Psychologie in der HR-Praxis

«Ich bin hier nicht nur der Psychologe, 
sondern der Christoph»

Herr Schneider, welche Vorteile haben psychologische Kenntnisse für die HR-Arbeit?

Christoph Schneider: Führungskräfte müssen sich auch immer mit psychologischen Fragestellungen auseinandersetzen. Meine Aufgabe ist es, die Führungskräfte in psychologischer Hinsicht kompetent zu beraten. Ich arbeite sehr eng mit der Linie zusammen und werde zum Beispiel gebeten, Stellung zu beziehen, wenn es um wirksame und nachhaltige Interventionen in der Führungs- und Organisationsentwicklung oder um die Begleitung von jungen Führungskräften geht.

Was unterscheidet Ihr Augenmerk in der Personalentwicklung als Psychologe von dem eines Nichtpsychologen?

Meine Perspektive ist etwas anders. Wo es früher in der Führungsentwicklung nur um Prozesse und um standardisierte Werkzeuge ging, sind wir heute bei einer Unterstützung angekommen, die vor allem auf die individuellen Stärken ausgerichtet ist. Ich bin sehr stolz darauf, dass hier ein reger Austausch und ein konstruktiver Dialog entstanden sind. Für eine gute Personalentwicklung braucht es aber die richtige Mischung unter den Mitarbeitenden im Personalwesen, da die verschiedenen Perspektiven relevant sind.

Ist ein Psychologe auch gleich ein Menschenkenner?

Er kann sehr gut die Gefühlslage der Menschen nachvollziehen und weiss vielleicht eher, was zu tun ist, um die Situation zu verbessern, als ein psychologischer Laie. Es geht darum, zu sehen, was die Menschen beschäftigt, und ihre Bedürfnisse zu erkennen – auch wenn sie nicht offen ausgesprochen werden.  Nur so können wir die passende Unterstützung bieten.

Denken Sie, dass die Mitarbeiter mehr Vertrauen zu Ihnen haben, weil sie wissen, dass Sie einen psychologischen Hintergrund haben?

Ich werde mit meiner Perspektive sehr stark akzeptiert. Das ist wahrscheinlich die Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Dialog. In meinem Fall kommt hinzu, dass ich meine psychologische Laufbahn erst im dritten Bildungsweg begonnen habe und vorher quasi einer von ihnen war. Sei es in der Technik oder in einer Führungsposition. Ich bin hier nicht nur der Psychologe, sondern der Christoph.

Sie haben sich in Ihrem Studium intensiv mit der Intuition vor allem im Rekrutierungsprozess von Führungskräften beschäftigt. Sind Sie nach all dem, was Sie wissen, rationaler in Ihren Entscheidungen als andere?

Studien haben gezeigt, dass vor allem im Rekrutierungsprozess das Bauchgefühl der entscheidende Faktor ist. Davor sind wir als Psychologen auch nicht sicher. Doch vielleicht gelingt es einer psychologisch geschulten Person eher, objektiv messbare Fakten und subjektive Wahrnehmungen getrennt zu halten und diese dann im Entscheidungsprozess klarer gegeneinander abzuwägen.

Sollten HR-Manager Ihrer Meinung nach eher Menschenkenner oder 
Geschäftskenner sein?

Wenn man Führung betreibt, ist auch die Psychologie stets gegenwärtig. Swisscom ist auf dem Weg vom reinen Telefonanbieter zum Rundumbegleiter in der digitalen Welt. Um meinen Beitrag zu leisten, muss ich die Mitarbeiter verstehen und begeistern können. Und gleichzeitig auch den technischen und geschäftlichen Kontext auf einem hohen Niveau verstehen können. Es braucht beides. Die Mischung macht es.

Christoph Adrian Schneider ist seit 2008 als HR Management Development Specialist in der Abteilung Personal- und Organisationsentwicklung bei der Swisscom (Schweiz) AG tätig. Zuvor war er im Privatkundenbereich tätig. Schneider ist diplomierter Psychologe und studierte Arbeits- und Organisationspsychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Zusätzlich absolvierte er eine Coachingausbildung.

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