HR Today Nr. 4/2019: Fokus Forschung

Frauen an der Spitze

Noch sind weibliche Führungskräfte in Unternehmen unterrepräsentiert. Doch wie werden Frauen wahrgenommen, wenn sie zur CEO oder zur CFO ernannt werden? Forscher aus Holland und Schottland haben untersucht, wie Aktionäre auf ihre Ernennung reagieren.

Die Forschung zeigt, dass Frauen oft als risikoaverser und weniger selbstbewusst wahrgenommen werden und komplementäre Qualifikationen in die männlich geprägten Entscheidungsgremien mitbringen. Ob weibliche Geschäftsleitungsmitglieder in den Augen der Investoren tatsächlich Vorteile bringen, wurde bisher nicht im Detail untersucht. Die Analyse dieser Fragestellung ist jedoch sehr relevant, da das Ergebnis die wirtschaftliche Wahrnehmung weiblicher Führungskräfte spiegelt und somit ein wichtiges Argument für die Ernennung von Frauen in Leitungspositionen sein kann.

Eline Brinkhuis von der University of Groningen in Holland und Bert Scholtens von der University of Saint Andrews in Schottland haben Investorenreaktionen auf 100 Ernennungen weiblicher CEOs oder CFOs in 15 Ländern in Europa und den US zwischen 2004 und 2014 untersucht.Die betroffenen Frauen haben jeweils einen Mann in der Geschäftsleitung ersetzt.

Um Effekte bei der Ernennung weiblicher und männlicher CEOs oder CFOs zu vergleichen, haben die Forschenden 100 Ernennungen männlicher CEOs und CFOs gesucht, die hinsichtlich der Branche, der Unternehmensgrösse und des Datums jenen der Frauen glichen. Die Effekte der Ernennungen wurden anschliessend gepaart analysiert, indem die Tagesaktienkurse beobachtet wurden. Die Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

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Die Ernennung weiblicher Geschäftsleitungsmitglieder wird im Vergleich zu männlichen nicht schlechter, aber auch nicht besser bewertet.
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Daraus kann man schliessen, dass das Geschlecht des ernannten Geschäftsleitungsmitglieds für die Investoren bei der Unternehmensbewertung nicht relevant ist.
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Diese Ergebnisse widersprechen früheren Studien, in denen beobachtet wurde, dass sich die Ernennung weiblicher Geschäftsleitungsmitglieder negativ auf den Aktienkurs auswirkte. Die Autoren folgern: Je mehr die Ernennung einer weiblichen CEO oder CFO als «normal» gilt, desto weniger wirkt sich dies auf den Aktienkurs aus.

Aus der Studie lassen sich folgende Handlungsempfehlungen ableiten:

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Unternehmen sollten keine Angst haben, von Investoren bestraft zu werden, wenn sie einen weiblichen CEO oder CFO ernennen.
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Da Investoren das Geschlecht der ernannten Geschäftsleitungsmitglieder nicht zu beachten scheinen, sollten Unternehmen den Fokus auf die Qualifikationen der zukünftigen CEOs und CFOs legen.
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Anna Sender

Dr. Anna Sender ist Geschäftsführerin, Oberassistentin und Dozentin am Center für Human Resource Management (CEHRM) der Universität Luzern und Vorstandsmitglied der Zürcher Gesellschaft für Personal (ZGP).

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