Forum Wirtschaftspsychologie

«Home Office führt zu besserer Leistung»

Am 6. November organisiert die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) das Forum Wirtschaftspsychologie zum Thema «Mobile und flexible Arbeit». Welche Vorteile Home Office bringt und was die Risiken sind, erläutert Prof. Dr. Hartmut Schulze, Leiter des Instituts für Kooperationsforschung und -entwicklung an der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW.

Home Office ist ein Bedürfnis: Gemäss Studien wünschen sich dies ca. zwei Drittel aller Mitarbeitenden. Und bei der Hälfte der Arbeitsplätze, vor allem im Dienstleistungsbereich, wäre es rein von den Aufgaben her auch möglich. Von 4.5 Millionen Arbeitskräften in der Schweiz macht mehr als eine Million zumindest gelegentlich Home Office; im Durchschnitt sind es 0,8 Tage pro Woche.

«Auf der individuellen Ebene bietet  Home Office klare Vorteile», sagt Hartmut Schulze. Der Leiter des Instituts für Kooperationsforschung und -entwicklung (ifk) vertritt die These: «Wenn wir räumlich und zeitlich unabhängiges Arbeiten bewusst gestalten, so wird es zu einer Ressource für das Wohlergehen und die Gesundheit der Mitarbeitenden und führt zu einer besseren Leistung.»

Die höhere Autonomie lasse sich nutzen, um Reisezeit vom Wohn- zum Arbeitsort einzusparen, zudem arbeite es sich zu Hause oft ungestörter und selbstbestimmter als im Büro. «Arbeiten im Home Office bedeutet aber nicht, dass man gleichzeitig Kinder betreuen kann», betont Schulze. Es sei aber schon so, dass besonders viele Personen, die Kinder hätten, auch zu Hause arbeiteten. «Sie suchen sich zum Arbeiten aber Zeitfenster, wo sie ungestört sind.» Er selbst verbringt einen halben Tag pro Woche im Home Office und kocht dann für die Kinder Mittagessen. «Wird die räumlich-zeitliche Flexibilität gut gestaltet, liegen die Vorteile auf der Hand», fasst Schulze zusammen.

Gut gestaltet bedeutet, dass der Mitarbeiter einen eigenen Arbeitsplatz oder mindestens eine Arbeitsecke zu Hause hat, mit der Firma digital verbunden ist und den informellen Kontakt mit den Team-Kollegen aufrecht hält. Eben diese informellen Kontakte bergen das grösste Risiko im Zusammenhang mit Home Office, und werden von den flexibel Arbeitenden auch am meisten vermisst. Dabei gäbe es dafür viele Möglichkeiten, etwa einmal pro Woche oder pro Monat ein halbformelles Frühstück organisieren, bei dem das ganze Team anwesend ist. «Bei uns gibt es einmal pro Monat ein Institutsmeeting, verbunden mit der Gelegenheit zu einem anschliessenden gemeinsamen Mittagessen», erzählt Schulze. Eine andere Möglichkeit sei, Präsenztage oder Zeitintervalle einzurichten, an denen dann aber nach Möglichkeit auch die Führungskräfte anwesend sein sollten. Sinn dieser „geplant-informellen“ Ereignisse sei es, Möglichkeiten für informelle Treffen und Begegnungen zu schaffen.

Gefahr der sozialen Isolation

Wie Studien zeigen, möchten Mitarbeitende gar nicht die ganze Woche im Home Office arbeiten, sondern haben bereits nach einem bis zwei Tagen wieder das Bedürfnis, in den Betrieb zu gehen. Zwei Tage sind auch für den Professor ein guten Rahmen: «Sind die Menschen länger als zwei Tage im Home Office, besteht die Gefahr der sozialen Isolation», sagt Schulze. Es sei deshalb wichtig, sich mit dem Team abzustimmen und dieses auch regelmässig zu treffen.

Für erfolgreiches Arbeiten im Home Office brauchen die Mitarbeitenden ein paar Voraussetzungen: «Wichtig ist zum Beispiel ein gutes Boundary Management: Es braucht Taktiken und Strategien, um Arbeit und Privates voneinander trennen oder eben koppeln zu können.»  Laut Schulze kann dabei zwischen sogenannten «Segmentierern» und «Integrieren» unterschieden werden: «Integrierer sind z.B. solche, die im Geschäft zum Beispiel ein privates Telefonat mit der Mutter führen und zu Hause auf dem Sofa mit ihrem Laptop arbeiten.» Segmentierer dagegen wollen Beruf und Freizeit klarer trennen. «Lange dachte man, Home Office sei vor allem für Integrierer geeignet», erläutert Schulze.

Aktuelle Studien im Rahmen von Befragungen zum Schweizer Home Office Day hätten aber gezeigt, dass auch Integrierer in gewissem Masse segmentieren und etwa Offline-Zeiten definieren müssen. Segmentierer dagegen können dann gut zu Hause arbeiten, wenn sie eine gewisse Integration zulassen. Home Office sei für diejenigen am Schwierigsten, die zwischen den beiden Polen schwankten.

Home Office macht Arbeitgeber attraktiv

Home Office bringt nicht nur den einzelnen Mitarbeitenden Vorteile, sondern auch der Organisation: Ermöglicht eine Firma räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten, so steigert das ihre Arbeitgeber-Attraktivität. Zudem sind sie innovativer: «Firmen, die Home Office erlauben, bringen nach einer aktuellen Studie eines Wirtschaftsinstituts offensichtlich mehr neue Produkte auf den Markt als andere Unternehmen», sagt Schulze.

Das Problem ist, dass in vielen Unternehmen der Umgang mit Home Office noch nicht genügend thematisiert wird.  Dabei würden es die Mitarbeitenden sehr begrüssen, wenn eine Policy vorhanden wäre, die auch die Haltung der Geschäftsleitung zur mobil-flexiblen Arbeit zum Ausdruck bringt und Orientierung gibt. 

Auch auf die Führungskräfte kommen neue Herausforderungen zu: «Sie sollten wegkommen von einem präsenz-orientierten Führungsstil hin zu einem Stil, der auf Kommunikation und Vertrauen basiert.» Wie das geht, erläutert Schulze gleich weiter: Vorgesetzte vereinbaren Ziele mit ihren Mitarbeitenden und messen sie an deren Erreichung. Allerdings reiche es nicht, nur die Ziele zu definieren, der Chef sollte den Mitarbeitenden auch mögliche Wege dorthin aufzeigen. «Vorgesetzte entwickeln sich quasi zu einem Coach», sagt Schulze. Zudem müssen sie Kommunikationsprozesse auch im virtuellen Kontext aufrecht erhalten, was neue Kompetenzen erfordert. Und natürlich sollte der Vorgesetzte auch selbst vom Arbeiten im Home Office überzeugt sein und hinter dem Konzept stehen. Die Vorbildfunktion von Führungskräften bleibt also auch bei mobil-flexibler Arbeit unmittelbar bedeutsam.

Forum Wirtschaftspsychologie 2014

Wie können mobile und flexible Arbeitsformen erfolgreich und produktiv im Unternehmen eingesetzt werden? Welche Lösungen zeichnen sich für die Gestaltung flexibler Arbeitsumgebungen ab? Das Forum Wirtschaftspsychologie liefert Impulse und Lösungen für die Praxis. Wissenschaftler, Vertreterinnen und Vertreter Schweizer Unternehmen diskutieren im Stadttheater Olten aktuelle Erkenntnisse und zeigen Impulse für die Praxis auf.

Wann: 6. November 2014, 18.20 - 20.15 Uhr
Wo: Stadttheater Olten
Infos und Anmeldung: www.fhnw.ch/aps/forum-wirtschaftspsychologie

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Weitere Artikel von Yvonne Bugmann

Das könnte Sie auch interessieren