Höhere Belastbarkeit durch Biofeedback und bewusste Atmung
Belastbare Menschen sind in der Lage, sich schnell von stressigen Situationen zu erholen und aus der Alarmbereitschaft wieder in einen neutralen Zustand zurückzukehren. Diese Fähigkeit kann man sich aneignen und so das eigene Denkmuster gezielt verändern. Denn die Führungskräfte von morgen sind die, die gelassen und fokussiert bleiben.

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Wir alle kennen solche Leute aus dem Freundeskreis oder vom Arbeitsplatz: Im Berufsleben treten sie entschlossen, selbstbewusst, diszipliniert, gelassen, dynamisch, produktiv, ausgeglichen und überzeugend auf. Im Privatleben zeigen sie sich fürsorglich, aufmunternd, geduldig und fair. Das sind die erfolgreichen Leute, die wir bewundern und denen wir nacheifern. Wir lassen uns von ihren Erfolgen inspirieren und streben danach, es ihnen gleichzutun. Die meisten, wenn nicht alle diese Menschen haben eine Tugend gemeinsam: Sie sind belastbar. Deshalb bleiben sie auch unter Druck gelassen und fokussiert. Aber wie sind diese Leute belastbar geworden?
Wie ein Schwamm, der immer wieder in seine Form zurückkehrt
Es geht um die Fähigkeit, sich schnell von einem unvorhergesehenen Ereignis oder einer so genannten Stresssituation zu erholen. Es gibt immer wieder Stressfaktoren im Leben, die uns ablenken oder unsere Aufmerksamkeit erfordern. Problematisch wird es, wenn unser Körper in diesem Zustand erhöhter Alarmbereitschaft verharrt. Es geht also darum, in einen neutralen Zustand zurückzukehren, vergleichbar mit einem Schwamm, der, nachdem man ihn zusammendrückt, sich wieder auf seine ursprüngliche, eigene Form zurückvergrössert.
Wie können wir unser Nervensystem beeinflussen? Eine Möglichkeit, körperliche Reaktionen wie den Herzschlag zu beeinflussen, bietet die Atmung. Wenn wir unsere Atmungsrate verlangsamen, ändert sich auch unser Herzschlag, was sich wiederum auf den Rest des automatischen Nervensystems auswirkt. Die Verlangsamung unserer Atmung erfordert vor allem regelmässige Übung, denn wir ändern dabei ein Muster, das wir uns ein Leben lang angeeignet haben. Unsere Atmung ist ein automatischer Reflex und ist tief in unserem Unterbewusstsein verwurzelt. Wir ersetzen nun neu mit diesem bewussten Prozess ein Atmungsmuster durch ein anderes. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, üben wir das Atmen, ob im Tram, am Rotlicht, vor dem Einschlafen oder sogar in der Kaffee- oder Mittagspause. Es ist wichtig, dass wir uns auf das Ausatmen konzentrieren und nicht auf das Einatmen, denn dieses geschieht automatisch. Atmen Sie durch die Nase ein und durch den Mund aus, solange Sie können, auch wenn es nur für einige Minuten ist. Je länger Sie üben, desto leichter geht es und desto länger werden diese Phasen.
Atmung ist Teil vieler Trainings, Techniken und sogar Religionen
Unsere Art zu atmen ist für das Leben fundamental. Was die Belastbarkeit angeht, so beruhigt eine verlangsamte Atmung Körper, Geist und Emotionen. Sobald wir ruhiger werden, können wir uns darauf konzentrieren, unsere Situationen zu akzeptieren, aus ihnen zu lernen und davon Abstand zu nehmen. Aber solange wir uns nicht aktiv bemühen, unseren Körper durch Atmung zu beruhigen, werden wir nicht vorankommen.
Viele Programme, Trainings, Techniken und sogar Religionen beinhalten die Atmung in der einen oder anderen Form, aber häufig fehlt es an der entsprechenden Motivation, da wir nicht wissen, ob richtiges Atmen tatsächlich die gewünschte Wirkung entfaltet und uns weiterbringt. Dagegen lässt sich mit Biofeedback, einer relativ neuen Methode, die Wirkung der Atmung auf Geist, Körper und Gefühle messen. Dazu wird an einer Person ein Sensor befestigt, der die Reaktionen des Körpers misst. Anschliessend werden die Messdaten der Person optisch und akustisch angezeigt, um die Wirkung der Atmung zu verdeutlichen. Auf diese Weise erfährt die Person, welches ihr optimales Atmungsmuster ist. Eine weitere Person, zum Beispiel ein Coach, unterstützt diesen Prozess, indem er die Person behutsam durch diesen Trainingsprozess begleitet.
Sobald wir unsere Belastbarkeit verbessern, lernen wir auch, uns schneller zu erholen. Wir erholen uns nicht nur schneller von einer Stesssituation, sondern reagieren auch schon bald weniger dramatisch auf eine neue. Wir werden gelassener und fokussierter. Mit dieser Fähigkeit ändern wir nicht nur unser Atmungsmuster, sondern auch unsere Denkmuster.
Das Ausmass an Stress ist zum Mass aller Dinge geworden
Im Geschäftsleben wird Stress akzeptiert oder sogar erwartet. Es ist nicht ungewöhnlich, Leute zu hören, die sich über beruflichen Stress beklagen. In vielen Fällen geht es allerdings eher darum, einander zu beweisen, wie hart man arbeitet, wie wichtig die eigene Aufgabe ist, und dass man erfolgreich ist. Das Ausmass an Stress, das man erlebt oder beschreibt, ist zum Mass aller Dinge geworden. Je mehr Stress, desto mehr Erfolg. Je mehr Verantwortung man in der Karriere übernimmt, desto mehr Stressfaktoren setzt man sich aus. Wer gestresst ist, ist fast schon ein Held. In Tat und Wahrheit sollten jedoch erfolgreiche Geschäftsleute nicht an ihrer Stressintensität gemessen werden, sondern daran, wie belastbar sie gegenüber Stressfaktoren sind. Die erfolgreichen Unternehmensführer von morgen werden diejenigen sein, die es verstehen, gelassen und fokussiert zu bleiben.