Recruiting

Innovativere Websites 
sollen Bewerber ködern

Das Web spielt für die Rekrutierung eine immer grössere Rolle. Manche rekrutierenden Unternehmen lassen sich im Kampf um qualifizierte Mitarbeitende einiges einfallen, viele bleiben aber beim Altbewährten.

Die Präsenz im Internet spielt im Recruiting-Prozess eine immer grössere Rolle, sei es in Form der unternehmenseigenen Internetpräsenz oder mit Inseraten auf Online-Stellenportalen. Schweizweit gibt es nur noch wenige Firmen ohne Internetauftritt. In den letzten Jahren sind die meisten Unternehmens-Sites zunehmend professioneller und innovativer geworden. Auch unabhängig von der Wirtschaftskrise haben viele Unternehmen in letzter Zeit den Webauftritt sprachlich oder visuell erweitert, um den Ansprüchen der Kandidaten zu genügen.

Eine Rubrik, in der freie Jobs ausgeschrieben werden, gehört zu den Mindestanforderungen einer zeitgemässen Unternehmens-Homepage. Unter «Offene  Stellen», «Jobs und Karriere» oder schlicht «Jobs» können Interessierte mit einem Mausklick sehen, ob eine Mitarbeit im Unternehmen möglich wäre. Manche Firmen nutzen jede Chance, um kein Talent zu verpassen. Mit der Bemerkung: «Wollen Sie für uns arbeiten? Melden Sie sich, wir sind immer auf der Suche nach guten Mitarbeitern» fordern sie potenzielle Bewerber zu einer Blindbewerbung auf.

Hilfestellung und Bewerbungstipps für zukünftige Mitarbeiter

Grossunternehmen wie Siemens, IBM oder ABB haben die Rekrutierungs-Homepages so weit ausgebaut, dass sich Bewerber online registrieren und ihr CV hinterlegen können, sei es für eine Stelle in der Schweiz oder in einer Konzernniederlassung im Ausland. Als zusätzliche Dienstleistungen dieser professionalisierten Rekrutierungs-Sites unterstützen Karriere-Manager-Tools die Kandidaten und geben Tipps, wie man sich richtig bewirbt und auf das Auswahlverfahren vorbereitet.

Podcasts gewähren erste Einblicke in die Unternehmen

Wer mögliche Kandidaten auf der eigenen Website abholt, ist im Vorteil: Die Besucher können sich von der Firma als Arbeitgeber gleich ein eigenes Bild machen. Oft kommt dieses Bild sehr professionell daher, nämlich als Podcast in Form eines Werbefilms, den Interessierte herunterladen können und in dem die Vorzüge des Unternehmens allgemein und als Arbeitgeber gepriesen werden. Solche Videos werden auch auf den grossen Online-Stellenportalen immer beliebter: Viele Unternehmen betreiben darauf auch reine Imagewerbung, ohne gezielt auf eine Stellenvakanz hinzuweisen.

Zum Beispiel die Schweizer Niederlassung von AstraZeneca in Zug. Die Pharma-Unternehmung hat seit diesem Jahr ein gefilmtes Arbeitgeberporträt auf einem Jobportal und auf der eigenen Website aufgeschaltet. Abgesehen davon wurde die Rekrutierungs-Site nicht verändert, auch nicht aufgrund der Wirtschaftskrise. «Wir rekrutieren ungefähr 30 Prozent der Mitarbeitenden über die eigene Homepage», erklärt Jeannette Furlenmeier, Senior Human Resources Manager bei AstraZeneca.

Die Wicor Holding AG in Rapperswil, ein Industriezulieferer mit weltweit rund 3800 Mitarbeitenden, setzt für die Rekrutierung vor allem auf Online-Stellenportale. Bewerber schauen eher selten auf die Firmen-Site, weil die Wicor Holding AG als Marke im Alltag nicht bekannt ist, erklärt HR-Leiter Alfons Augsburger. Auf einem bekannten Online-Stellenportal ist zudem ein Firmenvideo hinterlegt, das Bewerber über die Wicor Holding als Arbeitgeber informiert. «Möglicherweise werden wir dieses Video auch bald auf der Firmen-Homepage zeigen», so Augsburger. In den letzten Monaten ist die Rekrutierungsplattform sprachlich und visuell erweitert worden. Zudem verfügt die Firma nun über ein neues Inseratelayout, das in den Zeitungsinseraten wie in Internetausschreibungen einheitlich erscheint und für einen Wiedererkennungseffekt sorgt.

Auch der Boom der Social-Networking-Plattformen wie Facebook oder Xing und Arbeitgeberbewertungs-Communities wie kununu verändern die Rekrutierungsmethoden. Die Beliebtheit und das Potenzial dieser Plattformen werden auch in Zukunft noch zunehmen: Weltweit zählt Facebook mehr als 175 Millionen Mitglieder. In der Schweiz sind es bereits über eine Million, davon die meisten im Ausbildungs- oder Arbeitsprozess integriert – also potenzielle Mitarbeiter, die mit dem Web 2.0 umgehen können.

Virtueller Dialog zwischen Usern und Mitarbeitern

Diese Plattformen ermöglichen es, die potenziellen Bewerber dort abzuholen, wo sie sich bevorzugt aufhalten. «Dabei sollen die Bewerber, wenn immer möglich, auf die eigene Karriere-Website geleitet oder gelenkt werden, damit sich diese an zentraler Stelle bewerben können», schreiben Andrea Iltgen und Simon Künzler im Prospective HR Media Guide 2009 über die Trends im Recruiting. Verschiedene Unternehmen wie etwa IBM nutzen bereits Social Networks, wo frühere und aktuelle Mitarbeitende miteinander in Dialog treten können. Indem die User direkt mit den Mitarbeitern eines Unternehmens kommunizieren, können sie sich ein besseres Bild der Unternehmung machen.

IBM setzt beim Recruiting schon lange auf die elektronischen Sites und nutzt die neusten technischen Möglichkeiten wie Videos oder Testimonials. «Wir rekrutieren Personal fast ausschliesslich über unsere Rekrutierungs-Site. Auch Agenturen beziehen sich und verlinken darauf. Die Seite ist unser wichtigster Kanal», sagt Hans-Jürg Roth, Leiter HR der IBM Schweiz. Die Rekrutierungs-Site werde zudem laufend überprüft und neuen Imagekampagnen angepasst. Neben dem internationalen Imagespot ist auch das Unternehmensporträt von IBM Schweiz abrufbar.

Auch die HR-Verantwortlichen der SBB ziehen die Umsetzung von Web-2.0-Anwendungen auf ihren Rekrutierungs-Sites in Betracht. «Das hat aber nichts mit der Wirtschaftskrise, sondern mit der Personalmarketingstrategie zu tun, die wir derzeit erarbeiten. Erste Partnerschaften, beispielsweise mit der Bewertungsplattform kununu, sind wir bereits eingegangen», erläutert Stephanie Anderegg, Leiterin Kompetenzcenter Personalmarketing. Damit wollen die SBB ihre Zielgruppen ansprechen, die solche Plattformen nutzen. «Zudem werden uns dadurch Möglichkeiten der Interaktion mit potenziellen Mitarbeitenden geboten, die wir bisher nicht hatten.»

Keine Änderungen im Zuge der Wirtschaftskrise

Nach wie vor gibt es auch Unternehmen, die auf traditionelle Methoden setzen und auch damit Erfolg haben. «Die aktuelle Wirtschaftslage hat keinen Einfluss auf den Internetauftritt. Wir sehen auch keine weiteren technischen Neuerungen vor», sagt Mark Glutz, Direktionsmitglied des Krankenversicherers Concordia in Luzern. Dennoch werde die Seite beachtet: Einzelne auf der Website ausgeschriebene Stellen würden bis zu 3500 Mal angeklickt.

Die aktuelle Konjunkturlage hat auch die HR-Verantwortlichen der Migrosbank nicht dazu bewogen, die Rekrutierungs-Site zu ändern oder neue Tools einzuführen. Was auf der Website der Migrosbank positiv auffällt: Unter der Rubrik offene Stellen erhalten Interessierte, noch bevor sie zur Stellenliste weiterklicken, eine schlichte schriftliche Übersicht mit Details zu den Anstellungsbedingungen. Eine einfache und wirkungsvolle Methode, die alle wichtigen Informationen enthält, für die sich der potenzielle Bewerber in einem ersten Schritt interessiert.

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Susanne Wagner ist freie Journalistin.

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