Zusammenarbeit HR und Kommunikation

«Gut informierte Mitarbeitende 
bleiben der Firma treu»

Er überbringt die Nachrichten und ist gleichzeitig für deren Vollstreckung zuständig. Als Leiter HRM 
und Kommunikation bei Monosuisse ist Marcel Jenni in einer Doppelfunktion, die ihn in der bewegten 
Firmengeschichte mehr als einmal gefordert hat. Dennoch hält er seine Doppelrolle für vorteilhaft.

Muss man ein spezieller Typ Mensch sein, um gleichzeitig HR und Kommunikation zu leiten?

Marcel Jenni: Wissen Sie, als ich vor knapp fünf Jahren anfing und den Kollegen meine neuen Koordinaten verschickt habe, antwortete einer: Nur weil du ein grosses Mundwerk hast, musst du dich nicht Chef der Kommunikation nennen. Nein, im Ernst: Man muss sicher gerne vor Leute stehen und reden können. Diesbezüglich kommt mir mein Werdegang mit militärischer Ausbildung entgegen, wo ich das Reden vor Publikum trainieren konnte. Zudem braucht man für so eine Stelle eine gewisse Selbstsicherheit. Nicht Extrovertiertheit, denn einen «Schnurri» kann weder das HR noch die Kommunikation brauchen.

Als Sie 2006 anfingen, mussten Sie viel vor und mit Leuten sprechen, denn die Firma wurde nach 100 Jahren verkauft ...

Richtig, die damalige Rhodia Industrial Yarns AG in Emmenbrücke wurde mit vier weiteren Standorten in Europa verkauft. Zum Glück war ich nicht alleine. Mir stand ein Team von sechs Leuten zur Seite, darunter war auch ein Kommunikationsspezialist. Von ihm habe ich sehr viel gelernt. Ich kam aus der Personalberatung, dort waren HR und Kommunikation getrennt.

Das war aber noch nicht die letzte grosse Kommunikationskampagne, die Sie leiten mussten.

Leider nicht. Beim Teilverkauf der Rhodia wurde die Nexis Fibers AG gegründet. Dieses Unternehmen wurde von den französischen Managern innerhalb von zwei Jahren in den Konkurs getrieben. Im Verlauf des Konkursverfahrens waren über 300 Arbeitsplätze akut gefährdet. Mehr als 150 Mitarbeitende konnten direkt in die heutige Monosuisse wechseln.

Sie waren nicht nur der Überbringer der schlechten Nachrichten, sondern auch der Vollstrecker. Haben die Mitarbeitenden Ihnen das übel genommen?

Nein. Ich war zu dieser Zeit zwei Hierarchiestufen unter den Entscheidungsträgern. Zudem wussten die Mitarbeitenden, dass ich zu einer Gruppe gehörte, die sich für den Standort einsetzte und an die sie sich halten konnten. Ausserdem ist es eine Frage der Art und Weise, wie man kommuniziert, wenn man solch unschöne Dinge vollziehen muss. Wir haben das mit Respekt, Anstand und Würde gemacht ...

Wie kann man Entlassungen mit Anstand und Würde kommunizieren?

Das persönliche Gespräch mit den Mitarbeitenden ist entscheidend, ihre Emotionen ernst zu nehmen, ihre Enttäuschungen aufzufangen, sich für sie Zeit zu nehmen. Natürlich konnte ich bei so vielen Entlassungen nicht überall dabei sein, sondern musste die Gespräche delegieren. Ich stand jedoch als Troubleshooter bereit, wenn es Probleme gab. Die Kündigungen konnten wir mit Anstand übermitteln, das zeigt mir die Tatsache, dass wir einige der Entlassenen nach drei Monaten zurückholen konnten.

Was sind die Vor- und Nachteile, wenn eine Person sowohl HR-Leiter als auch Kommunikationsleiter ist?

Die Nähe zur Belegschaft ist sicher vorteilhaft. Allerdings, wer als Personalleiter heute nicht nah bei den Leuten ist, ist sowieso am falschen Platz. Ein ganzheitlicher Blick auf die Themen sowie ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge sind weitere Vorteile, denn die Infos laufen bei HR und in der GL zusammen, wo gemeinsam entschieden wird, worüber wir informieren. Mitarbeiterinformationsanlässe werden von der gesamten Geschäftsleitung präsentiert: Der Geschäftsleiter informiert über Finanzen und Allgemeines, der Leiter Einkauf und Verkauf kennt die Marktsituation und ich spreche über Organisatorisches und Personelles. Aufpassen muss ich, dass ich generell bei Informationen nicht nur den HR-Fokus herauspicke und dass keine Mitteilung vergessen geht, die fürs HR nicht unbedingt relevant ist, aber über unseren Kanal läuft.

Nutzen Sie unterschiedliche Kanäle – je nachdem, ob es eine HR-Information ist oder etwas anderes kommuniziert wird?

Nein, dazu sind wir zu klein.

Worauf müssen Sie als HR- und Kommunikationsleiter besonders achten?

Dass ich die Mitarbeitenden auf dem richtigen Informationsstand abhole. In meiner Position bin ich den Mitarbeitenden betreffend Wissen oft drei oder vier Schritte voraus. Das ist bei den zusammengelegten Funktionen die grösste Schwierigkeit. Sonst finde ich es eine sehr gute Kombination. Es kommt auch weniger auf die Grösse einer Firma an, ob sie HR und Kommunikation in Personalunion betreibt, als vielmehr auf ihre Komplexität und Organisation.

An wen rapportieren Sie?

An  den Geschäftsleiter. Wir arbeiten Tür an Tür. Lange lief unser Austausch daher eher informell, so zwischen Tür und Angel. Nun treffen wir uns offiziell alle zwei Wochen, um zu besprechen, was läuft und worüber man die Belegschaft informieren muss.

Sind Führungsverantwortliche selber für die Kommunikation zuständig?

Führung hat sehr viel mit Kommunikation zu tun und für ihre Bereiche sind unsere Bereichsleiter selber zuständig. In einer flachen Hierarchie sind Schwächen in der Kommunikation schnell erkennbar und man kann die nötigen Anpassungen vornehmen. Ausserdem haben wir regelmässig Kaderrapporte, bei denen wir Themen besprechen, die stufengerecht an die Mitarbeitenden weiterkommuniziert werden müssen.

Wie oft finden Informationsanlässe für die gesamte Belegschaft statt?

Mit dem Start von Monosuisse haben wir unser Kommunikationskonzept intensiviert und es gibt mindestens alle drei Monate eine Mitarbeiterinformation. Das ist rund eine halbe Stunde, in der wir eine kurze Präsentation machen, aufzeigen, wie sich die Geschäfte entwickeln, wie die Aussichten sind, welche organisatorischen Änderungen es gibt. Das kommt bei der Belegschaft sehr gut an. Auch Produktionsmitarbeitende wollen wissen, was sich in der Firma tut und welche Köpfe verantwortlich sind. Man darf seine Leute nicht unterschätzen und glauben, sie interessierten sich nicht für Finanzzahlen. Wir haben nach der Gründung von Monosuisse gemerkt, dass ein richtiger Informationsdurst vorhanden war. Die Leute schätzen die kurze, präzise Information und diese Kommunikation schafft auch Vertrauen in den Arbeitgeber.

Sie haben das Kommunikationskonzept intensiviert – wie lief es denn früher ab?

Bei Rhodia haben wir viel weniger informiert. Nach aussen wollte das französische Management schon gar nichts sagen. Den Schweizern auf dem Platz war schon lange klar, dass man nur gewinnen kann, wenn man gut informiert. Wir haben von den schlechten Beispielen gelernt. Das Einfachste ist – und es sollte auch das normalste sein –, die Informationen stufengerecht zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu verbreiten. Kommunikation wird in vielen Unternehmen unterschätzt. Denn gut informierte Mitarbeitende sind zufrieden, motivierter und bleiben der Firma treu.

Interne Kommunikation soll nicht nur der Information dienen, sondern auch das Verhalten und die Einstellung der Mitarbeitenden beeinflussen.

Das ist sogar ein sehr wichtiger Bestandteil der Kommunikation. Es ist die einfachste Art von Employer Branding. Sind die Leute gut informiert, kann man sie auch leichter ins Boot holen, wenn Veränderungen anstehen. Bei unserer bewegten Vorgeschichte kämpfen wir momentan mit dem Image, denn immer noch werden wir mit Nexis und Konkurs assoziiert. Um als Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt positiv erkannt zu werden, als eines, das investiert, innovativ ist und ein attraktiver Arbeitgeber, muss die Belegschaft ins Boot geholt werden. Das gelingt nur, wenn die Menschen gerne hier arbeiten. Und man arbeitet nirgends gerne, wo man die Hälfte nicht weiss und die Ziele nicht kennt. Information ist auch eine Form von Zusammengehörigkeit, denn alle reden vom selben.

Wie wichtig ist die informelle Kommunikation beim Kaffee oder auf den Gängen?

Sie hat in unserer Kultur einen hohen Stellenwert, ist aber auch eine Quelle für Gerüchte. Allerdings intervenieren wir praktisch nie auf Gerüchte. Ich achte jedoch darauf, dass bei der nächsten offiziellen Information die klaren Fakten kommuniziert werden. Wenn wir trotzdem kurzfristig etwas richtigstellen müssen, so organisieren wir dies über Intranet oder Anschlagbrett. Bei uns wird Schicht gearbeitet und ich müsste mehrere Informationsveranstaltungen einberufen, damit alle die Mitteilungen erhalten. Übrigens war früher, als die Belegschaft schlecht informiert war, die Gerüchteküche weitaus mehr am Kochen. Gute Information macht den Gerüchten den Garaus.

Können Sie als HR- und Kommunikationsleiter besser auf Dienstleistungen von HR aufmerksam machen?

Ja, auf jeden Fall, das ist bei Monosuisse jedoch kein Bedürfnis. Einerseits bin ich in der Geschäftsleitung und geniesse eine grosse Akzeptanz. Andererseits werden bei uns HR-Mitteilungen genauso selbstverständlich kommuniziert wie Produktionszahlen. Ich sehe allerdings anlässlich meiner Weiterbildung an der Fachhochschule Nordwestschweiz, wo ich zurzeit den Master of Advanced Studies in Human Resource Management absolviere, dass etliche HR-Kollegen um die Akzeptanz kämpfen. Den meisten dieser Unternehmen würde es guttun, sie würden besser informieren und dem Kader den Wertschöpfungsbeitrag des HRM erklären.

Marcel Jenni

ist Leiter HRM und Kommunikation bei der Monosuisse AG. Zuvor war er in derselben Funktion bei Nexis Fibers AG und Rhodia Industrial Yarns AG tätig. In den Jahren 2000 bis 2006 arbeitete er als Personalberater, zuerst bei Manpower AG und dann beim RAV Ob- und 
Nidwalden. Jenni ist Personalfachmann mit eidg. Fachausweis und absolviert zurzeit den Master of 
Advanced Studies in Human 
Resource Management.

Monosuisse AG

geht ursprünglich auf das Unternehmen Sociéte de la Viscose Suisse zurück, das 1906 in Emmenbrücke gegründet wurde und Viscose-Filamentgarne (Kunstseide) herstellte. Es folgten mehrere Namenswechsel: von Viscosuisse über Rhône-Poulenc zu Rhodia. Nach 100 Jahren wurde das Unternehmen an Investoren verkauft, woraus die Nexis Fibers AG entstand. Nach nur zwei Jahren stand die neue Gesellschaft in einem Konkursverfahren, woraus 2009 dank Schweizer Unternehmertum die Monosuisse AG entstand. Das Unternehmen, das heute unterschiedliche Monofilamente (sehr feine, hochpräzise Kunststoffgarne) für industrielle Einsätze herstellt, beschäftigt rund 180 Mitarbeitende und gehört der Sefar Holding an. Die Personalabteilung der Monosuisse AG 
betreut nebst der eigenen Belegschaft weitere 175 Mitarbeitende aus Unternehmen, die aus der Geschichte der Viscosuisse entstanden sind.

www.monosuisse.com

 

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