Führungsmythen aufgedeckt: Was erfolgreiche CEOs wirklich ausmacht
Gibt es den «perfekten» CEO? Eine kritische Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Mythen über die Eigenschaften von Top-CEOs zeigt auf, welche Führungsqualitäten wirklich zählen.
Caesar war einer der erfolgreichsten Führungskräfte der Geschichte, aber bei weitem nicht perfekt. (Bild: Illona Frey/Unsplash)
Bei der Identifizierung der allgemein angenommenen Eigenschaften guter CEOs scheinen drei Mythen so häufig aufzutauchen, dass viele Menschen sie mittlerweile schlichtweg als Tatsache hinnehmen, ohne tiefer in die Wahrheit dahinter einzutauchen. In der Schweiz arbeiten derzeit nur acht Prozent der Recruiter in direktem Kontakt mit den Linienmanagern, um den aktuellen und zukünftigen Personal- und Kompetenzbedarf ihrer Unternehmen zu ermitteln. Daher können sie schnell zum Opfer dieser weit verbreiteten Überzeugungen fallen, wenn sie diese nicht hinterfragen. Es ist an der Zeit, die Eigenschaften der «perfekten CEOs» genauer unter die Lupe zu nehmen, um festzustellen, ob die derzeitige Meinung über starke Führungsqualitäten richtig ist oder ob es an der Zeit ist, die Rolle des CEO neu zu überdenken.
Mythos Nr. 1: Charisma ist die wichtigste Eigenschaft für CEOs
Auf die Frage nach den Eigenschaften, die perfekte CEOs ausmachen, werden die meisten Menschen wahrscheinlich auf Eigenschaften wie ehrgeizig, ergebnisorientiert, engagiert und vor allem charismatisch hinweisen. Charisma ist eine sehr wünschenswerte Eigenschaft einer Führungspersönlichkeit, die jedoch eng mit Narzissmus korreliert.
Studien haben hierbei gezeigt, dass Beförderungen häufig an jene Personen vergeben werden, die Selbstvertrauen, Intelligenz, Charme, Interesse und politisches Bewusstsein ausstrahlen. Sobald sie jedoch an der Macht sind, haben diese Personen das Risiko, eigennützige und riskante Entscheidungen zu treffen und letztendlich Chaos und Ruin für ihre Organisationen zu verursachen. Charismatische Führungspersönlichkeiten scheinen zwar strategisch ehrgeiziger zu sein, sind aber später in der Führung weniger effektiv. Während Charisma in der Regel mit beruflichem Erfolg korreliert, ist Bescheidenheit ein viel besserer Indikator für die Effektivität von Führungskräften und eine Eigenschaft, auf die Personalverantwortliche eher achten sollten als auf Charisma.
Bescheidenheit hilft zurückhaltenden Managern, ihre Fähigkeiten und Grenzen besser zu verstehen, Kritik anzunehmen und Teamarbeit zu fördern. Ihre Demut macht sie zu effektiveren Führungskräften. Darüber hinaus sorgen bescheidene Führungskräfte häufig für eine Nachfolgeregelung, bevor sie ausscheiden, was dazu beiträgt, dass die von ihnen geleiteten Organisationen auch nach ihrem Ausscheiden weiterhin effizient arbeiten. Bescheidene Führungskräfte schaffen auch häufig Engagement, binden kompetente Mitarbeitende an sich und haben eine längere Verweildauer im Unternehmen als ihre arroganter veranlagten Konkurrenten.
Mythos Nr. 2: Starke CEOs machen keine Fehler
Scheitern ist ein natürlicher Teil des Lebens. Tatsächlich erfüllen nur drei von fünf neu ernannten CEOs die Leistungserwartungen in ihren ersten 18 Monaten im Amt . Der grundlegende Test für gute CEOs ist nicht, ob sie scheitern, sondern wie sie mit Misserfolgen umgehen.
Wie Menschen auf diese Erfahrungen reagieren, ist für Unternehmen und Recruiter von grosser Bedeutung, da dies eine wichtige Grundlage für den Erfolg von Karriere und Unternehmen darstellt. Viele CEOs nehmen Misserfolge negativ wahr und reagieren entsprechend schlecht darauf. Ihnen fällt es schwer, aus diesen Erfahrungen zu lernen und somit laufen sie Gefahr, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Diejenigen, die Schuldzuweisungen oder -vermeidungen eigennützig vornehmen, erleiden eher negative Konsequenzen, beispielsweise den Verlust des Vertrauens oder Respekts ihrer Mitarbeitenden. Auf der anderen Seite könnten diejenigen, denen es an Belastbarkeit mangelt oder die es mit der Selbstkritik zu weit treiben, wiederum unter Karrierelähmung und Stagnation leiden. Die jährliche globale CEO-Umfrage von PWC zeigte auf, dass Schweizer CEOs im internationalen Vergleich optimistischer sind und dass sie besser in der Lage sind, sich an Herausforderungen anzupassen, die sich ihnen stellen, sei es auf beruflicher oder globaler Ebene. Damit sind sie besser in der Lage, auf berufliche Misserfolge zu reagieren.
Um in einem produktiven Führungsumfeld zu gedeihen, müssen CEOs diese Tendenzen erkennen und überwinden und sowohl aus persönlichen als auch beruflichen Misserfolgen lernen. Glücklicherweise können einige Schritte unternommen werden, um die eigene Reaktion auf Misserfolge zu verbessern, zum Beispiel die Kultivierung des Selbstbewusstseins, das Einholen von Feedback aus vertrauenswürdigen Quellen und die Einführung neuer Strategien, um sich von Rückschlägen zu erholen – all dies kann dazu beitragen, die Reaktion eines CEOs auf Misserfolge zu verbessern.
Mythos Nr. 3: CEOs sind übermenschliche Wesen
Die besten CEOs zeichnen sich in der Regel durch vier Eigenschaften aus: gesundes Urteilsvermögen, Integrität, Glaubwürdigkeit und Unterstützung. Was diese vier Qualitäten gemeinsam haben, ist, dass «perfekte» CEOs Vertrauen schaffen, indem sie konkurrierende Anforderungen, die in einem komplexen Spannungsverhältnis stehen, ausgleichen. Keine dieser Eigenschaften ist dabei aber übernatürlich.
Hervorragende CEOs sollten visionär, gleichzeitig aber bescheiden sein, ihr Team ermutigen, aber auch zur Verantwortung ziehen, schnell und entschlossen, aber genau sein. Die Position des CEO ist eine paradoxe Aufgabe, die einem Hochseilakt gleicht. Schweizer CEOs setzen die Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitenden und deren Entwicklung ganz oben auf ihre Prioritätenliste, was zeigt, dass sie ihre Mitarbeitenden als unternehmerisches Kapital schätzen. Schweizer CEOs sind bereit, wichtige und heikle Themen aktiv mit ihren Mitarbeitenden zu besprechen. Diese Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zum Eingestehen von persönlichen Unzulänglichkeiten oder Fehlern zeichnet eine gute Führungskraft aus und ist eine Eigenschaft, nach der Recruiter bei ihren Kandidaten und Kandidatinnen aktiv suchen sollten.
Die Position des CEO ist schwer zu bewältigen und es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass niemand perfekt ist, unabhängig von dem Titel, den er oder sie innehat, aber durch die Untersuchung der Überzeugungen, die mit der Vorstellung von Perfektion in der Rolle des CEO verbunden sind, können Recruiter und Unternehmensverantwortliche die Eigenschaften festlegen, denen sie nacheifern und die sie besitzen möchten. Nicht um das unerreichbare Ziel der Perfektion zu erreichen, sondern um eine stärkere Führungskraft zu werden und ihr Unternehmen zu Grösse zu führen.