Job-Titel: Mehr als nur Schall und Rauch?
Haben Mitarbeitende die Möglichkeit, ihre Job-Titel selber zu wählen, sind sie emotional weniger erschöpft. Das ergab eine neue Studie aus England.
Die Rubrik «Fokus Forschung» präsentiert HR-relevante Forschungsergebnisse aus wissenschaftlichen Fachmagazinen. (Illustration Fokus Forschung: 123RF)
«Und – was machen Sie beruflich?» Dass diese Frage oft eine der ersten ist, die bei einer Begegnung gestellt wird, zeigt, wie wichtig die Arbeit an sich und Job-Titel im Speziellen für die eigene Identität sind. Unternehmen nutzen Job-Titel, um den Verantwortungsbereich von Mitarbeitern kurz und knapp zu beschreiben und um zwischen ihnen zu differenzieren. Dabei lassen Job-Titel Rückschlüsse auf die Kompetenzen, den Status sowie den individuellen Beitrag eines Mitarbeiters für das Unternehmen zu und sind häufig an Belohnungs- und Beurteilungssysteme gekoppelt.
Aufgrund ihrer identitätsstiftenden Wirkung können Job-Titel jedoch auch eine Ursache für Frustration und Stress sein, wenn sie zum Beispiel sozial stigmatisierte Elemente der Arbeit betonen oder die Kompetenzen der Jobinhaber nicht (mehr) reflektieren. Eine Möglichkeit, eine aus Mitarbeitersicht passende Job-Bezeichnung zu finden, ist, die Stelleninhaber selbst einen Titel finden zu lassen. Doch welchen Einfluss haben selbst gewählte Job-Titel auf ihre Titelträger?
Dieser Frage sind Adam Grant und Justin Berg, Wissenschaftler der Wharton School, sowie Dan Cable von der London Business School nachgegangen. In ihrer zweistufigen Untersuchung haben sie zunächst mittels einer qualitativen Studie Hypothesen generiert und diese anschliessend mittels einer quantitativen Studie, einem Quasi-Experiment, getestet. Im Rahmen des Experiments nahmen 76 Krankenhausmitarbeiter an zwei Online-Befragungen teil, die fünf Wochen auseinanderlagen. Nach der ersten Befragung sollte sich eine Gruppe von Befragten zusätzlich zu ihren bisherigen Job-Titeln selbst gewählte zuweisen und diese nach eigenem Ermessen intern und extern nutzen.
Es zeigte sich, dass nur die Mitarbeiter mit den selbst-reflektierten Job-Titeln in der zweiten Befragung weniger emotional erschöpft und gestresst waren als zuvor. Die positive Wirkung entfaltete sich über zwei Mechanismen: Selbstbestätigung, da Titel und Persönlichkeit besser zusammenpassten, und psychologische Sicherheit infolge des veränderten und als freier wahrgenommenen Klimas innerhalb des Unternehmens.
Für Unternehmen bedeutet das: Selbst-reflektierte Job-Titel sind ein einfaches Mittel, um die Persönlichkeit und den Wert der Mitarbeitenden besser zum Ausdruck zu bringen. Zudem reduzieren sie den emotionalen Stress. Dies wirkt sich positiv auf den Unternehmenserfolg aus: Weniger emotionale Erschöpfung führt zu weniger krankheitsbedingten Absenzen, niedrigerer Kündigungsabsicht und besserer Leistung.
- Quelle: Adam M. Grant, Justin M. Berg and Dan M. Cable (2014). Job Titles as Identity Badges: How Self-Reflective Titles Can Reduce Emotional Exhaustion. Academy of Management Journal, 57 (4), 1201–1225.