HR Today Nr. 11/2021: Special

Die Rückkehr der Geschäftsreise

Am virtuellen Roundtable zum Thema «Return to Travel», organisiert am 6. Oktober 2021 von International SOS, nahmen diverse Reise-Expertinnen und -Experten teil – vom Dachverband der Fluggesellschaften (IATA) über Switzerland Global Enterprise, Barry Callebaut, die Schweizer Fluggesellschaft Swiss respektive Lufthansa bis hin zum Schweizerischen Geschäftsreiseverband ASTM. Sie teilten ihre Erkenntnisse und Empfehlungen zur Rückkehr von Geschäftsreisen und umrissen die wichtigsten Herausforderungen.

Das internationale Geschäft sei nach wie vor unsicher und komplex, startete Martina Gmür, Leiterin Exportförderung und Mitglied des Executive Committee Switzerland Global Enterprise, ihren Kurzvortrag. «Die Grenzen waren lange geschlossen, die Menschen konnten überhaupt nicht reisen.» Eine Erholung zeichne sich ab, es werde sich jedoch vieles ändern: «In der Krise lernten wir beispielsweise, dass digitale Alternativen zwar funktionieren, aber den im internationalen Geschäft so wichtigen persönlichen Kontakt nicht ersetzen.» Künftig werde es eine neue Art des Reisens geben: «Gezielter, also Qualität vor Quantität, und bewusster, mit Sicht auf den ökologischen Fussabdruck. Die digitalen Alternativen werden jedoch bleiben und bieten die Chance, Treffen effizienter und fokussierter zu gestalten.»

Auch Anthony Renshaw, Regional Medical Director und Health Consulting Europe bei International SOS, konstatierte im zweiten Kurzvortrag, dass das Reisen wieder zunimmt. Er gab jedoch zu bedenken, dass die Impfprogramme weltweit zwar vielversprechend seien, aber das Reisen noch nicht einfacher gemacht hätten. «Es gibt immer noch Teile der Welt, in denen die Impfrate sehr niedrig ist und die Delta-Variante des Coronavirus hat die Situation zusätzlich schwieriger gemacht.» Dazu komme, dass es bis heute keine weltweit einheitliche Return-to-Travel-Politik gäbe.  «Die Zertifikationsregel ist von Land zu Land und von Airline zu Airline unterschiedlich. In Ländern wie China ist das Reisen zudem immer noch stark eingeschränkt. Trotz Impfung muss man sich bei der Einreise in Quarantäne begeben.»

Vereinfachung nötig

Eine Vereinheitlichung der Regelungen wünschten sich auch die anderen Teilnehmenden des Roundtables. In Anlehnung an die Worte von Willie Walsh, Generaldirektor von IATA, sagte Claudio De Salvo, Leiter Administration GVA & Central Travel Services bei IATA: «Es ist ein Kampf, weil die verschiedenen Landesregierungen unkoordiniert vorgehen. Es gibt zu viele Einzelaktionen bei der Wiedereröffnung der Grenzen. Die Situation ändert sich ständig und schnell.» Das staatliche Vorgehen sei also der Schlüssel, um die Rückkehr des Reisens zu erleichtern. Ähnlich sah es Dominic Short, Präsident des Schweizerischen Geschäftsreiseverbandes: «Wenn jedes Land sein eigenes Return-to-Travel-Konzept hat, wird es für die Unternehmen extrem kompliziert.»

Diese Komplexität erläuterte Domenica Huber, Leiterin Global Reward der Barry Callebaut Group, anhand ihres Unternehmens: «Es gibt aktuell so viele Variablen bei Geschäftsreisen. Sei es die reisende Person selbst, die unterschiedlichen Einreisebestimmungen der Länder, die Anforderungen der jeweiligen Fluggesellschaft, wie gut es um die medizinische Hilfe vor Ort bestellt ist – lauter Fragen, mit denen wir uns Wochen vor einer Geschäftsreise beschäftigen müssen.» Um das Ganze zumindest etwas besser zu koordinieren, habe Barry Callebaut einen strikten Prozess für Reisegenehmigungen eingeführt. «Wollen Mitarbeitende interkontinental reisen, müssen sie bei dem jeweiligen Team eine  Genehmigung einholen. Über cross-kontinentale Reisen bestimmt die Unternehmensleitung.» Wichtig sei, dass die Unternehmen ihre Mitarbeitenden zwecks Prävention medizinischer oder sicherheitsbedingter Vorfälle gut vorbereiten, ergänzte Sally Llewellyn, regionale Sicherheitsdirektorin für Europa, den Naher Osten und Afrika bei International SOS. «Firmen müssen ihnen alle notwendigen Informationen weitergeben, Reisen unter Berücksichtigung aller Sicherheitsaspekte vorbereiten und klare Verantwortlichkeiten definieren, falls etwas schiefläuft.»

Es gibt jedoch Licht am Ende des Tunnels, sind sich die Teilnehmenden einig. Insbesondere die geplante Öffnung der USA habe dem Reisen generell und den Geschäftsreisen im Speziellen einen Schub gegeben, stellte Martin Knuchel, Head of Crisis, Emergency & Business Continuity Management bei der Lufthansa-Gruppe, fest. «Viele Länder haben oder werden ihre Einreisebestimmungen bald lockern und das Reisen wieder ermöglichen.»

2 Fragen an Cédric Fraissinet, Geschäftsführer Schweiz, International SOS:

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Der virtuelle Roundtable bot eine illustre Runde mit vielen Wortmeldungen. Welches sind die wichtigsten Schlussfolgerungen?
Cédric Fraissinet:
Geschäftsreisen nehmen allmählich wieder zu. Die IATA erwartet für 2022 einen Anstieg der Gesamtpassagierzahlen auf 3,4 Milliarden – das sind 75 Prozent der 4,5 Milliarden Reisenden von 2019. Parallel dazu haben sich aufgrund der ständig ändernden Bestimmungen zu Covid-19-Reisebeschränkungen der Administrationsaufwand und der Druck auf Arbeitgebende erhöht, weil sie ihren Mitarbeitenden stets aktuelle und zuverlässige Informationen liefern müssen. Gleichzeitig wurde der Zugang zu einer qualitativ hohen Gesundheitsversorgung in vielen Ländern aufgrund der Pandemie zu einer grossen Herausforderung. Unsere Daten zeigen, dass das Risiko für eine medizinische Evakuierung während einer Geschäftsreise heute neunmal so hoch ist wie vor Covid.

Wie sehen Geschäftsreisen künftig aus?
Das Reiseverhalten wird sich ändern. Wie von Martina Gmür betont, werden Geschäftsreisen künftig bewusster durchgeführt. Bezüglich Sorgfaltspflicht des  Arbeitgebenden erwarten wir eine Evolution, denn Covid-19 wird sich auf das Risikomanagement im Reiseverkehr fast so stark auswirken wie der 11. September auf die Sicherheitsvorschriften in der Luftfahrtindustrie. Die Beurteilung der Reisetauglichkeit von Mitarbeitenden ist heute wichtiger denn je. Der Zugang zu hochqualifizierten medizinischen Support-Leistungen ist für Geschäftsreisen zwingend – und ist gleichzeitig zu einem strategischen Erfolgsfaktor für Unternehmen geworden.

International SOS

International SOS ist ein Gesundheits- und Sicherheitsdienstleister mit Hauptsitz in London und Singapur. Das Unternehmen unterstützt KMU, multinationale Konzerne, internationale Organisationen, Regierungen, NGOs, die Vereinten Nationen sowie Bildungseinrichtungen auf der ganzen Welt mit Gesundheits-, Sicherheits-Risikomanagement- und Resilienzlösungen zum Schutz globaler Belegschaften. International SOS Schweiz hat ihre Sitze in Genf und Zürich. internationalsos.com

 

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Online-Redaktorin, HR Today. es@hrtoday.ch

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