Personalabbau

Kündigung aussprechen oder Aufhebungsvertrag anbieten?

Aktuell stehen etliche Betriebe vor der Notwendigkeit, sich von Mitarbeitenden zu trennen, sei es aus Kostengründen oder weil sie sich strategisch neu ausrichten. Eine Alternative zum Kündigen ist oft das Abschliessen von Aufhebungsverträgen. Was ist hier zu beachten?

Betriebsbedingte Kündigungen aussprechen – diesen Schritt scheuen gerade Inhaber und Geschäftsführerinnen mittelständischer Unternehmen sehr. Denn wenn ein Unternehmen einen Personalabbau ankündigt, sinkt automatisch die Arbeitsmotivation und somit Leistung der Mitarbeitenden. Und diesen Verlust an Produktivität können sich KMU meist über einen längeren Zeitraum nicht leisten.

Kündigungen bergen Risiken und Nachteile

Folgende Nachteile und Risiken gehen mit dem Aussprechen von Kündigungen einher:

  • Ist ein KLMU aufgrund der Grösse zu einer Sozialauswahl verpflichtet, beruht die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeitenden auf der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter sowie eventuellen Unterhaltspflichten und Schwerbehinderungen. Unternehmens- oder leistungsorientierte Kriterien werden nicht berücksichtigt. Das Unternehmen kann also nicht frei entscheiden, wen es (nicht) entlässt.
  • Kündigungen bringen oft auch Auseinandersetzungen mit der gegebenfalls vorhandenen Arbeitnehmervertretung mit sich.
  • Mit jeder Kündigung geht das Risiko einher, dass Arbeitnehmende hiergegen klagen. Die Dauer von Arbeitsgerichtsprozessen ist meist unkalkulierbar und ihr Ausgang ungewiss. Ausserdem kehrt, solange die Prozesse andauern, meist keine Ruhe im Betrieb ein.
  • Mit den Kündigungen ist die Gefahr verbunden, dass das Unternehmen gerade die Mitarbeitenden verliert, die zum Beispiel eine überdurchschnittliche Leistung zeigen undüber Fähigkeiten verfügen, die der Betrieb künftig braucht.

Sozialauswahl und Kündigungsfrist «umschiffen»

All diese Probleme können Unternehmen umschiffen, wenn es ihnen gelingt, mit ausreichend vielen Mitarbeitenden Aufhebungsverträge abzuschliessen. Denn ein freiwilliges Ausscheiden können Arbeitgebende jedem Mitarbeitenden offerieren – unabhängig von dessen formaler Qualifikation und Familienstand. Zudem muss bei Aufhebungsverträgen die Arbeitnehmervertretung nicht angehört werden und es müssen auch keine Kündigungsfristen beachtet werden – selbst wenn diese zum Beispiel aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit sechs Monate und mehr betragen.

In einem Aufhebungsvertrag sollten folgende Punkte geregelt sein:

  • Austrittsdatum: Es macht Sinn, dass das Datum des Ausscheidens weiter in der Zukunft liegt als das Datum, zu dem betriebsbedingte Kündigungen geplant sind. Bei einer Aufhebung sieht das Gesetz grundsätzlich eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld vor. Auf eine Sperrzeit kann verzichtet werden, wenn ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mittels Aufhebung vorlag. Ein wichtiger Grund kann zum Beispiel sein, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin durch den Aufhebungsvertrag eine Kündigung abwenden wollte. Hier ist zudem erforderlich, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ernsthaft angekündigt hat, durch den Aufhebungsvertrag Nachteile der Kündigung abgewendet werden sollen und der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag nicht früher arbeitslos wird, als dies bei einer Kündigung der Fall gewesen wäre.
  • Höhe der Abfindung: Die Abfindung muss «attraktiv» sein. Üblich sind 0,5 bis 1,0 Monatsgehälter pro Jahr Firmenzugehörigkeit. Bei grösseren Konzernen und schwierigen Trennungen werden auch schon mal bis zu 1,8 Monatsgehälter pro Jahr Firmenzugehörigkeit gezahlt.
  • Freistellung: Oft wird der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bis zum Tag seines oder ihres offiziellen Ausscheidens freigestellt. Der Vorteil für sie: Mitarbeitende können ihre gesamte Energie darauf verwenden, eine neue Stelle zu suchen. Der Vorteil für den Betrieb: Ausscheidende Mitarbeitende können den Betriebsfrieden nicht mehr stören.

 

Hilfe und Beratung für die Ausscheidenden

Vor dem Formulieren des Aufhebungsvertrags sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmende zudem darüber verständigen:

  • Was steht im Arbeitszeugnis?
  • Welche Unterstützung bietet der bisherige Arbeitgeber bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz – zum Beispiel in Form einer Out- oder New Placement-Beratung.

Das Einschalten von Karriere- sowie New Placement-Beratung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Mitarbeitenden, die das Unternehmen verlassen sollen, sich schon lange nicht mehr beworben haben. Entsprechend zögerlich sind sie mit der Annahme eines Aufhebungsvertrags. Zudem signalisiert das Management hiermit: Wir tragen Sorge für unsere Mitarbeitenden – selbst wenn wir uns von ihnen trennen müssen. Das erhält die Leistungsbereitschaft der verbleibenden Belegschaft.

Erwägt ein Unternehmen, Personal mittels Aufhebungsverträgen abzubauen, sollte es zunächst sein Vorhaben mit dem Rechtsdienst besprechen. Ist es arbeitsrechtlich gesehen koscher, kann das Vorgehen konkretisiert werden. Danach können die Mitarbeitenden informiert werden.

«Sprinter-Prämie» kann Trennung beschleunigen

Häufig lehnen Mitarbeitende, denen ein freiwilliges Ausscheiden offeriert wird, das Abschliessen eines Aufhebungsvertrags zunächst ab. Zum einen, weil sie ihre mittel- und langfristigen (Verbleib-)Chancen im Unternehmen überschätzen. Zum anderen, weil sie unsicher sind und sich fragen: Was wird dann aus mir?

In dieser Situation hilft die Out- beziehungsweise New Placement-Beratung weiter, die zum Beispiel in Einzelgesprächen mit den betreffenden Mitarbeitenden herausarbeiten,

  • was die Vor- und Nachteile eines freiwilligen Ausscheidens sind und
  • welche beruflichen Alternativen die betreffende Person hat.

Im Rahmen von systematischen Abbauprogrammen kann auch eine «Sprinter-Prämie» zum Einsatz kommen, um die Annahme von Aufhebungsverträgen zu unterstützen. Das heisst: Wer sich rasch entscheidet, erhält eine höhere Abfindung.

Das Vorgehen folgte dann folgendem Ablauf:

  1. Erläuterung der betrieblichen Ausgangslage und der Notwendigkeit von betriebsbedingten Trennungen
  2. Konzeptionelle Vorbereitung des Vorgehens, der zugehörigen Vertragsentwürfe und des Freiwilligenprogramms
  3. Vorbereitung der Sozialauswahl und Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung
  4. Ankündigung und Ausführung des Freiwilligenprogramms mit dem Abschluss möglichst vieler Aufhebungsverträge
  5. Durchführung betriebsbedingter Trennungen Im Rahmen des Freiwilligenprogramms werden dann die entsprechenden «Sprinter-Prämien» angeboten.
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Thomas Fischer ist Senior Consultant bei der Unternehmensberatung Kraus und Partner, Bruchsal. Er ist unter anderem auf die Themenfelder Turnaround, Transformation und Change Management spezialisiert.
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