Grossunternehmen mit KMU-Struktur positioniert sich neu
Bei der Firma Diethelm Keller Brands (DKB) ist Employer Branding seit dem vergangenen Jahr ein Schwerpunktthema. Warum eine Arbeitgebermarke für DKB bedeutend wurde, wie diese implementiert und umgesetzt wird, erläutert Michel Bösiger, Head of Corporate Human Resources.
Michel Bösiger (Foto: Christine Bärlocher)
HR Today: Diethelm Keller Brands ist in der Öffentlichkeit ein kaum bekanntes Unternehmen. Bekannt dagegen sind seine Marken wie Zyliss, Koenig oder Turmix. Was bedeutet das für das Employer Branding?
Michel Bösiger: Aus Konsumentensicht ist die Marke wichtiger als das Unternehmen selber. Die Leute kennen unsere Produkte, jedoch kaum jemand kennt uns als Unternehmen. Die Konsequenzen dieser Sichtweise waren jeweils gut bei Vorstellungsgesprächen zu beobachten. Wenn ich den Bewerbern unsere Brands zeigte – viele von ihnen stehen physisch im Besprechungszimmer –, gab es diesen überraschten Erkennungseffekt: «Diese Kaffeemaschine habe ich auch» oder «Die Trolleys im Flugzeug sind ja von DKB». Neben den Brands wollen wir nun die Firma in ein anderes Licht rücken, denn wir können als Firma langfristig nur erfolgreich bleiben, wenn wir die richtigen Leute rekrutieren und diese halten können.
Aus dieser Überlegung haben wir das Employer-Branding-Konzept aufgebaut. Wir wollen uns als Arbeitgeber besser positionieren, auch wenn weiterhin, und das ist gut so, vor allem unsere Marken einer breiten Öffentlichkeit bekannt bleiben werden. Als bisheriger Quasi-No-Name waren wir auf dem Arbeitsmarkt gegenüber anderen grossen Corporate Brands wie beispielsweise jenen von Finanzdienstleistern im Nachteil und das hat, gerade in wirtschaftlich guten Zeiten Konsequenzen für die Rekrutierung –müssen wir doch zuerst die Informationslücke über unser Unternehmen schliessen.
Wer hat die Initiative für das Thema Employer Branding ergriffen und wer ist involviert?
Employer Branding ist ein Element unserer Strategie, die richtigen Leute vom Markt zu holen und zu halten. Die Initiative, das Thema vertieft anzugehen, stammt aus dem HRM. Wir haben an der letztjährigen Executive Team Conference das Konzept vorgestellt, dafür grünes Licht bekommen und sind nun seit einem Jahr am Umsetzen. Das Employer-Branding-Konzept ist de facto eine Topmanagement- Angelegenheit, abgeleitet aus der Strategie.
Das klingt sehr einfach. Gab es keine Schnittstellenprobleme?
Als HR Leiter der Gruppe bin ich im Group Management Team, wo sämtliche Schnittstellen vertreten sind. Deshalb konnte ich die Employer-Branding-Massnahmen auch schnell und unbürokratisch vorstellen. Alle, von Corporate Communications bis zum Group CFO, wissen, worum es geht und sind involviert. Dieses unkomplizierte Vorgehen ist übrigens symptomatisch für unsere Firma.
Was bedeutet Employee Value Proposition für DKB?
Aus dem Produktmarketing ist der Begriff Unique Selling Proposition bekannt, der umschreibt, was ein Produkt einzigartig macht. Dieses Konzept haben wir auf uns adaptiert. Wir wollen als Arbeitgeber einzigartig sein, und zwar für die bestehenden wie auch für die potenziellen Mitarbeitenden. Die EVP ist ein Arbeitsinstrument, das unsere Kernbotschaften als Arbeitgeber zusammenfasst. In ihr werden Fragen beantwortet wie: «Was macht uns einzigartig, wofür verpflichten wir uns?» Die EVP ist jedoch nicht nur ein Hilfsmittel bei Rekrutierungen, sondern vor allem eine Aufforderung an uns selber, unsere Leistungsversprechen auch einzuhalten. In dem Sinn ist die EVP für die bestehenden Mitarbeitenden genauso wichtig, wenn nicht sogar bedeutender.
Was macht DKB aus Ihrer Sicht als Arbeitgeber einzigartig?
Der grösste Vorteil ist unsere Gruppenstruktur: Wir verbinden den macherorientierten KMU-Charakter der einzelnen Marken mit den Vorteilen eines internationalen Grosskonzerns. Das bedeutet, wir können unseren Mitarbeitenden die Vorteile eines KMU bieten, also kurze Entscheidungs- und Kommunikationswege sowie grosse Handlungs- und Verantwortungsspielräume. Gleichzeitig haben sie die Sicherheit und das Kapital eines Grossunternehmens mit seinen professionellen Instrumenten und Prozessen im Hintergrund. Dieser Mix kommt bei den Leuten sehr gut an. Das haben sie jedoch bisher erst realisiert, wenn sie sich bei uns vorgestellt haben. Das soll sich nun mit dem Employer Branding ändern.
Zudem sind wir ein international tätiges Familienunternehmen in der 4. Generation, langfristiges Denken und eine nachhaltige Entwicklung sind bei uns ein weiterer Vorteil. Der dritte wichtige Punkt ist die internationale Bekanntheit unserer Marken, die weltweit Teil des Alltagslebens vieler Menschen sind.
Was bedeutet nun das Leistungsversprechen konkret, beispielsweise für die Berufseinsteiger?
Berufseinsteiger übernehmen von Anfang an Verantwortung und bekommen einen grossen Handlungsspielraum. Wir erwarten von den Leuten, dass sie die Freiräume nutzen. Hier zeigt sich wieder der KMU-Charakterzug, wir sind eine macherorientierte Firma.
Dasselbe gilt übrigens auch für Lehrlinge, sie erhalten keine geschützten Arbeitsplätze, wo sie nichts falsch machen können, sondern müssen vom ersten Tag an Verantwortung tragen. Manchmal funktioniert das so gut, dass wir sie daran erinnern müssen, dass sie noch in Ausbildung sind und ihre Berufsschule nicht vernachlässigen dürfen.
Was bieten Sie langjährigen Mitarbeitenden, damit diese der Firma treu bleiben?
Die Entwicklungsmöglichkeiten, die sie bei uns haben, sind für viele Leute ein grosser Anreiz und diese sind in dreifacher Hinsicht gegeben. Mitarbeitende können sich innerhalb des angestammten Bereichs entwickeln, beispielsweise vom Junior Brand Manager zum Brand Manager. Auf einer zweiten Stufe steht ihnen die ganze DKB Gruppe offen, sie können also zum Beispiel aus dem Haushaltbereich in den Industriebereich wechseln. Drittens haben sie die Möglichkeit, innerhalb des Diethelm Keller Konzerns eine neue Aufgabe zu übernehmen, insbesondere auch im Ausland. Gerade in Asien sind wir sehr stark verankert.
Langjährige Mitarbeitende schätzen es auch, unternehmerisch tätig sein zu können. Das heisst, sie können nicht nur, sie müssen auch, denn für uns zählt die Performance und nicht das Potenzial. Die Umsetzung ist für uns wichtig. Hier schliesst sich auch der Kreis wieder mit der Verantwortung, denn etwas bewirken kann nur, wer dazu genügend Freiräume bekommt. Unsere macherorientierte Kultur in einem typischen KMU-Umfeld, aber bei einer global tätigen Firma soll dank des Employer Branding nun auch von potenziellen Bewerbern erkannt werden und nicht nur bei langjährigen Mitarbeitenden bekannt sein.
DKB ist in Europa, Amerika und Asien tätig und vereint unter ihrem Dach verschiedenste Marken – wie kann eine einheitliche Arbeitgebermarke auf so viele lokale und kulturell unterschiedliche Firmen passen?
Unsere Werte und Prinzipien sind überall gleich und werden von allen gelebt, egal ob jemand Küchenmixer in Oerlikon verkauft oder Airline-Trolleys in Singapur herstellt. Die Kultur ist somit quer durch unsere Industrien vergleichbar. Vor rund drei Jahren, also noch vor der Einführung des Employer Branding, haben wir in einem Werteworkshop mit dem gesamten Management der Gruppe und allen Managing Directors der Tochtergesellschaften unsere Kernwerte – Initiative, Fairness, Verantwortung, Vertrauen – definiert. Danach haben wir eine weltweite Schulung aufgebaut für die ersten drei Führungslevels. In diesen Führungstrainings ging es darum, wie die Werte – als bindendes Element der Unternehmenskultur – im Führungsalltag eingeführt, gelebt und an die Mitarbeitenden vermittelt werden. Beispielsweise bedeutete die unternehmerische Verantwortung gerade in traditionell geführten Firmen ein Umdenken. Es soll nicht mehr nur der Chef denken und der Mitarbeitende ausführen, sondern jeder ist selbstverantwortlich für seinen Bereich zuständig.
Damit die Wichtigkeit der Werte allen klar wird, war jeweils am ersten Tag der Führungsschulung unser CEO dabei und sprach mit den Leuten über die Werte. Und das tat er bei jeder Schulung, egal in welchem Land sie stattfand.
Wie überprüfen Sie, ob die Kernelemente gelebt werden?
Für das Wertecontrolling haben wir ein Pilotprojekt bei Wetrok gestartet mit einem webbasierten 360-Grad-Feedback, das spezifisch nur auf die Werte ausgerichtet ist. Wenn dieses Tool bei Wetrok erfolgreich eingesetzt werden kann, werden wir es weltweit lancieren. Mit diesem webbasierten Tool gehen wir einen Schritt weiter als mit den üblichen, klassischen Mitarbeiterumfragen, die wir natürlich auch haben.
Diethelm Keller Brands (DKB)
DKB umfasst 14 international ausgerichtete Marken, darunter Turmix, Zyliss, Koenig und den Original Flavour Shaker von Jamie Oliver. DKB beschäftigt rund 1100 Mitarbeitende, ist in 60 Ländern tätig und hat den Hauptsitz in Zürich. DKB ist eine der vier Geschäftseinheiten der Diethelm Keller Gruppe. Diese besteht seit 150 Jahren, beschäftigt über 25000 Mitarbeitende und ist in 90 Ländern tätig.