Recruiting

Internes Recruiting stärkt die Mitarbeitermotivation

Firmen, die signalisieren, dass sie bei Neu- oder Umbesetzungen trotz Jobabbau zuerst einmal das Potenzial der eigenen Mannschaft nützen, schaffen Vertrauen und steigern die Motivation. Voraussetzungen dafür sind Transparenz und das Einhalten von Zusagen für den Karriereschritt.

«Internes Recruiting ist ein Thema, das man nicht unterschätzen darf», sagt Hans Werner, Personalchef von Schindler Schweiz. «In einem Business, in dem wir langfristiges Vertrauen aufbauen und dann den Kunden zur Verfügung stellen, müssen unsere Leute über das entsprechende Know-how verfügen.»

Internes Recruiting muss 
langfristig aufgebaut werden

Diese Aussagen können alle Firmen unterschreiben, die ihre Management-Ressourcen systematisch planen. Je nach Unternehmen beinhaltet dies unterschiedliche Programme oder Prozesse, wie Laufbahnplanung, Aus- und Weiterbildung in teils firmeneigenen Akademien oder externen Schulungen. So werden bei Sonova in Stäfa die besten Talente und Performer im Rahmen einer gezielten Nachfolgeplanung auf Schlüsselfunktionen vorbereitet, erklärt Holger Schimanke von der Sonova-Medienstelle.

Der Weg zum professionellen internen Recruiting ist lang. «Man kann nicht plötzlich auf dieses umschwenken, weil es die wirtschaftliche Entwicklung gerade verlangt», betont Schindler-Personalchef Hans Werner, «man muss schon lange zuvor die richtigen Vorkehrungen treffen.»

Offene Positionen werden bei vielen Firmen grundsätzlich intern ausgeschrieben und über Intranet und Anschlagbretter und in Mitarbeitergesprächen kommuniziert. Zudem haben Mitarbeitende in Gesprächen mit dem Vorgesetzten die Möglichkeit, über eine bestehende Aufstiegschance zu sprechen. Dies ist das übliche Vorgehen bei Unternehmen wie ABB Schweiz, Manor, Basler Versicherung, SwissRe, Sonova, Zurich und Schindler.

Bei der Zurich ist internes Recruitment vor allem ein HR-strategisches Thema. Der Slogan lautet: «Change your job – not your employer.» Die einzelnen Schritte werden in Einzelgesprächen im Rahmen eines Entwicklungsplans kommuniziert. Dabei kann es sich um die lineare Fortsetzung einer bestehenden Aufgabe in eine höhere Funktion handeln oder um einen bereichs- oder funktionsübergreifenden Wechsel. Bei Abbaumassnahmen besteht die Möglichkeit, Mitarbeiter in anderen Unternehmensbereichen zu beschäftigen und mit Schulungsmassnahmen zu unterstützen. Gilt es jedoch eine ganz spezielle Position zu besetzen, wird immer der oder die Bessere auf dem Arbeitsmarkt den Zuschlag bekommen.

Schindler-Personalchef Hans Werner sagt offen, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation auch neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet. «Diese wollen wir uns nicht vergeben. Es ist im Moment wirklich interessant, Talente an Land zu ziehen, die vor zwei, drei Jahren noch nicht verfügbar gewesen wären.»

Interne Karriereschritte brauchen Geduld

Paul Zumstein, Leiter HR Development bei Manor, ist überzeugt, dass die positive Entwicklung seines Unternehmens, das bislang einen Personalabbau aus wirtschaftlichen Gründen vermeiden konnte, auch der konsequenten Förderung und Entwicklung der Mitarbeiter zu verdanken ist. Internes Recruiting hat bei Manor eine lange Tradition. Daher wird immer zuerst versucht, Kaderstellen intern zu besetzen. Dieses Vorgehen findet auf mehreren -Ebenen statt: Gespräche mit den direkten Vorgesetzten sowie dem zuständigen Personalleiter, verschiedene Prozesse des internen Talent Managements und Talent Nomination Board, HR-Corporate-Funktionen sowie das interne Trainee-Programm ATP – Academic Talent Program. Stark im Unternehmen verankert sind zudem auch interne Karrierekurse.

Obwohl derzeit die Karrieremöglichkeiten nach wie vor intakt sind, dauert der Weg dorthin etwas länger. Dazu Paul Zumstein: «Die aktuelle wirtschaftliche Lage führt teils dazu, dass die Fluktuation aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten etwas rückläufig ist. Junge dynamische Mitarbeiter brauchen heute etwas mehr Geduld, bis sie das im Rahmen von Förderprogrammen erworbene Wissen einsetzen können.»

Langjährige Erfahrung versus 
frische Impulse

Bei der Swiss Re hat internes Recruiting eine lange Tradition und immer Vorrang vor anderen Massnahmen. Doch wird die Position wenn immer möglich auch hier mit der am besten geeigneten Person besetzt. «Dies kann ein bewährter Mitarbeiter oder auch jemand Neues sein», erklärt Brigitte Meier von Swiss Re.

Die Nachteile von internen Rekrutierungen können aber sein: Wenn nur interne Mitarbeiter zwischen den Jobs rotieren, gibt es eventuell zu wenig frische Impulse und es besteht die Gefahr einer Monokultur. Bei Sonova wird daher auf eine ausgewogene Kombination von interner und externer Rekrutierung gesetzt.

Amos Winteler, Leiter Kommunikation der Basler Versicherungen, betont: «Letztlich sind es die Fach- und Sozialkompetenzen, die als Entscheidungskriterien relevant sind. Sofern sich intern ein optimaler Kandidat findet, wird er bevorzugt.» Dazu kommt, dass die Umbesetzung von Jobs als interne Weiterentwicklung und damit als wichtiges Instrument gilt, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Die Vorteile: Interne Mitarbeiter sind Kulturträger, haben langjährige Kenntnisse über die Organisation, kennen die Kundenbedürfnisse, sind sozial vernetzt, ihr Leistungsausweis ist bekannt und die Branchenkenntnisse bringen allen Beteiligten Vorteile.

Transparenz über die Prozesse ist erfolgskritisch

Für Martin Kleinmann, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Zürich, ist internes Recruiting ein zweischneidiges Schwert. Nach seiner Ansicht besteht das Problem vor allem bei der Auswahl, zum einen dann, wenn die Firma das Verfahren möglichst wenig transparent macht. In diesem Fall fragen sich einige Mitarbeiter, warum gerade diese Person befördert wurde. Macht das Unternehmen aber die Auswahl durch das Assessment Center transparent, könnte dies dazu führen, dass eine Person erfolgreich ist und fünf andere den Makel haben, das Assessment nicht bestanden zu haben.

Zu Verstimmungen in der Belegschaft kann es zum andern aber auch kommen, wenn man eine aussenstehende Person wählt. «Wenn man Mitarbeitern interne Weiterentwicklung im Hinblick auf eine Führungsposition verspricht, sie dann aber feststellen, dass diese Jobs fast immer von externen Leuten besetzt werden, gibt es fast immer ein Problem. Firmen sollten offen kommunizieren, dass sie sich diese Option offenhalten wollen – und das tun sie in der Regel nicht», konstatiert Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich. «Das kann dazu führen, dass die externe Person in ein ziemlich feindliches Umfeld hinein gerät – und der erhoffte Gewinn für das Unternehmen kann zu einer Belastung werden.»

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