HR Today Nr. 4/2022: International HRM / Mobility

Holiday Office

Remote Work ist in der ganzen Welt möglich. Viele Mitarbeitende möchten das nutzen und während der verlängerten Ferien oder beim Besuch der Eltern im Ausland arbeiten. Solche Arbeitskonstellationen sind in den meisten Fällen technisch einfach durchführbar. Werden aber nicht die richtigen Vorkehrungen getroffen, sind damit einige Risiken verbunden.

Holiday Office hat viele Parallelen zu einer kurzen Entsendung: für eine bestimmte Zeit im Ausland arbeiten, während der Schweizer Arbeitsvertrag erhalten bleibt, die Lohnauszahlung auf ein Schweizer Bankkonto erfolgt und sich der Lebensmittelpunkt in der Schweiz nicht verändert. Während Arbeitgebende eine Entsendung organisieren, initiieren Mitarbeitende das Holiday Office. Die Compliance ist in jedem Fall im Interesse der Arbeitgebenden einzuhalten.

Es liegt im Interesse des Arbeitgebenden und des Mitarbeitenden, während des Holiday Office weiter im Schweizer Sozialversicherungsnetz versichert zu bleiben. Gemäss Gesetz muss in einem Staat mit Sozialversicherungsabkommen jedoch ab dem ersten Auslandarbeitstag eine Entsendungsbescheinigung (A1, CoC) beantragt werden. Anhand der Praxis und in Absprache mit den Schweizer Behörden kann aufgrund der Verhältnismässigkeit bei kurzen, einmaligen Auslandeinsätzen darauf verzichtet werden. Sollte eine Bescheinigung doch notwendig sein, kann sie auch nachträglich beantragt werden, da diese in der Schweiz deklaratorisch und nicht konstitutiv ist (Bundesgerichtsurteil U 50/07 vom 4.8.2008; Erwägung 4). Eine rückwirkende Bescheinigung wird normalerweise nur für Entsendungen ausgestellt, bei Holiday Office sollte es nicht dazu kommen.

Abkommen im Detail

Bei Holiday Office in einem Staat ohne Sozialversicherungsabkommen wie beispielsweise Costa Rica benötigt ein Mitarbeitender eine Bestätigung über die Weiterführung seiner Sozialversicherungen. Auch hier gilt jedoch das Prinzip der Verhältnismässigkeit.

Bei der Krankenversicherung empfiehlt sich, die Deckung zu prüfen. In der EU und in den EFTA-Staaten ist diese durch das Krankenversicherungsgesetz (KVG) bereits gewährleistet. Für Holiday Office in einem Staat ausserhalb der EU und der EFTA-Staaten ist jedoch eine Zusatzversicherung oder Reiseversicherung zu empfehlen.

Mit vielen Staaten hat die Schweiz ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Dank diesem ist in diesen Staaten die 183-Tage-Regel auch bei Holiday Office anwendbar. Gemäss Artikel 15 der meisten DBA gilt diese, wenn sich jemand nicht länger als 183 Tage im Ausland aufhält, die Vergütung nicht vom Ausland aus erfolgt und die Einkommensteuerpflicht im Wohnsitzstaat respektive bei Holiday Office in der Schweiz bleibt. Grenzgänger wären hier separat zu betrachten. Bei Holiday Office in einem nicht DBA-Staat, beispielsweise Costa Rica, kann es dagegen zu einer Doppelbesteuerung kommen. Dieses Risiko sollte dem Mitarbeitenden, der in diesem Land Holiday Office machen möchte, schriftlich übertragen werden.

Manager und Geschäftsleitungsmitglieder sollten im Holiday Office zudem darauf verzichten, Verträge zu unterschreiben und wichtige Entscheide zu treffen, um Betriebsstätten-Risiken zu vermeiden. Das ist in den meisten DBA in Artikel 5 geregelt.

Arbeitsbewilligungen und Visa

Eine Arbeitsbewilligung ist ein ausgestelltes Rechtsdokument eines Staates, aus dem das Recht hervorgeht, während der Genehmigungsdauer in dessen Hoheitsgebiet zu arbeiten. Wie bei der Entsendung wäre hier zu prüfen, ob Mitarbeitende im Ausland für das Holiday Office eine Arbeitsbewilligung brauchen.

In der EU und in den EFTA-Staaten gilt die Posted Workers Directive. Dadurch unterstehen entsandte Arbeitnehmende einer Meldepflicht, manche ab dem ersten Tag (je nach Gewerbe), die meisten aber nach drei Monaten. Ein wichtiger Grund für diese Direktive war, dass sich westliche EU- und EFTA-Länder vor Entsandten aus den Niedriglohnländern schützen wollten – ähnlich wie durch das Schweizer Lohndumping-Gesetz. Schweizer Mitarbeitende im Holiday Office in EU und EFTA fallen jedoch kaum in diese Kategorie. Leider fehlen Erfahrungswerte, wie EU- und EFTA-Staaten eine Holiday-Office-Tätigkeit in ihrem Land betrachten. ­Einzig Zypern reagierte bisher auf diesen Trend und lancierte ein Remote-Arbeitsvisum für auslän­dische Staatsangehörige, Selbstständige oder im Ausland Angestellte. Dieses Visum ist bis zu einem Jahr gültig und kann um weitere zwei Jahre verlängert werden. Bewerbende müssen jedoch mindestens 3500 Euro pro Monat verdienen.

Reisende in Staaten ausserhalb der EU und der EFTA brauchen ein Visum oder können bis zu drei Monaten «Ferien» ohne Visum verbringen. Bei einem Visumantrag muss der Aufenthaltsgrund angegeben werden. So gilt Holiday Office als Remote-Arbeit und würde somit in vielen Ländern mit Visumspflicht eine Arbeitsbewilligung erfordern. Wo kein Visum beantragt werden muss, existiert ein Graubereich wie bei der EU und der EFTA.

Zusammenfassung

Holiday Office kann die Work-Life-Balance verbessern und dem Employer Branding nützen. Manche Firmen gewähren inklusive Ferien maximal zwei bis drei Monate Holiday Office pro Jahr im Ausland. Während ein arbeitsrechtliches Risiko in EU und EFTA relativ gering ist, sollte Holiday Office in Staaten ausserhalb der EU und der EFTA bezüglich Visums-, Sozialversicherungs- und Doppelbesteuerungsabkommen sowie Krankenkassendeckung separat geprüft werden. Auf jeden Fall empfiehlt sich ein Bewilligungsprozess, der auch von Vorgesetzen unterzeichnet werden muss.

Eine Gewährung von Holiday Office sollte schriftlich in einer Zusatzvereinbarung festgehalten werden; Land, Dauer, erlaubte Tätigkeit, Erreichbarkeit, Datenzugriff und Sicherheit. Die Kosten für Telefonie, Internetzugang und eine genügend hohe Krankenversicherungsdeckung gehen zulasten der Mitarbeitenden. Bei einer notwendigen Zusatzversicherung sollten sich Arbeitgebende diese zeigen lassen. Je nach Land ist zudem ein Arbeitsvisum erforderlich. Bei Staaten ohne DBA besteht zudem die Gefahr einer Doppelbesteuerung.

Langes Holiday Office

Oft besitzen Mitarbeitende die Nationalität des Staats, in welchem sie ins Holiday Office möchten. Somit entfällt die Frage nach der richtigen Bewilligung. Das BSV (Schweizer Bundesamt für Sozialversicherungen) reagierte auf diese Gruppe und nennt sie «Couch-Entsendungen».

Diese können gut begründet in den Schweizer Sozialversicherungen verbleiben, beziehungsweise für höchstens zwei Jahre durch eine Genehmigung der Ausgleichskasse. Ein Beispiel für einen begründeten Fall wäre ein ausländischer Staatsangehöriger, der für die Pflege kranker Familienangehöriger in sein Heimatland zurückkehren muss. Eine nachträgliche Verlängerung über das BSV ist dann nicht möglich. Bei einem Aufenthalt von über 183 Tagen würde der Mitarbeitende bei Staaten mit einem DBA dort steuerpflichtig. Bei Staaten ohne DBA sogar ab dem ersten Tag. Diese Verpflichtung ist mit den Mitarbeitenden schriftlich festzuhalten. Bei einer Nichteinhaltung der lokalen Gesetze durch Mitarbeitende sollte sich der Arbeitgebende des möglichen Reputationsschadens in diesem Land bewusst sein.

Die Gewährung von Holiday Office muss nicht an bürokratischen Hürden scheitern und ist für acht Wochen pro Jahr in einem EU- oder EFTA Staat für Mitarbeitende in Support- oder Beratungsfunktionen kaum mit Risiken verbunden. Für Holiday Office empfiehlt sich jedoch ein interner Genehmigungsprozess.

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Elvira Chopard ist bei der International HR Services AG als diplomierte Sozial­ver­siche­rungs­expertin für ­internationale Sozialversicherungsfragen zuständig. Sie doziert und nimmt in diesem Bereich eidgenössische Prüfungen ab.

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Dagmar Richardson ist Inhaberin und ­Geschäftsführerin der International HR Services AG und ­unterstützt Firmen bei kürzeren oder längeren Arbeits­einsätzen im In- und Ausland. Zudem ist sie unter anderem für die ZGP und die ZHAW als Referentin tätig.

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