Gestresst, gekränkt, erkrankt
Viele Erkrankungen von Mitarbeitenden können nur vermieden werden, wenn sich die Vorgesetzten für ihr Wohlbefinden mitverantwortlich fühlen. Das gilt auch, wenn diese vermehrt im Homeoffice arbeiten.
Gesundheitsprävention lohnt sich. (Bild: 123rf)
Zugluft. Giftige Dämpfe. Ohrenbetäubender Lärm. Solche «Krankmacher» am Arbeitsplatz können Unternehmen leicht erkennen. Ebenso ist es, wenn sich ein Mitarbeitender in der Produktion beim Stanzen die Hand quetscht. Anders verhält es sich bei der Büroarbeit – egal, wo sie stattfindet. Hier sind die «Krankmacher» oft schwer erkennbar. Doch es gibt sie. Das verdeutlicht ein Blick auf die häufigsten Erkrankungen von Büroangestellten. Neben Infektionskrankheiten sind dies
- Erkrankungen der Wirbelsäule und des Bewegungsapparats,
- Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen sowie
- psychosomatische Erkrankungen.
Diese «Zivilisationskrankheiten» verursachen zirka 80 Prozent der krankheitsbedingten Fehltage – unter anderem, weil ihr Verlauf oft chronisch ist.
Mit der Prävention möglichst früh beginnen
Deshalb sollte ihre Prävention früh beginnen. Darüber sind sich die Experten einig. Weniger klar ist jedoch, wie sie vermieden werden können. Schliesslich haben diese Erkrankungen meist keine eindeutige Ursache. So werden zum Beispiel viele Herzkreislauf-Erkrankungen durch Stress (mit-)verursacht. Und der kann viele Auslöser haben – auch private. Hinzu kommt, dass jede Person Stress anders wahrnimmt: Während der eine Mitarbeitende die neue Aufgabe toll findet, gerät der anderen in Panik.
Diese Denk- und Verhaltensmuster zeigen die Mitarbeitende auch privat. Berufliches und Privates sind folglich eng verwoben, wenn es um den Krankmacher Stress geht. Das gilt in Zeiten, in denen die Mitarbeitende vermehrt im Homeoffice arbeiten, mehr denn je. Ähnlich verhält es sich bei den Risikofaktoren, die oft die genannten Zivilisationskrankheiten auslösen. Zum Beispiel eine ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel.
Den Menschen als Ganzen im Blick haben
Deshalb sollte die betriebliche Gesundheitsprävention stets den Menschen als Ganzen im Blick haben. Zudem sollten die Präventionskonzepte, sofern möglich, nicht rein auf Information setzen. Denn Wissen allein veranlasst Menschen meist nicht dazu, ihr Verhalten zu ändern – wie das Beispiel Rauchen beweist. Vielmehr sollten sie auch die Elemente «Training» und «Diagnostik» enthalten.
Diagnostische Elemente, wie beispielsweise die Blutwerte, sind wichtig, weil viele Menschen, deren Gesundheitsdaten schon eine Gefährdung signalisieren, sich noch topfit fühlen. Also sehen sie keinen Anlass, aktiv zu werden. Erläutert man ihnen aber ihre Gesundheitsdaten, die ihnen zum Beispiel ein stark erhöhtes Herzinfarkt- oder Burn-out-Risiko zeigen, dann reagieren sie betroffen und suchen eher nach Lösungen, die einen Kollaps vermeiden.
Auf den Betrieb umgemünzt könnte eine Massnahme lauten, den Mitarbeitenden nicht nur zu sagen, dass sie sich gesünder ernähren und mehr bewegen sollen, sondern ihnen vielmehr zeigen, wie sie Sport treiben sollten, damit dies ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden fördert.
Schlüsselrolle der Führungskräfte
Die Führungskräfte prägen weitgehend die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden. Klare Anweisungen und eine gesunde Fehlerkultur helfen zusätzlich Unsicherheit, Ärger und letztlich Stress zu minimieren. Ganz besonders dann, wenn ein grösserer Teil der Mitarbeitenden im Homeoffice arbeitet. Denn aufgrund der fehlenden regelmässigen persönlichen Begegnungen, nehmen Führungskräfte seltener oder später wahr, wenn Mitarbeitende Stress-Symptome zeigen. Zudem können sie nur bedingt checken, ob das Arbeitsumfeld im Homeoffice weitgehend «stressfrei» gestaltet ist. Da ist eine gute (digitale) Kommunikationskultur entscheidend.
Ebenso wichtig ist, dass die Unternehmen ihre Führungskräfte dafür sensibilisieren, wie schnell die veränderte Arbeits- und Führungssituation zu einem Ausbrennen gewisser Mitarbeitenden – zum Beispiel aufgrund von Überforderung oder sozialer Isolierung – führen kann.