«Im Zentrum steht das Miteinander der Generationen»
Organisationsberaterin Agnes Joester beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit dem Thema Generationen-Management und berät seither Unternehmen und Organisationen. Mit HR Today spricht sie über ihren Zugang zur Thematik, ihre Methoden und Ziele.
Agnes Joester. (Foto: zVg)
Frau Joester, was ist Ihr persönlicher Zugang zum Thema Generationen-Management?
Agnes Joester: Als Babyboomerin und Tochter von Eltern aus der Kriegsgeneration sowie Mutter einer Tochter aus der Generation Y verfolge ich seit rund zehn Jahren die Fragen des Miteinanders der Generationen in meinem Berufsleben als Organisationsberaterin und Businesscoach. Im Coaching, der Supervision und anderen Beratungssituationen treffen Klient und Beraterin aus verschiedenen Generationen, Geschlechtern, kulturellen Hintergründen und Lebenssituationen aufeinander.
Wie wurde Ihr Interesse für das Thema geweckt?
Um dem damaligen «Gegeneinander der Generationen» etwas entgegenzusetzen, habe ich mit meiner Kollegin Heike Schwartz 2006 einen Dialog-Prozess zum «Miteinander der Generationen» entwickelt, um in Unternehmen oder Gemeinden unter den verschiedenen Generationen einen konstruktiven und inspirierenden Dialog herzustellen. Dabei geht es jeweils darum, herauszufinden, welche Spezifika die verschiedenen Generationen mitbringen. Wie sie in ihrer generativen Gestimmtheit «ticken» und wie die unterschiedlichen Generationen aufeinander reagieren.
Können Sie einen konkreten Business-Case nennen, der Ihren Ansatz illustriert?
Ich habe mit meinen Kollegen aus dem HR-Team der Helvetia Versicherungen eine HR-Policy zum «Miteinander der Generationen» umsetzen können. Diese reichte von der Flexibilisierung der Pensionskassen über Schulungen von Führungskräften im Umgang mit der Generationenvielfalt bis hin zu einer Lehrlingsoffensive in der Rekrutierung, ergänzt durch Mentoringprogramme im Talentmanagement sowie Gesundheitsprogramme und Standortbestimmungsworkshops für spezifische Altersgruppen.
An welchen Methoden orientiert sich Ihr Ansatz?
Im Zentrum steht das Miteinander der Generationen. Methodisch lehnt sich der Prozess an den Methoden und den Dialogprozessen von Martin Buber und David Bohm sowie David Cooperrider und Diane Withney an. Diese sogenannten «Open Space»-Prozesse bieten – wie der Name sagt – einen offenen Raum, wo unterschiedliche Gruppen in einen Dialog treten und die Grenzen des Verstehens in der konkreten Begegnung erweitert werden können.
Welche Ziele stehen dabei im Vordergrund?
Ziel ist es einerseits, von einander zu erfahren, was jeder in seinem Leben gemeistert hat. Andererseits geht es darum, zu hören, was mein Gegenüber und seine Generation sagt, aber auch zu sehen, wie mein Gegenüber mich und meine Generation sieht. Weitere Ziele bestehen darin, zu sagen, wie ich mein Gegenüber sehe, zu reflektieren, was mich und meine Generation möglicherweise ausmacht und miteinander einen inspirierenden Prozess zu erleben.
Wie muss man sich die Umsetzung in der Praxis vorstellen?
Anwendung fand dieser Ansatz mit 20 bis über 500 Menschen bislang in Prozessen der Unternehmens-, Arbeits- und Produktentwicklung sowie in kommunalen Partizipationsprozessen. Immer dann, wenn ein kulturelles Miteinander erreicht werden soll. Denn in diesem Dialogprozess können nicht nur die positiven Aspekte der Vielfalt zwischen Jungen und Alten, sondern auch zwischen Frauen und Männern, Inländern und Ausländern, Pflegepersonal und Medizinern, Firmeninhabern und Firmennachfolgern, Vertrieblern, Controllern und Produktentwicklern etc. gefördert werden, ohne die Unterschiede und Schwierigkeiten zwischen den Gruppen zu negieren.