«Internes Employer Branding ist von unschätzbarem Wert»
Warum es auch intern genutzt werden sollte und was Personalverantwortliche dafür im Unternehmen tun, erzählen die HR-Leitenden von IWC Schaffhausen, Electrolux und der deutschen Stiftung Pfennigparade.
Employer Branding: Was Führungskräfte und das HR intern tun. (Bild: iStock)
Nicht nur das Finden, auch das Halten von Talenten ist für Unternehmen inzwischen eine grosse Herausforderung, weiss Chief People Officer (CPO) René Behr von IWC Schaffhausen. Dafür brauche es Kampagnen und Aktionen, welche Mitarbeitenden die Bedeutung ihres Beitrags am Unternehmenserfolg aufzeigen. Es erfordere aber auch, auf deren Bedürfnisse einzugehen. Etwa die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder ihre persönliche Entwicklung. Dabei ist Kontinuität gefragt: «Wir lassen unsere Bemühungen nicht abflauen, sobald eine Kandidatin oder ein Kandidat seinen Arbeitsvertrag unterschrieben hat», sagt Behr. Glaubhaftes Employer Branding funktioniere letztlich nur von innen nach aussen. «Der Eindruck der Bewerbenden aus der externen Kommunikation muss sich mit dem decken, was sie bei uns vorfinden. Alles andere wäre nicht authentisch.»
Ähnlich sehen es HR Director Claudia Schnydrig von Electrolux und Doris Neidel, Leiterin Zentralbereich Personalmarketing bei der Stiftung Pfennigparade, welche interne Beziehungen ebenfalls mit Employer Branding pflegen. Noch gehört dies nicht zum Standard: «Firmen tun viel, um Mitarbeitende zu gewinnen, aber wenig, um sie zu behalten», sagt Schnydrig. Auf dem Arbeitsmarkt gebe es jedoch viele Unternehmen, die mit attraktiven Konditionen auf sich aufmerksam machen und um Talente buhlen. «Unternehmen sollten eigene Mitarbeitende deshalb umso mehr an sich binden.» Tun sie es nicht, riskieren sie, neue Talente zu gewinnen, gleichzeitig aber erfahrene Fachkräfte und das damit verbundene Know-how zu verlieren. «Internes Employer Branding ist für uns deshalb von unschätzbarem Wert.»
Von Befragungen bis zu Markenbotschaftern
Doch was machen Unternehmen konkret? «IWC Schaffhausen arbeitet seit vielen Jahren an ihrer Arbeitsplatzkultur. Das zahlt sich jetzt aus», sagt der Verantwortliche bei IWC René Behr. Beispielsweise mit der Auszeichnung zum «Great Place to work» 2019 und der Re-Zertifizierung im Sommer 2021. «Dafür haben wir uns vertieft mit dem Feedback der Mitarbeitenden auseinandergesetzt sowie Verbesserungsmassnahmen identifiziert und umgesetzt.» Daraus hervorgegangen sind Erfolgsgeschichten von Mitarbeitenden am Hauptsitz und in den globalen Vertriebsgesellschaften, die auf diversen Print- und Onlinekanälen publiziert wurden. Ihr Inhalt? Sie zeigen vielfältige Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Entwicklung bei IWC. «Diese Geschichten inspirieren Lesende, ihre Karriere bei uns voranzutreiben, und bieten den Verfassenden die Möglichkeit, ihren Stolz und ihre Begeisterung für das Unternehmen intern zu teilen», sagt Behr. Hinzu komme, dass Mitarbeitende auch als externe Markenbotschafter agieren: «Sie unterstützen uns an verschiedenen Events im Hochschulmarketing, etwa an Karrieremessen. Ausserdem betreiben einige private Uhrenblogs und teilen Unternehmensinhalte auf ihren Instagram-Profilen.»
Electrolux-HR-Director Claudia Schnydrig nutzt das Employer Branding in einer frühen Phase des Mitarbeiterzyklus: «Um Neueintretenden den Einstieg zu erleichtern, vermitteln wir ihnen schon vor dem ersten Arbeitstag Informationen zum Unternehmen.» Zudem existiere ein umfangreiches Intranet für Mitarbeitende und Vorgesetzte. Beispielsweise um Zielvereinbarungen und -bewertungen zu erfassen, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten festzulegen oder die eigene Karriere zu planen. Des Weiteren seien eine Vielzahl von E-Trainings in unterschiedlichsten Fachbereichen im Electrolux-Intranet zu finden, die mit Vor-Ort-Trainings und im Selbststudium absolviert werden können. Abseits davon mache der Haushaltsgeräte-Konzern regelmässige Zufriedenheitsumfragen sowie anschliessende Teamworkshops. «Aus den daraus resultierenden Ergebnissen gründeten wir eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe, die sich der ‹Crossfunctional Collaboration› annimmt. Damit optimieren wir interne Prozesse zwischen den Abteilungen und verankern Learnings aus der Pandemie-Zeit in unserer Arbeit.» Auch bei der Stiftung Pfennigparade finden regelmässige Feedbackgespräche statt. «Diese enthalten auch Fragen zum gemeinsam Erleben der Arbeitgebermarke», erzählt die Leiterin Zentralbereich Personalmarketing Doris Neidel. «Beispielsweise was man im Team unter einzelnen Werten versteht und man noch besser machen könnte.» Ausserdem instruiert Neidel Führungskräfte sowie Interessierte zum Employer Brand und den dahinterstehenden Werten. «Zudem veranstalten wir Events mit unserem Employer Brand.»
Alle mit ins Boot holen
Gemäss IWC-CPO René Behr sollte HR die Linie von Anfang an einbeziehen und Employer-Branding- Kampagnen nicht «im stillen Kämmerlein» ausdenken. Freiwillige zu finden, die sich aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen einbringen, sei relativ einfach. «Die Herausforderung besteht eher darin, verschiedene Perspektiven zusammenzubringen und gemeinsam eine Kampagne zu entwickeln, die alle Mitarbeitergruppen anspricht, kurz und knackig und nicht überladen ist.» Auch Electrolux-HR-Director Claudia Schnydrig bevorzugt diese Vorgehensweise. Schnydrig predigt nicht nur, sie tut auch etwas. Etwa bei der Ausarbeitung der neuen Electrolux-Value-Proposition. «Die verschiedenen Ansichten und Erfahrungswerte der Mitarbeitenden führten zu angeregten Diskussionen. Es dauerte, bis wir die anfänglich stark voneinander abweichenden Meinungen auf einen gemeinsamen Nenner brachten. Doch: ohne Fleiss kein Preis.»
Angeregt über das interne Employer Branding diskutiert wird auch bei der Stiftung Pfennigparade. «Wir haben unsere Arbeitgebermarke intern besprochen und grosse Zustimmung gefunden. Im Führungskreis war es dagegen nicht ganz so einfach. Da gab es einige Vorbehalte. Einige Führungskräfte fühlten sich unter Druck gesetzt», erzählt Doris Neidel. Da sich der Unternehmensvorstand aber mutig hinter die von den Mitarbeitenden erarbeiteten Werte gestellt habe, sei das Signal zum Start erfolgt. «So ist aus einem Marketingprojekt auf Managementebene eine Organisationsentwicklung geworden. Wir stossen immer wieder auf neue Themen, die wir im Employer Branding bearbeiten.»
In Mitarbeitende und die Arbeitsplatzgestaltung investieren
Hätten sie mehr Ressourcen zur Verfügung, würden Schnydrig wie auch Neidel vor allem in die Arbeitsplatzgestaltung investieren. Gerade bei Non-Profit-Organisationen fliesse alles ins Personal und die Dienstleistungen, bestätigt Neidel. Zufrieden mit seinen Möglichkeiten ist indes Behr: «Wir können nicht klagen. Für die Personalentwicklung, Benefits und kleine Aufmerksamkeiten haben wir genügend Ressourcen.»
Kampagnen-Beispiel IWC Schaffhausen
IWC hat 2020 ihre Unternehmenswerte «I CARE» (Imaginative, Confident, Active, Responsible, Engineered) entwickelt und global ausgerollt. Für die weltweite Kommunikationskampagne arbeitete das Unternehmen mit einem Comic-Artisten zusammen, der die einzelnen Werte visualisierte und anschliessend für jeden Wert einen kurzen Comic-Strip gestaltete. Diese veröffentlichte IWC zusammen mit verschiedenen Videos, in denen die Mitglieder der Geschäftsleitung ihre persönliche Interpretation der einzelnen Werte teilten. Um diese in das Bewusstsein der Mitarbeitenden zu rücken, druckte das Unternehmen diese Werte beispielsweise auf Tassen in der Kantine. Da das Publizieren nicht ausreichte, führte IWC Workshops mit allen Führungskräften durch. Diese wiederum teilten und diskutierten die Werte mit ihren Teams. Um das Feedback zu diesen Diskussionen und die Interpretation der Werte durch die verschiedenen Teams an die Kampagnen-Initianten zurückzuspielen, gab es einen Video-Wettbewerb. Teams aus aller Welt erstellten Videos, die sie im Intranet veröffentlichten. Das Gewinnervideo stellte IWC auf Linkedin. Als Preise gab es wiederum gebrandete Geschenke sowie Teamapéros. Bilder dieser Veranstaltungen wurden zudem zusätzlich im Intranet veröffentlicht. So hielt IWC die Diskussion über die Unternehmenswerte und Arbeitsplatzkultur permanent am Laufen.