Eigenmotivation und -verantwortung der Mitarbeiter fördern

Unternehmen benötigen zunehmend Mitarbeiter, die selbstbewusst auch neue, komplexe Aufgaben angehen und aus den bisherigen Erfahrungen lernen. Diese Kompetenz gilt es zu fördern.

In der modernen Arbeitswelt stehen Mitarbeitende häufig vor neuen Aufgaben. Also benötigen die Unternehmen zunehmend Arbeitskräfte, die diese Aufgaben beherzt angehen – und zwar aus eigenem Antrieb.

Nicht selten fehlt den Mitarbeitenden aber noch die erforderliche Kompetenz, neue Aufgaben oder Probleme zunächst wahrzunehmen, dann zu analysieren und schliesslich zu lösen. Führungskräfte stehen somit vor der Herausforderung, ihnen diese Kompetenz Schritt für Schritt zu vermitteln.

Dabei helfen die Ergebnisse aus den Untersuchungen des Lerntheoretikers Albert Bandura. Die sogenannte Selbstwirksamkeit einer Person hat folgende vier Quellen:

  1. Eigene Erfahrungen durch das Meistern schwieriger Situationen: Sie sind für den Ausbau der Selbstwirksamkeit sehr wichtig. Denn wer wiederholt gemerkt hat «Ich kann schwierige Aufgaben lösen», traut sich dies auch künftig zu. Von besonderer Bedeutung sind dabei sogenannte «mastery experiences». Sie entstehen, wenn eine Person eine Aufgabe meistert, von der sie zunächst nicht wusste, wie sie zu lösen ist.
  2. Lernen an Modellen und von Vorbildern: Beobachtet eine Person eine andere beim Lösen einer schwierigen Aufgabe, dann kann dies ebenfalls ihr Selbstvertrauen stärken – getreu der Maxime: «Wenn der oder die das kann, dann kann ich das auch!» Eine Voraussetzung hierfür ist: Zwischen den beiden Personen muss eine gewisse Ähnlichkeit bestehen. Sie müssen zum Beispiel eine ähnliche Biografie oder Persönlichkeitsstruktur haben.
  3. Soziale und emotionale Unterstützung: Auch durch ermutigenden Zuspruch gewinnen Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Jedoch nur, wenn die Person, die sie anspornt, ihrer Meinung nach, die Beurteilungskompetenz hat. Ebenfalls positiv auf die Selbstwirksamkeit wirkt sich das Wissen aus: «Wenn es eng wird, habe ich Unterstützer» – fachliche und emotionale.
  4. Emotionale Zustände und Reaktionen: Menschen schliessen von ihren Emotionen und körperlichen Reaktionen auf ihre Fähigkeiten. Verspüren sie zum Beispiel Herzrasen bei einer Aufgabe, dann denken sie meist unmittelbar «Ich kann das nicht» – oft noch bevor sie die Machbarkeit geprüft haben. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen der eigenen Emotionen und physiologischen Reaktionen analysieren zu können. Ist die Reaktion der Aufgabe angemessen oder handelt es sich um eine erste Schreckreaktion?

Die Kenntnis dieser Quellen ermöglicht es Führungskräften, Lernumgebungen für ihre Mitarbeiter zu kreieren, die deren Selbstwirksamkeit fördern. Unabdingbar hierfür ist es, sich regelmässig Herausforderungen zu stellen, bei denen man zunächst vermutet: «Diese Aufgabe könnte mich überfordern».

Eine klare Gliederung hilft

Beim Versuch, solche Aufgaben zu lösen, ist es sinnvoll, diese als Projekt zu sehen. Das heisst, die Führungskraft sollte mit ihrem Mitarbeiter zunächst zum Beispiel analysieren, welche Teilaufgaben mit dem Projekt verbunden sind. In einem zweiten Schritt kann dann ermittelt werden, ob der Mitarbeiter vor der Gesamtaufgabe zurückschreckt oder nur vor Teilaufgaben und warum dies geschieht. Fehlen ihm beispielsweise Ressourcen und Kenntnisse? Oder entstehen beim Lösen der Aufgabe allenfalls Konflikte mit anderen Personen?

Ist dies ermittelt, können Mitarbeiter und Führungskraft zusammen einen vorläufigen Aktionsplan erstellen und aus den Teilaufgaben Teilziele ableiten. Dazu werden noch Lernfelder und Lernziele definiert, weil das Bewältigen der Herausforderung gleichzeitig die Selbstwirksamkeit des Mitarbeiters steigern soll.

Sich in eine Lernspirale begeben

Die Teil- und Lernziele haben unterschiedliche Funktionen: Teilaufgaben und -ziele sollen dem Mitarbeiter helfen, einen realistischen Aktionsplan zu erstellen, so dass er nach dem Projekt mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen kann: «Das war zwar schwierig, doch ich habe es geschafft.»

Erreicht er das Projektziel nicht oder nur teilweise, dann kann er dank den Teilzielen im Rückblick analysieren, welche Teilaufgaben er mit Bravour gelöst hat und wo allenfalls Schwierigkeiten auftraten. Das heisst, er kann sein «Scheitern» relativieren. Das ist wichtig für sein Selbstvertrauen.

Lernziele haben die Funktion, dass der Mitarbeiter nach der komplexen Aufgabe ermitteln kann, welche neuen Kompetenzen er dabei erwarb und welche vergleichbaren Aufgaben er deshalb künftig meistern kann.

So entsteht eine Lernspirale. Diese führt beim Mitarbeitenden zu einem systematischen Ausbau der Kompetenz, steigert ihre Fähigkeiten und ihr Selbstvertrauen, neue Herausforderungen beherzt anzugehen und zu meistern. Und letztlich entlastet diese Entwicklung mittelfristig auch die Führungskräfte.

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Dr. Albrecht Müllerschön ist Inhaber der Müllerschön Managementberatung, Starzeln (Baden-Württemberg). Der Wirtschaftspsychologe ist Autor mehrerer Personal-Fachbücher und war Lehrcoach an der Uni Tübingen.

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