Warum arbeitet man? Klar, wegen der spannenden Aufgabe, weil die Leistung anerkannt wird, weil, weil, weil … Aber halt auch wegen des Lohns. Dass der jeden Monat pünktlich und korrekt abgerechnet wird, nehmen die meisten als selbstverständlich hin.
Den Job der Personaladministration könnte man daher von aussen betrachtet fast ein wenig als undankbar bezeichnen, da er oft nur bemerkt wird, wenn er eben einmal nicht einwandfrei erledigt wird.
Grossteils reine Routine, die halt abgewickelt werden muss? Weit gefehlt – wer sich für dieses Berufsfeld entscheidet, tut dies auch, weil er eine anspruchsvolle und fordernde Aufgabe sucht. Eine Aufgabe, der man nur gerecht werden kann, wenn man ständig à jour mit den neuesten Gesetzen und Vorgaben bleibt.
Und kaum ein Job ist essenzieller für das Funktionieren einer Firma – denn wehe, die Gehälter sind nicht pünktlich auf den Konten der Mitarbeitenden. Wenig wird die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber schneller in Unmut umschlagen lassen.
Karin Lütolf ist Mitarbeiterin im Personalwesen beim mittelständischen Lebensmittelhersteller Haco. Sie könnte sich keinen besseren Job für sich vorstellen: «Jeder Tag ist anders. Ich schätze es sehr, dass meine Aufgaben so abwechslungsreich sind.» Dröge Routine? Weit gefehlt. Etwa 70 Prozent ihrer Aufgaben sind administrativ, 20 Prozent verwendet sie auf interne Projekte wie das Gesundheitsmanagement oder den Familientag, und die übrige Zeit erteilt sie Mitarbeitenden Auskunft zu ihren Fragen zu Abzügen oder Familienzulagen.
Gerade diese verbleibenden zehn Prozent findet Brigitte Nufer, HR-Leiterin bei Haco und Lütolfs Vorgesetzte, besonders wichtig: «Bei uns gibt es immer offene Türen. Das wissen die Mitarbeitenden. Wer Fragen hat, etwa zu seinen Abzügen, kann jederzeit kommen und wir klären das mit ihm zusammen.» Das stuft sie als enorm wichtige Dienstleistung des HR ein. «Die Begleitung und Betreuung unserer fünfhundert Mitarbeitenden auch und gerade bei solchen Fragen sorgt für ein gutes Vertrauensverhältnis.» Die Personaladministration hat hier eine enorm wichtige Mittlerfunktion.
Breites Aufgabengebiet
Keiner der vier klassischen Bereiche des HR (das altbekannte «attract, recruit, administrate, develop») kommt ohne Administration aus. Seien es Bestätigungs- oder Absagebrief, Dossierfiling und später Anstellungsvertrag oder Arbeitsbewilligung für Ausländer. Kommt es zur Anstellung, müssen die Papiere kontrolliert und Vertragsänderungen vorgenommen, Qualifikationsprozesse begleitet, Leistungen beurteilt, die nötigen Kennzahlen an die Unternehmensleitung geliefert werden.
Nicht zu vergessen all die Formalitäten, die es bei der Kündigung zu erledigen gilt, bis hin zur Frage, was mit dem Leasingvertrag des Dienstfahrzeugs eines Aussendienstmitarbeiters passiert. Zudem sind die Personalassistenten so etwas wie der interne juristische Dienst eines Unternehmens, sie holen die passenden Arbeitsbewilligungen ein, informieren die Linie aber auch, wenn eine Kündigung zur Unzeit ausgesprochen wurde, etwa weil der Angestellte krank war.
Gerade in der Schweiz ist der Job komplex. Für schweizweit operierende Unternehmen gibt es 26 kantonal unterschiedliche Rahmenbedingungen zu beachten.
Spezifisches Know-how nötig
Urs Burgunder, Director HR beim Personalvermittler Kelly Services, berichtet: «Es braucht sehr spezifisches Know-how. Natürlich ist das keine ‹Raketenwissenschaft›, man kann es lernen. Aber es braucht schon tiefes Interesse an der Materie.» Es ist eine Aufgabe für Fachleute.
Urs Burgunder ist ebenso wie Brigitte Nufer der Meinung, dass ein berufsbegleitend erworbenes Zertifikat zusätzlich zum KV die Mindestvoraussetzung ist, den Anforderungen gerecht zu werden. Besser noch wäre eine Ausbildung zur Personalassistentin. «Quellensteuer, Arbeitsbewilligungen, all die in jedem Kanton unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen, Wissen um die Funktionsweise der Pensionskassen – das darf man nicht unterschätzen», so Burgunder. Schnell kommen die Administrationskräfte zudem in Berührung mit Steuerbehörden und Pensionskassen und müssen dort kompetent verhandeln können.
Die Aufgaben werden immer komplexer und die Anforderungen stetig höher. Man muss Spass daran haben, «dranzubleiben», sich immer über die neuesten Bestimmungen auf dem Laufenden zu halten. Früher undenkbar, kann man heute Fachleute aus dem EU-Raum für 30 Tage in die Schweiz holen, ohne eine Arbeitsbewilligung beantragen zu müssen. Für Personalvermittler wie Kelly ist das eine sehr nützliche Praxis. Legal ist sie nur, wenn das Ganze dennoch korrekt der Behörde gemeldet wird. Bestimmungen, die die Administration kennen muss. Auch bei der Einstellung von Bürgern aus Drittstaaten ist heute viel mehr möglich als vor wenigen Jahren.
Eine Frage der Persönlichkeit
Wer eignet sich für diesen anspruchsvollen Beruf? Für Brigitte Nufer liegt die Antwort auf der Hand. Es komme einfach darauf an, was die Leute mögen: «Es ist eine Frage der Persönlichkeit. Vielen ist es wohl, im Hintergrund wirken zu können.» Klar stehen die Recruiter stärker im Vordergrund, ihre Arbeit wird geschätzt und wahrgenommen. Die Wertschätzung der Administration innerhalb des Unternehmens sei dennoch in jedem Fall sehr hoch, auch wenn sie nicht in der ersten Reihe stehe, so Nufer.
Oder, wie Urs Burgunder es treffend sagt: «Ein guter Developer ist noch lange kein guter Administrator. Es braucht beides. Und wehe, die Administration arbeitet nicht gut, dann bricht auch vorne beim Developer schnell alles zusammen.» Werden Termine nicht zuverlässig verwaltet, Verträge nicht rechtsgültig ausgestellt oder fehlt die Arbeitsbewilligung, kann der beste Recruiter nichts bewirken. Kurz: Beide sind wichtig, es braucht einfach verschiedene Persönlichkeiten.
Bleibt die Frage nach den Shared Service Centers, von denen man immer öfter hört. Outsourcing, ja oder nein? Für Brigitte Nufer käme das niemals in Frage. «Es ist für uns eine Frage der Wertschätzung der Mitarbeitenden und auch eine des Vertrauensverhältnisses, dass wir alles vor Ort in der Hand haben.» Die Kaderlöhne sind beispielsweise bei Haco outgesourct, aber ganz unproblematisch ist das nicht. «Wenn es da Rückfragen etwa zu den Kinderzulagen gibt, landen die Fragen dazu doch wieder bei uns. Und wir haben die Daten nicht und müssen selber rückfragen», so Nufer. Selbst 500 Mitarbeitende wie bei Haco sind für sie keine Grösse, die Outsourcing rechtfertigen würde. «Es ist gut, wenn die Leute die Gesichter kennen.»
Ganz anders sieht das beim weltweit wirkenden Consulting-Unternehmen McKinsey aus. Andreas Thut, COO der Schweizer Büros in Zürich und Genf, legt zwar Wert darauf, dass gewisse Teile der HR-Aufgaben vor Ort bleiben. Aber bei weitem nicht alle. Von den etwa 17 000 Mitarbeitenden weltweit sind etwas mehr als die Hälfte Consultants. In der Schweiz wirken etwa 300 Mitarbeitende. «Als globales Unternehmen benutzen wir Plattformen, die Businessprozesse global zusammenfassen. Finance, IT und Teile des HR gehören dazu.»