HR Today Nr. 12/2020: Praxis – Nicht-christliche Feiertage

Feiertage richtig handhaben

Mit Ausnahme des 1. Augusts sind in der Schweiz Feiertage kantonal geregelt. Was das heisst und wie das Arbeitsrecht mit christlichen und nicht-christlichen Feiertagen umgeht. Eine Auslegeordnung.

Im Schweizerischen Arbeitsrecht existieren verschiedene Kategorien von Feiertagen: die offiziellen von Bund und Kantonen sowie die übrigen. Die Grundzüge dafür sind im Arbeitsgesetz geregelt. Die Bestimmungen gelten somit grundsätzlich für alle privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Betriebe, für die keine Arbeitsgesetz-Ausnahme greift.

Offizielle Feiertage

An oberster Stelle der schweizerischen Feiertagsregelung steht der 1. August (Bundes­feiertag). Dieser ist gemäss Schweizerischer Bundesverfassung den Sonntagen gleichgestellt. Infolgedessen ist von einem allgemeinen ­Arbeitsverbot auszugehen – wobei das Arbeitsgesetz gewisse Ausnahmen vorsieht. Zudem handelt es sich bei diesem Feiertag aufgrund der Verfassungsregelung um einen bezahlten Arbeitstag.

An zweiter Stelle folgen die kantonalen Feiertage. Die Kantone können gemäss Arbeitsgesetz bis acht weitere Feiertage im Jahr den Sonntagen gleichstellen, wobei sie diese frei wählen können. Die Kantone sind somit frei, religiöse (etwa der Dreikönigstag), patriotische oder politische Feiertage (etwa der 1. Mai) als Feiertag zu bestimmen. Bei religiösen Feiertagen gelten diese ohne Rücksicht auf die Religionszugehörigkeit für alle Arbeitnehmenden, die in diesem Kantonsteil oder Kanton arbeiten.

An diesen acht Feiertagen gilt für Betriebe, die dem Arbeitsgesetz unterstellt sind, auch das Sonntagsarbeitsverbot. Beschäftigungen sind nur mit Bewilligungen erlaubt. Es sei denn, es liege eine allgemeine Ausnahme vor. Weder das Obligationenrecht noch das Arbeitsgesetz regeln jedoch die Lohnzahlungspflicht an einem kantonalen Feiertag. In der Regel kommt Folgendes zur Anwendung: Arbeitnehmende im Jahres-, Monats- oder Wochenlohn werden ohne Lohnabzug entschädigt, da sie ihren Lohn ohne Rücksicht auf arbeitsfreie Tage erhalten. Anders sieht es bei Arbeitnehmenden mit Tag-, Stunden- und Akkordlohn aus. Hier ist primär auf die anwendbaren Bestimmungen in Einzel-, Gesamt- oder Normalarbeitsverträgen abzustellen. Existieren solche nicht, kommt die Ortsüblichkeit zum Zug. Sofern auch diese nicht besteht beziehungsweise nicht nachweisbar ist, wird dem Arbeitnehmenden kein Lohn geschuldet. Es liegt hier aber auch kein Annahmeverzug durch den Arbeitgebenden vor (Art. 324 OR), der einen Lohnanspruch begründen würde.

Für Feiertage, die auf die Ferien fallen, gilt Folgendes: Ferientage, die nicht ohnehin frei sind, müssen durch zusätzliche freie Tage nachgewährt werden, wenn sie mit bezahlten Feiertagen zusammenfallen. Die Ferien verlängern sich somit um die in die Ferien fallenden Feiertage.

Neben den vorgenannten offiziellen Feiertagen haben die Kantone die Möglichkeit, weitere wichtige Tage zu öffentlichen Feier- beziehungsweise Ruhetagen zu erklären. Die kantonale Polizeigesetzgebung zu Sonntagsruhe und Öffnungszeiten von Betrieben, die dem Detailverkauf, der Bewirtung oder der Unterhaltung dienen, kann beliebige Tage mit Sonntagsruhe belegen. An diesen Tagen ist ein allgemeines ­Arbeitsverbot nicht zulässig, sondern nur, sofern Arbeiten eine nach aussen dringende Störung der Feier- beziehungsweise Ruhetage mit sich bringen. Diese sind den Sonntagen nicht ­gleichgestellt.

Nicht anerkannte religiöse Feiertage

Bei den offiziellen Feiertagen handelt es sich, sofern diese einen religiösen Charakter haben, um christliche Feiertage wie Weihnachten (25. und 26. Dezember), Pfingsten oder Auffahrt.

Das Arbeitsgesetz sieht explizit vor, dass ­Arbeitnehmende berechtigt sind, an anderen als von den Kantonen anerkannten religiösen­Feiertagen die Arbeit auszusetzen. Jedoch gelten diese rechtlich als gewöhnliche Werktage. Damit sich ein Arbeitnehmender auf diese Regelung berufen darf, muss es sich zuerst um einen ­religiösen Feiertag handeln. Dabei kann es sich um christliche Feiertage handeln, die von den Kantonen nicht einem Sonntag gleichgestellt sind, oder um Feiertage anderer Religionen, religiöser Gemeinschaften und Sekten. Somit sind auch nicht-christliche Feiertage von dieser Regelung erfasst.

Damit ein Arbeitnehmender seine Arbeit an einem nicht kantonal anerkannten religiösen Feiertag aussetzen darf, muss er das dem Arbeitgebenden spätestens drei Tage im Voraus anzeigen. Durch diese Pflicht kann der Arbeitgebende notwendige Anpassungen bei den Arbeitsplänen treffen.

Beruft sich ein Arbeitnehmender auf einen nicht kantonal anerkannten Feiertag und setzt an einem solchen Feiertag die Arbeit aus, hat er keinen Lohnanspruch, sofern die Abwesenheitszeit nicht ausgeglichen wird. Hier kommt die schweizerische Regel «ohne Arbeit kein Lohn» zur Anwendung. Es sei denn, in den Einzel-, Normal- oder Gesamtarbeitsverträgen ist eine andere Regel vorgesehen oder es besteht eine entsprechende.

Im Allgemeinen wird zudem davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmende verpflichtet ist, die verpasste Arbeitszeit auf Aufforderung des Arbeitgebenden hin nachzuholen. In diesem Kontext darf die wöchentliche Höchstarbeitszeit ausnahmsweise überschritten werden.

Doch wie gestaltet sich die Rechtslage, wenn ein Arbeitgebender an einem nicht anerkannten, den Sonntagen nicht gleichgestellten, religiösen Feiertag den Betrieb schliesst? In einem solchen Fall liegt klarerweise ein Annahmeverzug des Arbeitgebenden vor (Art. 324 OR). Somit ist er zur Lohnzahlung verpflichtet, der Arbeitnehmende indes nicht, die verpasste Zeit nachzuholen.

Besuch von religiösen Feiern

Es kann auch vorkommen, dass ein Arbeitnehmender nicht den ganzen Feiertag abwesend sein, sondern nur an einer religiösen Feier teilnehmen will, beispielsweise an einem Gottesdienst. Hier sieht das Arbeitsgesetz vor (Art. 20a ArG), dass ein Arbeitgebender einem Arbeitnehmenden auf dessen Wunsch die erforderliche Zeit freigeben muss.

Diese Bestimmung gilt für sonntägliche Gottesdienste, sofern der Arbeitnehmende der Sonntagsarbeit zugestimmt hat und am Sonntag arbeiten soll, aber auch für alle anderen religiösen Feiern, die an Werktagen stattfinden. Dabei muss es sich nicht um christliche Feiern handeln, auch nicht-christliche fallen darunter.

Befürchtungen, dass jeweils zu viele Arbeitnehmende gleichzeitig der Arbeit fernbleiben, wird dadurch Rechnung getragen, dass die erforderliche Zeit nur «nach Möglichkeit» freigegeben werden muss. Somit kann der Arbeitgebende auf unerwünschte Abwesenheiten, die den berechtigten Interessen des Betriebes zuwiderlaufen, Einfluss nehmen.

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Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Belangen. Er doziert zudem regelmässig zum Arbeitsrecht. www.vfs-partner.ch

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