die ersten Great Minds-Studenten ans IBM-Forschungslabor in Zürich. Unter ihnen war Tomas Tuma aus Tschechien. Über ein Mail seiner Universität wurde er auf das Programm aufmerksam, und sein Professor schrieb ihm eine Empfehlung. Denn nicht jeder kann sich für ein Praktikum im Rahmen des Great Minds Program bewerben: «Das Interesse an einem Praktikum in einem IBM-Forschungslabor ist riesig. Da wir nicht Hunderte Bewerbungen wollen, brauchen die Studenten ein Empfehlungsschreiben von ihrer Universität und können sich erst nach einer strengen Vorselektion um einen Platz bewerben. Wir suchen die Besten», erklärt Ottow.

Eine erste Vorauswahl für IBM trifft der University Relations Manager: IBM hat für jedes grössere Land weltweit einen Verantwortlichen, der mit den Universitäten in Kontakt steht und alle Aktivitäten vor Ort koordiniert. Unter anderem macht er auch auf das Great Minds Program aufmerksam. Im Internet können die Kandidaten schauen, wo an welchem Projekt gearbeitet wird. Bei der Bewerbung müssen sie dann drei Präferenzen angeben, wo sie am liebsten arbeiten würden. Konnten die Studenten ursprünglich nur nach Zürich kommen, so stehen ihnen heute zum dritten Mal das Labor in Haifa offen sowie seit diesem Jahr ganz neu die Labors in Dublin und China. Im Labor in Peking sind in der ersten Phase aus organisatorischen Gründen alle Teilnehmer Chinesen. Zukünftig ist jedoch geplant, auch ausländischen Studenten ein Praktikum in diesem Forschungszentrum zu ermöglichen.

Der University Relationship Manager schaut, welche Kandidaten geeignet sind, und leitet die Bewerbungen an IBM weiter. «2014 erhielten wir 76 Bewerbungen aus elf Ländern», erläutert Csilla Bohnhoff, die von Zürich aus das Great Minds Program organisiert. Bei ihr treffen alle Bewerbungen, auch für andere Labors, ein, und ein erfahrener Wissenschaftler prüft, ob sich die Bewerber für ein aktuelles Projekt eignen. In einem letzten Schritt werden die Bewerbungen in die einzelnen Fachabteilungen weitergegeben. Passt das Profil zum Projekt, wird der Kandidat in das Great Minds Program aufgenommen und kann sein drei- bis sechsmonatiges Praktikum beginnen. «Wir haben keine Vorgabe, wie viele Bewerber wir nehmen dürfen», sagt Csilla Bohnhoff. «Ob jemand genommen wird oder nicht, richtet sich danach, ob er gebraucht wird.»

Gebraucht wurde damals auch Tomas Tuma. Der heute 30-Jährige arbeitet immer noch bei IBM. «Durch das Praktikum erhielt ich die Möglichkeit, mich vertieft mit einem Projekt auseinanderzusetzen. So konnte ich viele Erfahrungen sammeln und von anderen lernen», schwärmt der Tscheche. Nach dem Praktikum im Rahmen des Great Minds Program arbeitete er für seine Doktorarbeit bei IBM Research, jetzt hat er eine Postdoc-Stelle.  «Aus jedem der jährlichen Programme blieb mindestens einer der Teilnehmer bei uns hängen und arbeitet immer noch für IBM», sagt Programmverantwortliche Csilla Bohnhoff.

Win-Win-Situation

Während Praktikanten andernorts zum Kopieren und Kaffeekochen missbraucht werden, arbeiten sie bei IBM Research an einem Forschungsprojekt aktiv mit. «Sie werden Teil eines Teams von Wissenschaftlern und leisten mit ihren Fachkenntnissen und innovativen Ideen einen Beitrag zum Gelingen», sagt Oliver Ottow. Die Studenten bekommen nicht nur die volle Unterstützung von IBM, das Unternehmen kommt auch für alle Kosten auf. Doch auch IBM profitiert: «Projektleiter erhalten Zugang zu jungen Talenten, die sie nicht unbedingt auf dem Radar hatten», erläutert Ottow die Vorteile für IBM. «Die Forschung lebt von Studenten, diese sind ein Innovationsmotor.» Dank des Programms erhält das Forschungslabor Zugang zu hochtalentierten jungen Mitarbeitern und der Technologiekonzern kann leistungsfähige Fachkräfte gewinnen, die passen. Zudem hat sich das Great Minds Program in den vergangenen sechs Jahren gemäss Aussage von IBM zu einem regelrechten Brand entwickelt. «Wenn Studenten ihre Teilnahme daran in ihrem Lebenslauf schreiben, hat das einen positiven Effekt.»

Die Great Minds-Studenten seien extrem motiviert, ergänzt  Csilla Bohnhoff: «Sie erhalten eine Chance und packen diese auch.» Sie seien stolz, gewählt worden zu sein, und nutzten IBM als Sprungbrett für ihre Karriere.

Das sagen Teilnehmer des Great Minds Program

Adela-Diana Almasi (28) aus Rumänien und Stanislaw Wozniak (28) aus Polen nahmen 2012 am Great Minds Program teil und sind ebenfalls in Zürich hängen geblieben: Beide arbeiten nun als PhD-Studenten bei IBM und haben dafür einen dreijährigen Vertrag erhalten. Während Stanislaw Wozniak durch ein Poster an seiner Universität auf das Programm aufmerksam wurde, erhielt Adela-Diana Almasi von ihrem Professor eine Empfehlung. «Das Praktikum war eine fantastische Gelegenheit, auf viele hochqualifizierte Menschen zu treffen», sagt die Rumänin. Man werde in reale Projekte involviert und erfahre viel Wertschätzung für die Arbeit. Zudem öffne das Programm viele Türen. Dem stimmt auch Stanislaw Wozniak zu: «Bei IBM gibt es viele interessante Karrieremöglichkeiten, und das Great Minds Program ist ein erster Schritt.»

Nicht nur Teilnehmer des Great Minds Programs können bei IBM Research ein Praktikum machen. Während sich Studenten der ETH oder EPFL so oder so im IBM Forschungszentrum in Rüschlikon meldeten, war es dem Labor-Direktor ein Anliegen, Zugang zu weiteren hochkarätigen Unis zu erhalten, um aus einem Pool von talentierten Mitarbeitern wählen zu können. Deshalb konzentriert sich das Great Minds Program vor allem auf Osteuropa, den Nahen Osten und Afrika.

Dank des Great Minds-Pool spürt IBM Research auch kaum den Fachkräftemangel. «Wir sind nicht auf lokale Märkte begrenzt, sondern haben einen weltweiten Pool an fähigen Talenten. Programme wie Great Minds helfen dabei enorm», so Ottow. Die besten Leute weltweit zu bekommen, bleibt aber dennoch eine Herausforderung.

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