Investition in psychische Gesundheit lohnt sich
Immer mehr Unternehmen investieren im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. Aus gutem Grund: Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Arbeitsausfälle und Erkrankungen aufgrund von Stress und psychischer Belastungen die Schweizer Wirtschaft jährlich Milliarden kosten.
Gerade beim verbreiteten Burn-out-Syndrom ist eine möglichst frühzeitige Interventionen sinnvoll. (Bild: 123RF)
Betriebliche Gesundheitsförderung kann auf zwei verschiedenen Ebenen ansetzen. Auf der Verhaltensebene wird der individuelle Umgang mit Arbeitsbelastungen angesprochen, analysiert und verbessert. Diese Ebene fokussiert dabei auf Faktoren wie Kommunikations- und Konfliktverhalten sowie Selbstmanagementtechniken. Auf der der zweiten Ebene, der Verhältnisebene, geht es darum, die betrieblichen Strukturen zu analysieren und so zu gestalten, dass darin ein gesundes Arbeiten möglich ist. Ein modernes und systematisches Gesundheitsmanagement integriert beide Aspekte.
Belastungen frühzeitig erkennen
Eine Massnahme zur Gesundheitsförderung auf der Verhaltensebene ist das Angebot einer unabhängigen psychologischen Beratung für Mitarbeitende eines Unternehmens. Dies ermöglicht es, auf individuelle Schwierigkeiten und Belastungen frühzeitig zu reagieren, die Leistungsfähigkeit und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden nachhaltig zu verbessern und Absenzen zu verringern.
Gerade beim verbreiteten Burn-out-Syndrom ist eine möglichst frühzeitige Interventionen sinnvoll. Burn-out ist keine Krankheit, sondern ein individueller, schleichender Prozess. Er wird oftmals ausgelöst durch vielschichtige Anforderungen des Umfeldes und der Arbeitgeberin vor dem Hintergrund hoher Erwartungen an sich selbst, eines sehr hohen Leistungsstrebens und eines ausgeprägten Pflichtbewusstseins. Aufgrund der inneren und äusseren Anforderungen kann der Stress chronisch und dauerhaft werden, wodurch der Prozess weiter begünstigt wird.
Als Reaktion auf erste Ermüdungszeichen werden oftmals vermehrt Kaffee-, Nikotin und/oder Medikamente konsumiert, zunehmend eigene Bedürfnisse vernachlässigt (Sport, Freizeit, Beziehungen etc.) und die dadurch «gewonnene» Zeit in einen verstärkten Arbeitseinsatz und Überstunden umgewandelt. Dies ist der Beginn eines Teufelskreises, denn durch die Ermüdungserscheinungen leiden sowohl die Qualität als auch die Effizienz der Arbeitsleistungen. Erste Anzeichen werden oftmals durch Aussenstehende bemerkt, wodurch der Druck auf die Betroffenen weiter steigt. Schlafstörungen, Unkonzentriertheit und Erschöpfung sind die Folge, zudem steigt die Gefahr, einen psychischen oder physischen Zusammenbruch zu erleiden oder beispielsweise an einer depressiven Störung zu erkranken.
Unterstützung für Betroffene
Die Unterstützung durch eine psychologische Beratungsstelle ist in mehrerer Hinsicht möglich. Zum einen kann der betroffene Mitarbeitende direkt Unterstützung durch eine Fachperson in Anspruch nehmen. Voraussetzung dafür ist, dass das Angebot unabhängig und vertraulich ist. Zum anderen können sich auch Vorgesetzte Rat im Umgang mit den Mitarbeitenden holen. In diesem Fall wäre ein direktes Ansprechen erster Fehlentwicklungen wichtig, was einen offenen Umgang mit dem Thema Stress und seine Enttabuisierung bedingt. Im Rahmen eines solchen Führungsgesprächs könnten Vorgesetzte auf das bestehende Angebot verweisen. Wenn in der Mitarbeitendenberatung deutlich wird, dass Konflikte am Arbeitsplatz mit Vorgesetzten oder Kollegen bearbeitet und geklärt werden müssen, kann das Human Resources Management (HRM) miteinbezogen werden. Zum Beispiel sind gemeinsame Gespräche in unterschiedlichen Besetzungen (Mitarbeitender, Beratungsperson, HRM, Vorgesetzte) sinnvoll. Immer unter der Voraussetzung, dass dies von den Mitarbeitenden gewünscht wird.
Damit das Vorgehen in solchen Situationen für alle Beteiligten klar ist, müssen bereits vor der Einführung eines Beratungsangebots Vereinbarungen zur Vertraulichkeit und konkrete Regelungen, zum Beispiel beim Einberufen gemeinsamer Gespräche zwischen der Organisation und der Beratungsstelle, definiert werden. Sie werden den Mitarbeitenden zu Beginn transparent dargelegt. So lassen sich unklare Erwartungshaltungen und konflikthafte Entwicklungen von Anfang an vermeiden.
Evaluation des Beratungsbedarfs
Über Einzelfälle hinweg empfiehlt sich in Unternehmen auch in regelmässigen, beispielweise jährlichen Abständen die Evaluation konsolidierter anonymisierter Daten. Dadurch können Unternehmen erkennen, in welchen Themenbereichen ihre Mitarbeitenden Beratungen wahrnehmen. Kategorien einer anonymisierten Rückmeldung müssen dabei vorweg gemeinsam festgelegt werden. Sie sollen Auskunft über die Art der Belastungen geben, die zu Beratungsbedarf führen wie etwa Arbeitsüberlastung, Zusammenarbeit im Team, Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten, persönliche Themen (Finanzen, familiäre Situation). Immer mehr Firmen bieten für ihre Mitarbeitenden entsprechende Beratungsangebote an. Sie haben die Wichtigkeit der psychologischen Gesundheit der Mitarbeitenden respektive der betrieblichen Gesundheitsförderung erkannt. Die Investition lohnt sich: Pro investierten Franken können Unternehmen zwischen 4 bis 9 Franken einsparen (Margraf, 2008).