Positiv ist, dass die vom Bundesrat festgelegten Höchstzahlen von den Kantonen selbst aufgeteilt werden. Diese würden von einer Zuwanderungskommission lediglich überprüft.
Ein effektives System: Die Kantone können ihren aktuellen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften melden. Auf eine Verteilung der Kontingente nach Branchen oder Wertschöpfung wurde verzichtet. Der Vernehmlassungsentwurf sieht weiter vor, das duale Bewilligungssystem beizubehalten: Die Kontingentszahlen für die EU/EFTA und die Drittstaaten werden separat festgelegt. Die Zuwanderung von EU/EFTA-Angehörige wird weiterhin bevorzugt zugelassen: keine Prüfung der beruflichen Qualifikationen bei der Zulassung und Vorrang bei der Rekrutierung gegenüber Angehörigen von Drittstaaten (siehe Kasten).
Übersicht der Bewilligungen mit Kontingenten
Gemäss Gesetzesentwurf vom 11.02.15 sieht der Bundesrat für folgende ausländerrechtliche Bewilligungen Kontingente vor (Art. 17a Abs. 2 AuG):
- Kurzaufenthaltsbewilligungen für mehr als vier Monate zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (L);
- Aufenthaltsbewilligungen (B);
- Niederlassungsbewilligungen (C);
- Grenzgängerbewilligungen für mehr als vier Monate (G);
- Die Höchstzahlen gelten zudem für die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme (Art. 83) für mehr als ein Jahr und die Gewährung vorübergehenden Schutzes (Art. 66 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998; AsylG) für mehr als ein Jahr.
Keine Kontingente braucht es für:
- die Verlängerung einer Bewilligung mit Ausnahme der Verlängerung der Kurzaufenthaltsbewilligung für einen Aufenthalt über vier Monate bei erwerbstätigen Personen und über ein Jahr bei nicht erwerbstätigen Personen;
- die Umwandlung einer Aufenthaltsbewilligung in eine Niederlassungsbewilligung;
- die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an vorläufig aufgenommene Personen.
Keine administrativen Hürden
Die Temporärbranche nimmt eine wichtige Pufferfunktion wahr. Sie hilft der Wirtschaft, saisonale oder konjunkturelle Schwankungen abzufangen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Dafür brauchen die Personaldienstleister kurze und einfache Rekrutierungsprozesse: Im Durchschnitt steht ein temporärer Mitarbeiter 48 Stunden nach Anfrage im Einsatz. swissstaffing hat deshalb in seiner Stellungnahme zum AuG gefordert, Aufenthalte bis 12 Monate zwecks Erwerbstätigkeit – einschliesslich der Grenzgänger – keiner Höchstzahl zu unterstellen und nicht zu kontingentieren. Eine Kontingentierung ab vier Monaten ist zu restriktiv und schöpft den juristischen Handlungsspielraum nicht aus.
Insbesondere der Inländervorrang hat das Potenzial zum Bürokratiemonster. Bereits heute kann ein Bewilligungsverfahren für einen Drittstaatsangehörigen bis zu zwei Monate dauern und mehrere hundert Franken kosten. Für Bewilligungen von EU-/EFTA-Staatsangehörigen ist dies zu verhindern. Gerade KMU haben in aller Regel nicht die Möglichkeit und die Mittel, spezialisierte Personen für die Erlangung von Ausländerbewilligungen einzustellen. swissstaffing fordert deshalb, dass der Inländervorrang bei EU/EFTA-Angehörigen nur bei der Festlegung der Höchstzahlen und Kontingente (summarisch) und nicht im Einzelfall berücksichtigt werden soll. Bei Nachweis einer zeitlichen Dringlichkeit sollten die Bewilligungsverfahren innert 48 Stunden beschleunigt abgewickelt werden können.
Der Bund sieht eine Prüfung der orts-, berufs- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen im Bewilligungsverfahren vor. swissstaffing fordert: Eine Ausnahme sollten Branchen mit einem allgemein-verbindlich erklärten GAV sein. Die Prüfung der Lohn- und Arbeitsbedingungen erfolgt bereits nachträglich durch die paritätischen Kontrollorgane. Ein System, das sich bewährt. swissstaffing verlangt, dass neben den vorgesehenen Migrations- und Arbeitsmarktbehörden des Bundes und der Kantone auch Vertreter der Arbeitgeber als vollwertige Mitglieder in der Zuwanderungskommission vertreten sind.
Ausblick
Die EU hat in den letzten Monaten deutlich gemacht: Permanente Kontingente und ein Inländervorrang würden nicht akzeptiert. Ein Scheitern der Verhandlungen mit der EU würde die Schweiz in eine Sackgasse manövrieren. Es bestünde ein Widerspruch zum Verfassungsauftrag. Gute Verhandlungsaussichten verspricht dagegen die Einführung einer Schutzklausel, die sich auch in der EU schon bewährt hat. Um die bilateralen Verträge zu retten, scheint dies zurzeit der aussichtsreichste Weg. swissstaffing macht sich deshalb für eine Schutzklausel(1) stark.
- (1) Ein Mechanismus zur In- bzw. Ausserkraftsetzung des Kontingentierungssystems, falls eine definierte Zuwanderungsgrenze über- bzw. unterschritten wird.