«Für mich ist der Personalberater wie ein Mitarbeiter»
Sie brauchen sich, sie nerven sich, sie arbeiten zusammen: HR-Verantwortliche und Personalberater. Worauf eine erfolgreiche Zusammenarbeit basiert und warum die Chemie so wichtig ist, erläutern Andreas Blättler, Head of HR bei Charles Vögele Trading, und Kurt Zurbuchen, Managing Partner bei oprandi & partner.
Andreas Blättler (links), Kurt Zurbuchen. (Foto: Sabine Schritt)
Herr Blättler, wann ziehen Sie einen Personalberater bei?
Andreas Blättler: Grundsätzlich rekrutiere ich selber. Bei einigen Profilen bin ich aber mit meinem Latein am Ende, etwa wenn es um IT-Spezialisten geht. Es kann auch vorkommen, dass ich bei anspruchsvollen Positionen im kaufmännischen Bereich oder wenn wir viele Vakanzen haben, einen Personalberater beiziehe. In diesen Fällen erstelle ich das Profil pfannenfertig und gehe gezielt auf ein Büro zu.
Herr Zurbuchen, es gibt Firmen, die gleichzeitig mehrere Büros kontaktieren, wie stehen Sie dazu?
Kurt Zurbuchen: Die Zusammenarbeit muss auf Vertrauen basieren und nach meiner Ansicht funktioniert das nicht, wenn x andere Personalberatungen denselben Auftrag erhalten. Wir nehmen grundsätzlich nur Aufträge auf Mandatsbasis an. Es ist auch für das Image des Unternehmens nicht von Vorteil, wenn verschiedene Personalberatungen im Markt den gleichen Auftrag besitzen.
Was bedeutet Vertrauen, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen HR und Beratern geht?
K.Z.: Dass der Berater im Sinne des HR-Leiters handelt und ihn sowie die Linie entlastet. Entlastung bedeutet auch, dass ich ihm nur einen oder zwei Kandidaten vorstelle und nicht 20 Dossiers zur Auswahl schicke. Und zwar sind das Kandidaten, von denen ich überzeugt bin, dass sie fachlich geeignet sind und menschlich in die Firma passen. Es ist deshalb nötig, dass ich die Firma, ihre Kultur, die Mentalität der Mitarbeitenden und die Teams kenne.
Herr Blättler, wie finden Sie den richtigen Personalberater?
A.B.: Ich arbeite seit Jahren immer mit den selben drei Beratern: Ein Berater unterstützt mich im kaufmännischen Bereich, ein anderer, mit Sitz in Deutschland, wenn es um den Modebereich geht, und für den technischen Bereich ist Herr Zurbuchen mein Ansprechpartner.
Hat ein anderer Berater keine Chance bei Ihnen?
A.B.: Doch, aber ich muss ihn zuerst kennenlernen. Nur so kann ich auch ein Gefühl entwickeln, ob ich mit ihm zusammenarbeiten kann und er meine Sicht versteht. Was ich ablehne, sind Berater, die mir auf eine Stelle, die ich ausgeschrieben habe, ungefragt ein paar CV schicken.
Wieso, dann haben Sie doch gleich eine gute Auswahl?
A.B.: Die CV sind zwar professionell zusammengestellt, aber es liegen weder Zeugnisse noch Foto, noch sonstige Angaben bei. Wenn ich weitere Infos will, muss ich nachfragen. Ich bin aber nicht der Bittsteller, sondern der Kunde und ich habe keine Lust auf Mehraufwand. Wenn mir ungefragt Dossiers zugestellt werden, schicke ich sie gleich zurück mit der Bitte, mir keine mehr zu senden. Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viele Mitarbeitende rekrutiert, was bedeutet, dass ich sehr effizient arbeiten musste. Mir fehlt einfach die Zeit, Absagebriefe an Personalbüros zu schreiben.
Was erwarten Sie von einem Berater?
A.B.: Erste Priorität hat das Zwischenmenschliche, die Chemie muss stimmen. Für mich ist ein Personalberater wie ein Mitarbeiter, er gehört dazu. Zudem muss er verstehen, was ich will, und mein Denken übernehmen. Fachlich muss er fähig sein, zu finden, was wir suchen. Nehmen Sie als Beispiel den IT-Bereich: Hier verstehe ich zu wenig, dafür muss mein Berater, in dem Fall Herr Zurbuchen, das entsprechende Know-how haben oder zumindest darauf zurückgreifen können. Den richtigen Berater zu finden, ist, wie ein eigenes Team aufzubauen.
Was erwarten Sie von Auftraggebern, Herr Zurbuchen?
K.Z.: Dass sie ihre Wünsche offen und transparent kommunizieren. Nur so haben wir die Möglichkeit, den geeigneten Kandidaten zu finden. Wir müssen wissen, was den Kandidaten erwartet und welche Rahmenbedingungen existieren. Zudem ist es wichtig, mit den direkten Vorgesetzten zu sprechen, um zu verstehen, welche Anforderungen sie an den neuen Mitarbeitenden stellen.
Was sagen Sie zum Vorwurf, das HR kommuniziere zu wenig präzise, was es suche?
K.Z.: In diesem Fall ist wohl der Berater nicht an die richtige Stelle gekommen. Wenn ich eine Informatikstelle besetze, ist vielleicht nicht der HR-Leiter die geeignete Auskunftsperson, sondern der Leiter Informatik. Als Berater muss ich wissen, wo ich die richtigen und wichtigen Informationen holen kann.
A.B.: Das ist ein entscheidender Punkt. Wenn ich die Auskunft nicht geben kann, weil ich das fachliche Wissen nicht habe, vermittle ich den Kontakt zur Linie. Das tue ich aber nur, wenn ich weiss, ich kann dem Berater vertrauen, er ist seriös und verfolgt mein Interesse. Da ich nicht alle Berater vermittle, weil ich die Linienmanager vor Mehrbelastung schützen will, kann es sein, dass mich diese Berater als einen Personaler wahrnehmen, der nur einen Bruchteil an Informationen geben kann. Insofern stimmt der Vorwurf.
Herr Zurbuchen, kommt es vor, dass Sie Aufträge ablehnen?
K.Z.: Wenn der Kunde eine eierlegende Wollmilchsau sucht, die auch noch bezahlbar sein sollte, dann ja. Aber oft reicht es, dem Kunden die Grenzen aufzuzeigen und eventuell das Profil zu verändern.
A.B.: Mir macht es höchsten Eindruck, wenn ein Berater sagt, er habe das Inserat gesehen, der Bereich liege zwar in seinem Fachgebiet, aber momentan könne er keinen geeigneten Kandidaten vermitteln. Dieser Berater hat die Hausaufgaben gemacht, denn er beweist, dass er die richtige Person für die Stelle sucht und nicht einfach den Umsatz steigern will.
Ist Ihnen das Vorgehen Ihrer Berater gleichgültig?
A.B.: Grundsätzlich ja, ich will ja entlastet werden. Dennoch müssen ein paar Dinge stimmen, beispielsweise muss die Zusammenarbeit ehrlich sein und die Rekrutierung sauber ablaufen.
Was bedeutet sauber?
A.B.: Wenn ich von einem Personalbüro einen Kandidaten erhalte, will ich denselben nicht noch von einem anderen Büro angeboten bekommen.
K.Z.: Für uns ist das ein schwieriger Punkt. Wir können den Kandidaten nicht verbieten, sich an mehrere Büros gleichzeitig zu wenden. Wenn ich aber weiss, dass ein Kandidat bereits 50 Dossiers selber verschickt hat und daneben noch drei Berater engagiert, dann lehne ich ihn ab. Wir warnen die Kandidaten davor, gleichzeitig auf zu vielen Kanälen aktiv zu werden. Wer sich zu oft präsentiert, schmälert seinen Wert.
A.B.: Wenn ich einen Kandidaten über mehrere Kanäle bekomme, wirft das ein äusserst ungünstiges Licht auf die Person. Sie wirkt, als ob sie ganz dringend einen Job braucht. Das heisst, alles, was mir als Personaler wichtig ist – warum Charles Vögele, warum dieser Job –, erscheint nebensächlich, primär geht es darum, einen Job zu ergattern. Das ist kein Mitarbeitender, den ich haben möchte.
Gibt es so etwas wie Grundsätze oder unausgesprochene Regeln in der Zusammenarbeit?
K.Z.: Für uns sind das ethische Grundsätze und absolute Diskretion.
A.B.: Transparenz und Vertrauen sind für mich die beiden grundlegenden Stichworte. Vertrauen im Sinn: Es wird in meinem Interesse ein Kandidat gesucht.
Welches sind die häufigsten Missverständnisse oder Fehler in der Zusammenarbeit?
K.Z.: Wenn das Verhältnis stimmt, sollte es nicht zu Missverständnissen kommen.
A.B.: Ein gutes Verhältnis geht zwingend mit häufigem Kontakt einher, und zwar nicht nur dann, wenn man eine Stelle zu besetzen hat. Ich telefoniere meinen Beratern oder treffe sie mehrmals pro Jahr, damit man sich austauschen kann und sieht, was ansteht. Läuft eine meiner Rekrutierungen über einen Personalberater, habe ich mit ihm wöchentlich Kontakt.
Wann endet die Zusammenarbeit?
K.Z.: Am Ende der Probezeit führen wir mit Kandidaten und Kunden ein Feedback-Gespräch. Wir wollen wissen, ob alles in Ordnung ist und ob es Verbesserungsvorschläge gibt. Mir ist auch sehr wichtig zu erfahren, wenn einer meiner Kandidaten die Firma wieder verlässt. Mich interessiert der Grund, vielleicht gibt es irgendwo ein Problem, das ich berücksichtigen muss bei der nächsten Stellenbesetzung.
A.B.: Das ist richtig. Es muss einen Berater interessieren, wenn jemand wieder geht. Denn das Umfeld einer Firma ist ausschlaggebend, damit er den richtigen Kandidaten findet. Charles Vögele ist momentan reich an Beispielen. Mir werden Leute vorgestellt, die absolut auf den Job passen würden, aber nicht mit der momentanen Situation umgehen können. Wir brauchen Pioniertypen, die aufbauen wollen. Sich auf bewegte Zeiten einzulassen, ist aber nicht jedermanns Sache. Solche Informationen sind für einen Berater essenziell.
Andreas Blättler
Andreas Blättler arbeitet seit vier Jahren als Head of Human Resources bei Charles Vögele Trading AG und ist für die Konzernverwaltung und den gesamten Einkauf zuständig. Zuvor war er HR-Manager bei Topwell Apotheken AG, Leiter Personal bei Hüppi AG Strassenbau und arbeitete in der Abteilung Personal + Buchhaltung bei Schmidli Bau AG.
Kurt Zurbuchen
Kurt Zurbuchen ist seit fünf Jahren Managing Partner bei oprandi & partner und Niederlassungsleiter Pfäffikon/SZ. Zuvor arbeitete er bei Springer Science+Business Media Schweiz AG als IT-Leiter, er war bei Sapiens Schweiz AG Verkaufsleiter und bei Systor AG Projektleiter.