«Es ist harte Arbeit, das Vertrauen in uns und unsere Reputation hochzuhalten»
Als Human Resources Director bei Coca-Cola Beverages AG kennt Fedra Petrini die Eckpfeiler für eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Linie. Zuverlässigkeit, Interesse und Kenntnis über das Business gehören unabdingbar dazu. Dennoch weiss die HR-Frau auch, wie schnell das Gleichgewicht von Geben und Nehmen gestört werden kann.
Fedra Petrini, Human Resources Director bei Coca-Cola Beverages AG. (Foto: Markus Forte)
Wie sieht die Aufgabenteilung zwischen Human Resources und der Linie aus?
Fedra Petrini: Es ist unsere Aufgabe, der Linie beratend zur Seite zu stehen, um damit einen proaktiven Beitrag zum Unterneh menserfolg zu leisten. Diese Beratung ist durch unser HR-Businesspartner-Modell und unsere spezialisierten Kompetenz-Zentren sichergestellt. Wir haben sehr gut definierte Prozesse, in denen genau vorgegeben wird, was in der Verantwortung der HR-Businesspartner, der Linie und des Mitarbeitenden liegt. Beispielsweise muss ein Rekrutierungsauftrag klar von der Linie kommen. Gemeinsam mit dem jeweiligen Vorgesetzten legt dann der zuständige HR-Businesspartner das gesuchte Profil fest. Die jeweilige Rekrutierungsstrategie wird von HR definiert. Diese besprechen wir jedoch mit dem Linienvorgesetzten, da dieser die Budgetverantwortung trägt.
Was bedeutet für Sie eine gute Zusammenarbeit mit der Linie?
Dass man versucht, zusammen das Beste für das Unternehmen herauszuholen, indem man wirklich zusammenarbeitet und nicht gegeneinander. Das bedeutet, dass die HR- Businesspartner in die Entscheidungen des Business involviert werden müssen, um der Linie einen deutlichen Mehrwert liefern zu können. Eine gute Zusammenarbeit ist ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen.
Wie stark wird HR in strategische Entscheide eingebunden und ab wann?
HR ist Teil der Geschäftsleitung und daher bei allen Entscheidungen von Anfang an involviert. Je mehr HR-Leute mit ihren Kompetenzen einen Mehrwert anbieten können, desto mehr werden sie auch bei Entscheidungen mit einbezogen. Allerdings gibt es Bereiche, in denen das besser funktioniert als in anderen. Das hängt einerseits davon ab, ob die Linienvorgesetzten wirklich glauben, dass der HR-Businesspartner einen wertvollen Beitrag leisten kann, und andererseits, ob dieser durch seine Leistung überzeugen kann. Stimmen beide Faktoren, funktioniert die Zusammenarbeit extrem gut. Oft spielt auch die menschliche Beziehung eine Rolle zwischen der Linie und dem HR-Businesspartner. Ganz wichtig ist zudem die Firmenkultur: In unserer ganzen Organisation wird HR als strategische Funktion wahrgenommen, und das erleichtert unsere Arbeit sehr.
Um sich strategisch zu beteiligen, braucht es unternehmerisches Denken, betriebswirtschaftliches Wissen. Ist das im HR vorhanden?
Das Kompetenzniveau der HR-Leute bezüglich fachlichem HR-Verständnis gepaart mit Businessexpertise – also das Verstehen, was die Firma macht, die Situation intern und extern analytisch zu begreifen und entsprechend vernünftige Beiträge zu leisten – ist bereits auf dem Arbeitsmarkt sehr unterschiedlich. Wir achten einerseits bei der Rekrutierung darauf, dass potenzielle HR-Mitarbeitende ein hohes Kompetenzniveau haben. Andererseits versuchen wir, unsere Leute auf ein hohes Level zu bringen, indem wir ihnen Projektaufgaben geben, ihnen konzeptionelle Tätigkeiten übertragen, sodass sie sich vermehrt Gedanken zur Gesamtsituation machen müssen.
Ich selber bin keine Betriebswirtschafterin. Ich habe Psychologie studiert und mich auf Betriebspsychologie spezialisiert und diverse Kurse in Wirtschaft besucht. Vieles habe ich on the job gelernt, Fachwissen habe ich auf meinem gesamten Werdegang sammeln können und ich habe von guten Mentoren profitieren können. Ganz klar muss man auch Interesse haben und sich bemühen, das Business zu verstehen.
Gibt es für die HR-Leute auch interne Ausbildungen für besseres Businessverständnis?
Nur begrenzt, bei uns ist das Lernen on the job einer der wichtigsten Faktoren, um das Wissen zu vertiefen. So laden wir ab und zu Führungskräfte zu unseren HR-Meetings ein, sie bringen uns in Vorträgen ihr Alltagsgeschäft näher. Zudem veranstalten wir Diskussionsrunden mit Austauschmöglichkeiten zu spezifischen Themen. Eine weitere Möglichkeit, um vom Wissen der anderen zu profitieren, sind die Projektarbeiten unserer HR-Leute. Wenn sich jemand durch ein Projekt Wissen zu einem speziellen Thema angeeignet hat, präsentiert er das vor dem versammelten HR. Ganz wichtig für einen HR-Verantwortlichen ist auch die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen und zu verinnerlichen. In der Geschäftsleitung bekomme ich beispielsweise wöchentlich viel über Finanzen, Verkauf oder Produktion mit und kann so mein Businessverständnis optimieren. Dasselbe gilt auch für die HR-Businesspartner, die ständig intensiv mit der Linie zusammenarbeiten.
Wie überzeugen Sie die Linie von den Kompetenzen der HR-Abteilung?
Das geht nur über Tatsachen, die wir der Linie tagtäglich beweisen müssen: Wir bereiten uns sehr gut auf Meetings vor, interessieren uns auch für Themen, die nicht HR-spezifisch sind und bringen Ideen und Vorschläge ein, die für ihr tägliches Business nützlich sind. Wir sind breit interessiert und setzen uns, wo nötig, auch durch. Wir zeichnen uns durch die nötige Portion Courage, Leidenschaft und Engagement aus. Wenn es uns gelingt, unsere HR-Ratschläge zusätzlich mit Businesserklärungen zu unterlegen, können wir ihnen auch unsere Leistung beweisen.
Welche Faktoren sind neben Businesskenntnissen für HR ebenfalls fundamental für eine gute Zusammenarbeit mit der Linie?
Proaktivität, gute analytische Fähigkeiten und Intuition, die einem sagt, wann der richtige Zeitpunkt ist für einen Ratschlag und an wen man den richten sollte. Sehr wichtig ist auch die Zuverlässigkeit, dass man wirklich tut, was man sagt. Fehlt die Zuverlässigkeit, verlieren wir schnell das Vertrauen der Linie – dabei ist Vertrauen ein weiterer Eckpfeiler für die Zusammenarbeit. Ausserdem muss HR eine gerade Linie haben, konsequent sein und klare ethische Werte vertreten. Wir achten bereits bei den Rekrutierungen stark darauf, ob eine Person gradlinig ist.
Gibt es auch Reibungspunkte zwischen HR und der Linie?
Selbstverständlich, das gehört dazu. Im Geschäftsalltag kann es immer wieder zu Interessenkonflikten kommen, da Erwartungen und Ziele anderes gelagert sind. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: die Benefitzuteilung. Wir wollen die Benefits attraktiv, aber auch fair verteilen. Entsprechend haben wir klare Richtlinien definiert. Es gibt aber immer wieder Ausnahmefälle, zum Beispiel wenn die Linie etwas bewilligt, weil sie ihre Ziele erreichen muss und es ihr gleichgültig ist, ob ihr Versprechen zu 100 Prozent mit unserer Policy übereinstimmt.
Wie lösen Sie solche Konflikte?
(lacht) Es hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt wir den Konflikt entdecken. Wenn wir ihn rechtzeitig sehen, versuchen wir, mit Argumenten zu überzeugen, oder setzen uns einfach durch. In den meisten Fällen können wir uns aber einigen, dabei müssen wir durchaus flexibel sein und die Fälle individuell beurteilen. Wir können nicht immer stur nach Regeln handeln.
Gibt es noch weitere Beispiele für Unstimmigkeiten mit der Linie?
Unsere Rolle ist es, das Business zu unterstützen und zu beraten. Wenn wir überzeugt sind, dass der Vorgesetzte falsch liegt, versuchen wir ihn mit Argumenten zu überzeugen. Wenn die Beziehung zwischen HR und Linie stimmt, findet sich auch ein Weg. Spannungen sind hingegen oft ein Zeichen für tiefer liegende Probleme in der Zusammenarbeit.
Eine Studie von McKinsey ergab im Jahr 2006, dass 58 Prozent der Linienmanager nicht glauben, dass HR in der Lage ist, das Talent Management in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie zu handhaben. Was sagen Sie dazu?
Unsere Arbeit hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Nur sehen nicht unbedingt alle Mitarbeitenden, was HR genau tut. Ein grosser Prozentsatz der Belegschaft erkennt vorwiegend die operative Arbeit von HR, von der Gehaltsauszahlung bis zum Verbreiten von internen Informationen. Was aber auf strategischer Ebene geschieht, erkennt ein grosser Teil der Belegschaft nicht. Wenn also diese 58 Prozent der gesamten Belegschaft das so sehen würden, wäre ich nicht erstaunt. Ehrlich gesagt, wäre ich überrascht und enttäuscht, wenn 58 Prozent des Senior Management eine solche Aussage machten. Unsere HR-Strategie leitet sich zu 100 Prozent von der Businessstrategie ab. Gleichzeitig unterstützen wir mit unseren Analysen die Entwicklung der Businesspläne der Linie. Ich hoffe deshalb doch sehr, dass unsere Kunden dies auch anerkennen.
Haben Sie selber Umfragen zur Zufriedenheit in der Zusammenarbeit gemacht?
Vor etwa einem Jahr haben wir eine Umfrage beim ganzen Management gemacht, wie zufrieden sie mit unseren Leistungen sind. Rund 80 Prozent unserer Manager waren zufrieden.
Was waren die Gründe für Unzufriedenheit, was können Sie verbessern?
Es liegt wie bereits angesprochen an den falschen Erwartungen, die die Linie an uns hat. Wenn die Linie davon ausgeht, dass wir ihre Führungsaufgaben übernehmen sollten oder ihre Sekretariatsaufgaben erledigen, dann werden sie zwangsläufig in ihrer Erwartungshaltung enttäuscht. Unzufriedenheit kann auch aus ungeklärten Interessenkonflikten entstehen. Eine gute Kommunikation über die Ziele und auch eine grosse Transparenz sind hier notwendig, denn zu viel Konfidentialität und grosse Geheimniskrämerei führen zu Missverständnissen. Wir fördern eine Kultur der Transparenz und haben beispielsweise vor eineinhalb Jahren die komplette Transparenz über die Ziele aller Manager eingeführt. So hat jeder Einsicht in die Leistungsvereinbarungen eines Managers. Diese Offenheit bringt uns Vorteile, da Zielkonflikte frühzeitig diskutiert und beseitigt werden können und Erwartungen für alle klar werden.
Das klingt bei Ihnen alles sehr positiv, als ob es kaum Differenzen gäbe.
Wir haben durchaus genug Herausforderungen. Manchmal reicht es schon, dass wir eine Vakanz nicht so schnell besetzen können, dass das Ansehen unserer Dienstleistungen sinkt. Es ist harte Arbeit, das Vertrauen in uns und unsere Reputation hochzuhalten.
Coca-Cola Beverages AG
ist in der Schweiz für die Produktion und den Vertrieb der Coca-Cola- und Valser-Produkte zuständig. An sechs Standorten beschäftigt die Firma rund 1300 Mitarbeitende, im HR Team, inklusiv Learning & Development, Comp&Ben, interne Kommunikation und Payroll arbeiten 26 Mitarbeitende.