Menschlichkeit vs. Effizienz

Ethik und KI: Herausforderungen in der Personalentwicklung

Generative KI verspricht Effizienzsteigerungen in der Personalentwicklung, wirft jedoch ethische Fragen auf. Wie finden Unternehmen die Balance zwischen Fortschritt und Verantwortung?

Das vergangene Jahr stand ganz im Zeichen der Diskussionen über generative KI in vielen Branchen. Die Veröffentlichung von ChatGPT durch OpenAI im November 2022 katapultierte eine Technologie, die bis dahin eher ein Nischendasein geführt hatte, in den Mainstream und warf wichtige Fragen über ihre Rolle in der Wirtschaft, ihr Gewinnpotenzial und ihre ethische Verwendung auf.

Die Unternehmen sehen sich mit einer wichtigen Entscheidung konfrontiert. Der Einsatz von generativer KI in der Personalentwicklung, beziehungsweise im Learning & Development (L&D)-Bereich in der Personalentwicklung würde zu erheblichen Effizienzsteigerungen führen. Viele administrative Prozesse könnten rationalisiert und zielgerichtete Programme für jeden Einzelnen angeboten werden. Gleichzeitig gibt es aber auch konkrete ethische Bedenken. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit sensiblen Personaldaten. Die Verantwortlichen müssen einen Mittelweg finden. Sie müssen eine generative KI-Strategie entwickeln, die die Vorteile der Technologie nutzt und gleichzeitig sicherstellt, dass es nicht zu Fehlverhalten kommt.

Integration von KI in bestehende Prozesse

Während viele Unternehmen bereits seit einigen Jahren «traditionelle» KI einsetzen, ist generative KI ein neues Instrument. KI tauchte erstmals 1956 als akademische Disziplin auf und hat sich in den folgenden Jahrzehnten weiterentwickelt. In den letzten Jahren hat diese akademische Arbeit einer Reihe von Technologieanwendungen Platz gemacht, insbesondere im geschäftlichen Kontext.

Im L&D-Bereich dient die künstliche Intelligenz in erster Linie der Effizienzsteigerung durch die Automatisierung von Verwaltungsaufgaben. So hat KI beispielsweise im Bereich des Karrierecoachings die Digitalisierung der Branche durch die Automatisierung von Prozessen wie Coach-Matching, Inhaltsempfehlungen und prädiktive Nutzungsmodellierung unterstützt. Auf diese Weise konnten die Coaches mehr Zeit für die Durchführung von Coaching-Sitzungen aufwenden und so einen deutlich höheren Nutzen für ihre Kundschaft erzielen.

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Langfristig könnten Chatbots, die den Nutzern auf ihre persönlichen Herausforderungen zugeschnittene Lerninhalte vorschlagen, zu einem zentralen Bestandteil des Lernprozesses werden.

 

 

 

KI und generative KI unterscheiden sich darin, wie sie funktionieren und arbeiten, und werden daher unterschiedlich eingesetzt. Die generative KI ist in der Lage, Muster in den Daten zu erkennen, auf die sie trainiert wurde, um neue und originelle Inhalte zu generieren, während die herkömmliche KI lediglich in der Lage ist, Daten zu verarbeiten und erwartete Ergebnisse wie Analysen oder Vorhersagen zu liefern. Ein anschauliches Beispiel dafür, wie generative KI in der Personalentwicklung eingesetzt werden kann, sind Chatbots: Der weltweit erste Conversational AI Coach wurde Anfang dieses Jahres auf den Markt gebracht. Das Tool wurde im Rahmen eines nicht-kommerziellen Pilotprojekts entwickelt. Ziel war es, das Potenzial der generativen KI zu ermitteln, ihre Grenzen auszuloten und die Auswirkungen auf die Coaching-Branche zu verstehen.

Langfristig könnten Chatbots, die den Nutzern auf ihre persönlichen Herausforderungen zugeschnittene Lerninhalte vorschlagen, zu einem zentralen Bestandteil des Lernprozesses werden. Der Einsatz solcher Tools ist noch weit davon entfernt, am Arbeitsplatz aktiv gefördert zu werden, bietet aber ein konkretes Beispiel dafür, wie sich generative KI ethisch und nutzbringend entwickeln könnte.

Einhaltung ethischer Standards im Zusammenhang mit KI

Obwohl Projekte wie der Conversational KI Coach noch in den Kinderschuhen stecken, setzen Unternehmen generative KI bereits für eine Reihe von Aufgaben ein. Die Personalbeschaffung ist ein Bereich, der besonders von generativer KI profitieren kann, da die Technologie beispielsweise die Liste der Fähigkeiten, die benötigt werden, um eine Stelle erfolgreich zu besetzen, analysieren und eine bessere Stellenausschreibung erstellen kann. In ähnlicher Weise können Unternehmen generative KI nutzen, um Erkenntnisse über die Fähigkeiten und das Engagement der Mitarbeitenden zu gewinnen und zielgerichtete L&D-rogramme für die bestehende Belegschaft zu entwickeln.

Auch wenn diese Anwendungsfälle sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Unternehmen von Vorteil sind: Ethische Bedenken bleiben bestehen. Viele sind zum Beispiel besorgt darüber, dass generative KI-Tools auf der Grundlage sensibler Personaldaten trainiert werden könnten. Dies könnte dazu führen, dass die Anwendungen Antworten geben, die von diesen sehr persönlichen Daten beeinflusst sind. Dies wirft Fragen zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer auf. Ebenso wird befürchtet, dass generative KI-Tools, wenn sie auf voreingenommene Daten trainiert werden, diskriminierende Antworten liefern könnten. Um diese Bedenken auszuräumen, müssen Verantwortliche in der Personalentwicklung darauf achten, dass jedes Projekt zur Einführung von generativer KI genau geregelt und überwacht wird.

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Bei jedem erfolgreichen Projekt im Bereich der generativen KI ist es wichtig, die Aufsicht durch Menschen beizubehalten»

 

 

 

Bei der ersten Einführung der Technologie müssen die Verantwortlichen sorgfältig auswählen, wie die Technologie eingesetzt werden soll, und gewährleisten, dass keine sensiblen Daten über das System verarbeitet werden. Sie müssen auch sicherstellen, dass User:innen der Tools in integrativer Sprache und integrativem Verhalten geschult werden, damit die eingegebenen Daten frei von Vorurteilen und diskriminierender Sprache bleiben. Schliesslich müssen die Teams die Nutzung und die Ergebnisse regelmässig überwachen, damit keine derartigen Probleme bei der Nutzung der Tools auftreten. Bei jedem erfolgreichen Projekt im Bereich der generativen KI ist es wichtig, die Aufsicht durch Menschen beizubehalten und gewährleisten, dass diese ausreichend in den bewährten Verfahren geschult sind.

Bewahrung des menschlichen Aspekts von Human Ressources

Bei der Einführung von generativer KI in allen HR-Funktionen eines Unternehmens sollte es oberste Priorität sein, den menschlichen Aspekt zu bewahren. Automatisierung hat ihren Platz in der Personalentwicklung und kann von unschätzbarem Wert sein, wenn es darum geht, Teams Zeit zu verschaffen, sich auf andere Prioritäten zu konzentrieren. Diese zusätzliche Zeit könnte in die persönliche Entwicklung reinvestiert werden oder in die Bereitstellung von mehr Zeit für die berufliche Entwicklung von Mitgliedern in anderen Teams.

Generative KI soll den Menschen nicht ersetzen, sondern ergänzen. Insbesondere für Teams, die eine grosse Anzahl von Mitarbeitenden aufweisen, kann generative KI einen Teil der administrativen Aufgaben übernehmen, die die L&D-Fachkräfte davon abhalten, ihren eigentlichen Wert und ihre Kreativität einzubringen. Das gilt insbesondere für das Karriere-Coaching, wo digitale Coaching-Plattformen generative KI nutzen, um viele der Ineffizienzen zu automatisieren, die traditionelle Coaches belasten. Auf diese Weise können sich Coaches auf ihre eigentliche Stärke konzentrieren – den Aufbau persönlicher Beziehungen zu ihren Coachees und die Förderung ihrer Entwicklung. Während sich die generative KI weiterentwickelt, müssen Unternehmen sicherstellen, dass jedes Implementierungsprogramm unter Berücksichtigung ethischer Aspekte entwickelt wird, um die greifbaren Vorteile der Technologie wirklich nutzen zu können.

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Rosie Evans-Krimme

Rosie Evans-Krimme ist Psychologin, Neurowissenschaftlerin und Achtsamkeitsberaterin. Sie arbeitet bei CoachHub, um die Wissenschaft des Coachings und der Verhaltensänderung zu fördern. Als Director Innovation Lab & Behavioural Science unterstützt Rosie Organisationen weltweit bei der Entwicklung von Coaching-Programmen, die verhaltensorientierte Lösungen für organisatorische Herausforderungen und Veränderungen bieten.

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