HR-Chefs als CEO-Sparringspartner
Da CHROs ein sehr ähnliches Profil haben wie CEOs und zusätzlich über fundierte Kenntnisse in Bezug auf Führung sowie Kultur, Mitarbeiterentwicklung und Talentmanagement besitzen, sind CEOs gut beraten, den CHRO als Coach und Co-Architekten der Unternehmensstrategie heranzuziehen. «Es ist fast unmöglich, nachhaltigen Erfolg zu haben, ohne einen herausragenden CHRO an seiner Seite. Der CHRO sollte für den CEO ein Sparringspartner sein. Nicht zuletzt auch deshalb, damit ihm ein Spiegel vorgehalten und gezeigt werden kann, in welchen Bereichen er sich verbessern kann», so Thomas Ebeling, CEO von ProSiebenSat.1 Media AG und ehemaliger CEO von Novartis Pharma. Jill Smart, ehemalige CHRO von Accenture, meint dazu: «Eine nachhaltige, gute Beziehung zwischen CEO und CHRO entwickelt sich über lange Zeit hinweg und beginnt meist, bevor der CEO überhaupt befördert wurde.
Der CHRO sollte dabei in der Zusammenarbeit mit dem CEO jederzeit authentisch und aufrichtig sein – aber in gewissen Fällen dann natürlich auch die Rolle des Advocatus Diaboli übernehmen.» So kann der CEO mit seinem HR-Chef zum Beispiel die Fragen diskutieren: Habe ich den gewünschten Einfluss? Habe ich die richtigen Führungskräfte am richtigen Ort? Fördert die Unternehmenskultur die Produktivität und Energie der Mitarbeitenden? Das sind alles Fragen, die der CHRO in der Regel am besten – und ehrlichsten – beantworten kann.
HR-Chefs als CEO-Nachfolger
Dass sich CHROs und CEOs ähnlich sind und gewisse Verantwortlichkeiten teilen, ist nicht nur die Voraussetzung dafür, dass sich beide auf Augenhöhe begegnen können. CHROs werden so auch zu potenziellen Nachfolgern der CEOs. Wie die Studie zeigt, haben erfolgreiche CHROs heute verschiedene Stärken, die für die CEO-Position unabdingbar sind: So haben sie in der Regel eine gute Selbstwahrnehmung: Sie kennen ihre eigenen Stärken und Schwächen, aber auch die von anderen Personen. CHROs wissen also, auf wen sie zählen können und bei wem sie Vorsicht walten lassen müssen. Sie sind zudem hervorragend darin, andere zu führen. Das ist nicht sonderlich überraschend, denn schliesslich «menschelt» es in ihrem Berufsalltag besonders häufig – und nicht selten intensiv.
Hat jemand seine ganze Karriere im HR verbracht, wird er es allerdings kaum an die Spitze des Unternehmens schaffen. Es ist essenziell, dass der CHRO auf verschiedenen Abteilungen gearbeitet hat und somit über breite Management-Erfahrung verfügt. Bei global tätigen Unternehmen wie Zurich Insurance, Nestlé, Philip Morris und Deutsche Bank ist es bereits heute so, dass Führungskräfte mit besonders hohem Potenzial Job-Rotationen durchlaufen und so gezielt gefördert werden. Wichtig ist, dass der CHRO Erfahrung in der Umsatz- und Ergebnisverantwortung hat. Selbstverständlich muss der CHRO auch über ausreichend technische und finanzielle Kenntnisse verfügen, wenn er vorhat, CEO zu werden.
Gestern HR-Chef, heute CEO
«Starke CHROs sind Führungskräfte – weil sie die Dynamiken des Marktes verstehen, die wesentlichen Erfolgsfaktoren des Unternehmens kennen, fundiertes Finanzwissen haben und andere mit Empathie sowie Energie überzeugen können», so Jean-Christophe Deslarzes, Executive Vice President des HR bei ABB. Kurzum: Herausragende CHROs verfügen über diejenigen Fertigkeiten, die von künftigen CEOs gefordert werden könnten.
Wagt man einen Blick in die Wirtschaftswelt, findet man verschiedene CEOs, die sich in ihrer früheren Position als CHROs hervorgetan haben: Etwa Mary Barra, CEO von General Motors, die zuvor während 18 Monaten HR-Vizepräsidentin des Automobilkonzerns war. Oder Anne Mulcahy, von 2001 bis 2009 CEO von Xerox, die der HR-Abteilung des Unternehmens in den frühen 1990er-Jahren vorstand.
Provokative These
Dass es sich bei den beiden Beispielen um Frauen handelt, ist gemäss den Ergebnissen der Korn-Ferry-Studie kein Zufall: So sind 42 Prozent aller leistungsstarken CHROs weiblich. Daraus lässt sich die provokative These ableiten: Wenn mehr Unternehmen CHROs als künftige CEOs berücksichtigen würden, könnte sich auch der Anteil weiblicher CEOs erhöhen …
Selbstverständlich gibt es aber auch Beispiele von männlichen CEOs, die sich früher in einer HR-Position verdient gemacht haben. So etwa Bernard Fontana, CEO von Holcim, der zu Beginn seiner Karriere drei Jahre als CHRO bei ArcelorMittal, einem Minen- und Stahlunternehmen mit 320 000 Mitarbeitern, tätig war. «Als CEO muss man die Fähigkeit haben, Leute in ihrer Entwicklung zu unterstützen und die Basis dafür zu schaffen, neue Führungskräfte hervorzubringen. Insofern sollte man insbesondere CHROs berücksichtigen, wenn man sich nach neuen CEOs umsieht. Sie sind genau in diesen Bereichen stark.» Unternehmen sind bei der CEO-Nachfolgeplanung also gut beraten, die CHRO-Rolle in Betracht zu ziehen.